Hiesige Ämter kamen nach einem Ortstermin zu dem Urteil, dass der Gnadenhof Felloase nicht genehmigungsfähig sei. Daher droht nun doch das Ende dieser Einrichtung in Laubach.
LAUBACH. Vor wenigen Wochen stand der Gnadenhof "Felloase" noch vor dem Aus. Wegen Mietschulden drohte ihm damals die Zwangsräumung. Corona hatte Marcinkowski und ihrem Mann Bernd Seibert einen Strich durch ihre Pläne gemacht. Statt einer Hundepension wollten sie sich dort um Tiere kümmern, die keiner mehr haben will. Die Idee des Gnadenhofs war geboren. Für die Finanzierung wurde der Förderverein Gnadenhof Felloase gegründet. Nach einem Spendenaufruf und einer überwältigenden Resonanz (der Anzeiger berichtete) schien es, als ob die gröbsten Probleme ausgeräumt seien.
Jetzt kam es anders: Mitte Juli wurde ein Ortstermin von hiesigen Ämtern durchgeführt. Das Bauamt Laubach, das Veterinäramt, die Untere Naturschutzbehörde sowie die Obere und Untere Wasserbehörde kamen zu dem Urteil, dass der Gnadenhof nicht genehmigungsfähig sei. Daher droht nun doch das Ende dieser Einrichtung in Laubach. Auf dem Gelände, das dem Grafen Karl Georg zu Solms-Laubach gehört, war vormals lediglich ein kleiner Streichelzoo genehmigt worden.
"Wir müssen umplanen"
Auf Nachfrage teilte die Pressestelle des Landkreises Gießen nun mit, dass im März 2009 eine Genehmigung für einen Streichelzoo im ehemaligen "Grünen Meer" erteilt wurde. "Der genehmigte Tierbesatz auf der Streichelzoo-Fläche von 1155 Quadratmetern waren sechs bis zehn Kaninchen, drei Schafe, drei Ziegen, zwei Zwergesel und zwei Alpakas", so die Stellungnahme des Landkreises. Zudem wurden baurechtlich eine Stallung sowie ein Wildunterstand genehmigt. Diese Genehmigung, die 2010 für den Naturerlebnispark erteilt wurde, konnte jedoch auf spätere oder andere Halter nicht übertragen werden. Doch diese Information wurde den beiden Pächtern Seibert und Marcinkowski bei der Übernahme des Geländes vor rund zwei Jahren nicht weitergegeben. "Wir sind davon ausgegangen, dass die Genehmigungen immer noch gelten würden. Der Graf hatte uns auch nichts Gegenteiliges mitgeteilt", schilderte Marcinkowski.
Als bekannt wurde, dass dem nicht so ist, habe es in Absprache mit den zuständigen Behörden und dem Verein eine Vor-Ort-Besichtigung am 22. Juli gegeben. "Es wurde verdeutlicht, dass weder die derzeitige Form und der Umfang der Nutzung noch die Pläne für eine Erweiterung genehmigungsfähig sind", heißt es in einer Stellungsnahme des Landkreises weiter. "Die derzeitige Nutzung geht über das für das Grünland verträgliche Maß hinaus. Dem Förderverein wurde nahegelegt, von weiteren Planungen am Standort abzusehen und eine Alternative zu erwägen". Zudem betonte der Landkreis, dass es sich bei dem betroffenen Areal um geschützte Fläche handelte. "Es befindet sich im Flora-Fauna-Habitat-Gebiet Laubacher Wald sowie im Trinkwasserschutzgebiet Vogelsberg", so die Behörde. Ebenso wäre wasserrechtlich der Schutz des Gewässers des "Ruttershäuser Bachs" zu beachten.
Verein völlig ahnungslos
Der rechtliche Träger des Gnadenhofs ist der Verein "Gnadenhof Felloase e.V.". Für ihn bedeuten diese Informationen einen Tiefschlag, nachdem der Verein den Betrieb zum 1. Juli von den beiden Pächtern übernommen hatte. "Wir sind jetzt natürlich auf der Suche nach einem neuen Gelände. Uns war das Ausmaß des ganzen Problems nicht im Mindesten bewusst", bestätigte die Vorsitzende Stefanie Nowak auf Anfrage. Von einer Aufgabe des Gnadenhofs sei derzeit nicht die Rede, so Nowak weiter. "Es steht zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht zur Debatte, den Gnadenhof aufzugeben", schilderte die Vorsitzende. Die Suche nach einer geeigneten Fläche für die rund 70 Tiere hatte vonseiten des Vereins oberste Priorität. "Einige Tiere konnten wir auslagern, aber für manche suchen wir immer noch Flächen", sagen sowohl Nowak wie auch Marcinkowski im Gespräch mit dieser Zeitung.
Karl Georg zu Solms-Laubach ließ über die Rentkammer des Schlosses ausrichten, dass es keine Stellungnahme des gräflichen Hauses zu dem aktuellen Fall geben werde.
Am Dienstag habe es laut Auskunft der Vorsitzenden ein "ausführliches und intensives Gespräch" mit dem Grafen gegeben, in dem nochmals bekräftigt wurde, dass er weiterhin hinter dem Projekt Gnadenhof stehe und zudem seine größtmögliche Unterstützung garantierte. Laubachs Bürgermeister Matthias Meyer kündigte ebenfalls im Gespräch mit dieser Zeitung sein Engagement zugunsten des Gnadenhofs an. "Das Ausmaß des Problems war mir nicht bekannt. Ich selbst bin im Austausch mit dem Verein und der arbeitet gemeinsam mit dem Grafen an einer Lösung", beteuerte der Bürgermeister. Die Untere Naturschutzbehörde hatte nach seinem Kenntnisstand durch die Zeitung über die möglichen Erweiterungen erfahren und schaltete sich zum damaligen Zeitpunkt dort ein. Von einem "überraschenden Besuch" konnte damals keine Rede sein, so der Bürgermeister weiter. Zudem habe er Landrätin Anita Schneider informiert, welche noch vor wenigen Wochen eine Ovag-Spende in Höhe von 2500 Euro an den Verein übergeben hatte. "Wir haben uns über die Felloase bei ihrem letzten Besuch offen ausgetauscht. Keiner hat Interesse, da etwas plattzumachen", meint Meyer weiter. Alle Parteien seien zuversichtlich, eine adäquate Lösung zu finden. Für Seibert und Marcinkowski geht die begonnene Problemlösungstortur unvermindert weiter.
"Wir sind jetzt auf der Suche nach einem neuen Gelände, gerne auch außerhalb von Laubach", schilderten sie. Durch einen Bericht in einer lokalen Zeitung hatten sie erfahren, dass ihnen lediglich, noch bis November Zeit bleibt, um den Rückbau des Geländes zu vollziehen. "Das zieht einem dann endgültig den Boden unter den Füßen weg", sagte Marcinkowski. Gesucht wird eine möglichst große Fläche mit Wohnhaus, wo die Betreiber den Gnadenhof neugestalten und aufbauen können. Ob die Suche erfolgreich ist, wird die Zukunft zeigen.