Der Laubacher Gnadenhof "Felloase" kämpft um's Überleben. Wendet sich das Blatt nicht, droht mehr als 70 Tieren die Schlachtung. Nach einem Spendenaufruf hat sich viel getan....
LAUBACH. Neugierig laufen die beiden Kamerunschafe auf die Besucher zu. Sind sie dann in Reichweite zum Streicheln, nehmen sie plötzlich wieder Reißaus. Da muss auch Bernd Seibert, Begründer des Gnadenhofs "Felloase" in Laubach, einmal lachen. "Ja, unsere beiden hier sind immer neugierig und dann ganz plötzlich weg. Richtige Dickköpfe eben", erzählt der 57-Jährige schmunzelnd. Momentan ist für Seibert und seine Frau Dunja Marcinkowski die Situation jedoch alles andere als positiv. "Wir haben Corona-bedingte Mietschulden und haben auch schon erfolglos versucht, eine Härtefallregelung geltend zu machen. So langsam gehen uns die Möglichkeiten und Ideen aus", berichten beide mit Tränen in den Augen.
Strom und Wasser wurde den beiden und den rund 70 Tieren abgestellt, getränkt werden die Fellnasen momentan per Hand. Zusätzlich machte die Krankheit Marcinkowskis den beiden Betreibern einen großen Strich durch die Rechnung. Unterstützen kann sie ihren Mann nur noch an Tagen, an denen sie sich fit genug fühlt. Dennoch halten beide am Gnadenhof eisern fest. "Der Gnadenhof war unser Traum. Wir haben hier unsere finanziellen Mittel reingesteckt. Die Tiere gehen vor!", betont Marcinkowski.
Die Situation ist kein Dauerzustand, das wissen auch die Betreiber - entweder schaffen sie es, die Krise zu meistern oder sie müssen die rund 70 Tiere dem Schlachter überlassen. "Wir könnten kein einziges Tier in den Transporter führen. Das würde uns mental fertigmachen", erzählen beide.
Vielfalt auf dem Hof
Mehr als 70 Hunde, Pferde, Schafe, Ziegen, Kälber, Esel und Kaninchen haben in der "Felloase" ein neues Zuhause gefunden. Vor zwei Jahren hatten die beiden Betreiber, die selbst absolute Tiernarren sind, mit dem Projekt angefangen.
"Begonnen hat alles mit drei Ziegen, heute sind es inzwischen fast 70 Tiere, die wir hier versorgen", berichtet Siebert beim Rundgang stolz. Überall blökt oder wiehert es, manchmal ertönt in der Ferne das Bellen der Hunde, und, das Schnattern von Laufenten. Von alten Tieren, die ihren Lebensabend in Ruhe genießen bis zu kleinen Zicklein, die mit der Flasche gefüttert werden mussten, alle animalischen Altersklassen sind auf dem Gnadenhof vertreten. Die einzelnen Tiere sind voneinander getrennt, haben jedoch alle ein großes Gehege, wo sie ihren Lebensabend verbringen dürfen. Helfende Hände sind in der "Felloase" immer gerne gesehen und auch dringend nötig, betont Seibert. "Angefangen hat alles mit zwei Schulpraktikantinnen, die durch Corona ihren Platz verloren haben. Die haben bei uns nachgefragt und sind jetzt fester Bestandteil unseres Teams".
Begeistert von ihren Erfahrungen während des Praktikums haben beide begonnen, ihre Freunde anzuwerben. Das Resultat: Zwischen acht und zehn Jugendliche im Alter von 13 bis 21 Jahren unterstützen den Hof regelmäßig, auch die Eltern sind intensiv involviert. "Es hat sich eine einzigartige Gruppe gebildet. Alle identifizieren sich damit und für viele ist das wie ein zweites Zuhause", so Marcinkowski. Die Tiere, so die beiden Mittfünfziger, seien, eben der Lebensmittelpunkt der beiden. "Wenn jemand kein Tier hat oder keine Tiere mag, kann er diese Bindung nicht nachvollziehen", bekräftigt Seibert.
Förderverein gegründet
Nach dem ersten Spendenaufruf der vergangenen Woche hat sich auf dem Gnadenhof einiges getan. "Wir haben einen Förderverein gegründet und die Eintragung als Verein beantragt", berichtet Seibert stolz. Täglich kommen neue Spenden bei den beiden Betroffenen an, viele kommen auch persönlich, um neben Geld und Futter den beiden Betreibern auch aufbauende Worte zu spenden. "Es geht alles seinen Gang. Da sind wir froh drüber", so Seibert und Marcinkowski. Die Bereitschaft zur Unterstützung ist sehr groß. Tierschutzorganisationen haben mit den Betreibern Kontakt aufgenommen, ebenso wie der Tierschutzverein Laubach. Der Rotaract Club Gießen hat Hilfe beim Aufbau einer Homepage angeboten, von Privatleuten kommt handwerkliche Unterstützung, um beispielsweise die marode Brücke über den Bach instand zu setzen. "Wir waren zwei Jahre lang Einzelkämpfer, jetzt unterstützen uns so viele. Es tut sich mächtig was und das tut einem selbst sehr gut", berichtet Seibert mit Tränen in den Augen. Bedarf an engagierten Unterstützern ist immer da, betonen die Betreiber. Künftig ist es auch möglich, für die Tiere Patenschaften zu übernehmen und so seine eigene Bindung zu ihnen aufzubauen. Seibert und Marcinkowski stellen sich mit aller Macht gegen die Widrigkeiten, die ihnen Corona gemacht hat. Für sie ist eines absolut klar und unumstößlich: "Aufgeben ist keine Option".
Spenden kann man per Überweisung und per PayPal. IBAN: DE70 513 900 000 159 554 309 BIC: VNMHDE5F oder per PayPal hundezentrum.laubach@gmail.com.