Power aus Österreich: DJ-Ötzi und die "Trenkwalder" sorgen in Pohlheim für unvergessliche Momente
So einen "Tanz in den Mai" hat man auf dem Pohlheimer Wiesnfest auch noch nicht erlebt: Von puren Emotionen, Gänsehaut-Momenten, Party-Stimmung bis Rockkonzert-Feeling war alles dabei. Besucher, Künstler und Organisatoren finden am Ende nur ein Wort dafür: "Wahnsinn!"
Von Ines Jachmann
DJ Ötzi bringt gemeinsam mit Markus Pfeffer das Zelt zum Kochen. Foto: Wißner
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POHLHEIM - So einen "Tanz in den Mai" hat man auf dem Pohlheimer Wiesnfest auch noch nicht erlebt: Von puren Emotionen, Gänsehaut-Momenten, Party-Stimmung bis Rockkonzert-Feeling war alles dabei. Besucher, Künstler und Organisatoren finden am Ende nur ein Wort dafür: "Wahnsinn!".
Bereits ein Jahr zuvor begeisterte die Kölner Kultband die "Höhner" mit ihrem spektakulären Auftritt das Publikum beim Tanz in den Mai. Das zu toppen, schien fast unmöglich. Doch die Organisatoren bewiesen auch in diesem Jahr ein glückliches Händchen bei der Künstlerauswahl und importierten zwei Großkaliber aus Österreich auf die Pohlheimer Bühne: die "Trenkwalder" und DJ Ötzi. Die Mischung aus Volksmusik, Pop, Rock und Dancefloor war es wohl auch, die am Ende die Wiesnfestbesucher in den Bann zog und für viele den Abend zu etwas ganz Besonderem machte.
Insbesondere für einen jungen Mann im Rollstuhl. Scheinbar aus dem Nichts tauchte er plötzlich aus der Masse auf. Wie ein Stern, der abgehoben ist, "... hoch am Himmelszelt". Es brauchte nur Sekunden, bis DJ Ötzi ihn entdeckte und kurz entschlossen zu sich auf die Bühne holte. In zwei Metern Höhe hoben die Zuschauer den Rollstuhlfahrer über ihre Köpfe hinweg in Richtung erste Reihe, wo er von Sicherheitsleuten empfangen und zum Künstler gebracht wurde. Mit dieser Geste eroberte DJ Ötzi nicht nur das Herz des jungen Mannes, sondern auch die Sympathie der etwa 4000 Festzeltbesucher. Eine von vielen emotionalen Szenen dieses Abends. So wurde etwa eine halbe Stunde zuvor daran erinnert, dass seit acht Jahren die Veranstaltung "Tanz in den Mai" zugunsten der "Tour der Hoffnung" stattfindet. Der bekannte deutsche Fernsehmoderator Johannes B. Kerner war eigens dafür aus Hamburg angereist. Gemeinsam mit Wiesnchef Carsten Prill, Bürgermeister Udo Schöffmann, Landrätin Anita Schneider, Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich, Sportreporter Werner Damm, dem Geschäftsführer der Licher Brauerei, Holger Pfeiffer, dem sportlichen Leiter der "Tour der Hoffnung", Karsten Koch, und Gerhard Becker dankte Kerner allen Festbesuchern. In 35 Jahren "Tour der Hoffnung" wurden bundesweit über 36 Millionen Euro zugunsten krebskranker Kinder erradelt. Ein beachtliches Ergebnis.
Woran Gerhard Becker, Vorsitzender des Gießener Automotoradclubs, mit Sicherheit einen großen Anteil hat. Seit 1989 ist der Heuchelheimer bei der Tour dabei. Gerhard Becker sitzt allerdings nicht auf dem Rad und tritt schwitzend in die Pedale. Das überlässt der inzwischen 72-Jährige den Profis. Während der fünftägigen Tour agiert Becker lieber aus dem Auto heraus und führt das Radlerfeld an. Darüber hinaus schafft er die notwendigen Kontakte, wählt als Organisationsleiter die Strecke aus, sucht Unterkünfte für die Fahrer und Helfer, und kümmert sich um sämtliche Genehmigungsverfahren, die solch eine Veranstaltung mit sich bringt. "200 Radler, 40 Helfer, 15 Polizeibeamte, drei Busse, zwei Lkw und zehn Autos - das ist die Tour der Hoffnung", erzählt Becker.
Das erfordert viel Logistik. Alles ist bis auf die Minute getaktet. Auch um die Kleidung kümmert sich Becker. Radhose, Trikot, Helmüberzug, Handschuhe - alles einheitlich versteht sich. In Zahlen sind das jährlich: 2000 T-Shirts, 450 Trikots, 200 Hosen und 300 Handschuhe. Becker verfügt über einen großen Fundus an Kontakten zu Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Promis. Ihm ist es zu verdanken, dass Johannes B. Kerner oder auch Boxlegende Henry Maske ab und an einen Zwischenstopp in Pohlheim einlegen. Auf die Frage, wie er das anstelle, antwortet Becker ganz lapidar: "Ich rufe sie an und frage."
764 Kontakte sind auf seinem Handy gespeichert - sein "Netzwerk". Dank der Technik kann er viel von zu Hause regeln.
Ein Sprichwort sagt: "Wenn man Fische fangen will, muss man das Netz nehmen. Nie die Schnur." Becker nimmt das Netz und setzt dazu gekonnt seine strategischen und logistischen Fähigkeiten ein. "An 360 Tagen wird gesät, und in einer Woche die Ernte eingefahren." Dank Becker, Karsten Koch, Dr. Mathias Rinn sowie unzähligen Helfern, Spendern und Sponsoren konnte 2018 eine "Ernte" von 2,35 Millionen Euro eingefahren werden, mit denen wieder Kliniken, Forschungsprojekte oder soziale Einrichtungen unterstützt werden konnten. Ein Teil davon kommt aus der Veranstaltung des Licher Wiesnfestes - die ernste Seite des lauten Partyspaßes.
Am Ende des Abends zeigten sich alle begeistert: Die "Trenkwalder", die über zwei Stunden die Festzeltbesucher zum Mitsingen, Tanzen und Schunkeln brachten und "Cordula Grün" mehr als einmal aufleben ließen, der Wiesnchef Carsten Prill, der mit seinem Team dafür sorgte, dass es den Besuchern an nichts fehlte, und DJ Ötzi, der am Ende das Festzelt abdunkeln ließ, um dann tausende von Sternen zum Leuchten zu bringen.
Der Sänger war sichtlich beeindruckt von den Pohlheimern. Zweimal stand er schon auf der Festzeltbühne. Das letzte Mal 2010. "Das hat sich aber richtig verbessert", so der 48-Jährige. "Das Publikum ist wahnsinnig gut drauf. Und die Hessen können feiern, alle Achtung. Aber du musst ihnen auch Qualität liefern. Und ich denke, das ist mir heute gelungen." Die ständigen Forderungen nach Zugabe geben ihm recht. Das Fazit vieler Besucher: "Super geiler Abend". Und DJ Ötzi signalisiert, auch 2020 gern wieder mit dabei zu sein.