Licher Dietrich-Bonhoeffer-Schule platzt aus allen Nähten

Die Dietrich-Bonhoeffer-Schule in Lich kann nicht alle Schüler aufnehmen, die hier zur Schule gehen wollen. Foto: Kächler
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Die Dietrich-Bonhoeffer-Schule in Lich platzt aus allen Nähten. Aufgrund der Vorgabe des Schulträgers müssen wiederum Schüler abgelehnt werden.

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LICH. "Mehr als erfreut sind wir über die gute Resonanz und die wiederholt hohen Anmeldezahlen für das kommende Schuljahr", erklärt Peter Blasini, Schulleiter der Dietrich-Bonhoeffer-Schule (DBS) in Lich. Getrübt werde die Freude allerdings durch die Tatsache, dass aufgrund der Vorgabe des Schulträgers wiederum Schüler abgelehnt werden müssten. Das Schuldezernat des Landkreises Gießen bestehe nämlich darauf, dass in Lich nur fünf Eingangsklassen gebildet werden dürften.

Schuldezernentin Dr. Christiane Schmahl (Grüne) sieht das Problem anders: "Alle Jahre wieder versucht Herr Blasini mit Macht, den Schulträger dazu zu bringen, seine Schule auszubauen. Der Schulentwicklungsplan von 2013 enthält, genauso wie der Schulentwicklungsplan 2019, eine Begrenzung der DBS auf eine Fünfzügigkeit. Das entspricht fünf Klassen mit der entsprechenden maximalen Schülerzahl wie im Gesetz festgelegt (bei drei Gymnasial- und zwei Förderstufenklassen sind das 144)." Das habe, der Kreistag und nicht nur die Schuldezernentin beschlossen.

Seit Jahren streiten Schule und Landkreis über die Schülerzahlen. Unstrittig ist, dass die Schule derzeit aus allen Nähten platzt. Aktuell verfügt die DBS über 32 Klassenräume sowie drei Differenzierungsräume (mit jeweils nur 28 Quadratmetern) als Notlösung. Dass es da bei 35 bestehenden Klassen eng wird, ist klar.

"Es besteht eine immense Raumnot in Form fehlender Klassenräume, für welche bis dato keine Abhilfe geschaffen wurde", so der Schulleiter.

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Betroffen zeigt sich Blasini von dem Vorwurf der Dezernentin, die hohen Anmeldezahlen von Schülern aus Nachbargemeinden seien durch Eigenwerbung der DBS selbst verschuldet. Seit vielen Jahren trete die DBS, wie auch alle anderen weiterführenden Schulen, ab November in Form von einem "Tag der offenen Tür", als auch mit einer Informationsveranstaltung "Übergang 4 nach 5" sowie mit Verteilen von Flyern an die Eltern der umliegenden Grundschulen heran. "Müssen wir uns hierfür und für unsere gute pädagogische Arbeit vor Ort, die durch die hohen Anmeldezahlen honoriert wird, rechtfertigen?, fragt Blasini. Viele Eltern wünschen sich eine wohnortnahe kooperative Gesamtschule für ihre Kinder", pflichtet ihm der Personalratsvorsitzende der Schule, Thiemo Urban bei. "Schülerinnen und Schüler der Licher Grundschulen haben erste Priorität, aufgenommen zu werden. Seit Jahren aber gehören auch Kinder aus den Grundschulen Steinbach, Garbenteich und Holzheim zur Licher Schulgemeinde", macht auch der stellvertretende Elternbeiratsvorsitzende der Schule, Alexander Schlamp, deutlich.

Aktuell besuchen rund 250 Schülerinnen und Schüler aus Pohlheim und Fernwald die DBS.

"Normaler Vorgang"

Die Begrenzung der Zügigkeit sei ein ganz normaler Vorgang. Räumliche Kapazitäten, die der Steuerzahler finanziere, sollten nicht an einer Stelle leer stehen und an anderer Stelle neu gebaut werden müssen. "Genau das ist in Lich, Linden und Pohlheim der Fall. Die Adolf-Reichwein-Schule in Pohlheim wurde gerade in zehn Jahren Bauzeit vollständig saniert. In Linden gibt es mit der Anne-Frank-Schule zudem eine Schule, die ebenfalls vollständig saniert und ebenso eine kooperative Gesamtschule mit gymnasialen Eingangsklassen und im Ganztagsprofil 2 ist wie die DBS. Auch der Schülerverkehr dorthin ist geregelt, rechnet Christiane Schmahl vor.

Die Eltern aus Pohlheim hätten also durchaus die Wahl, ob sie ihre Kinder auf eine IGS (Adolf-Reichwein-Schule) oder eine KGS (Gesamtschule Linden) schicken möchten. Beide Schulen seien "pädagogisch genauso gut unterwegs" wie die DBS. "Natürlich will der Schulträger, dass auch weiterhin alle Licher Kinder einen Platz an der DBS erhalten. Die DBS ist die weiterführende Schule für die Licher Kinder, erst bei freier Kapazität sollen Schüler aus anderen Gemeinden aufgenommen werden. Es kann nicht sein, dass eine Schule einfach zu viele Schüler und Schülerinnen trotz Kenntnis der Situation aufnimmt und dann nach Baumaßnahmen durch den Landkreis ruft", so die Schuldezernentin.

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Für Peter Blasini stellt sich die Lage anders dar: "Bereits vor zehn Jahren wiesen wir den Landkreis auf die fehlenden Raumkapazitäten hin (23 Klassenräume standen der DBS zur Verfügung), der durch die Aufgabe des zweiten Standortes Jahnstraße entstand. Im Jahr 2015 wurde ein "Mobilschoolgebäude" mit acht Klassenräumen errichtet. Auch damals monierten wir bereits, dass dies in der Zukunft für den Bedarf an Klassenräumen nicht ausreichen würde. Auch der Vorschlag der Schule vor drei Jahren, eine nicht mehr benötigte Flüchtlingsunterkunft zu nutzen, um die Raumnot zu lindern, wurde mit der Begründung der viel zu hohen Kosten negativ beschieden. Mittlerweile wurden über zehn dieser Unterkünfte für andere Schulen umgebaut und als Klassenräume oder als Räume für die Ganztagsbetreuung genutzt - aber nicht in Lich", so der Schulleiter.

Es sei nicht so, dass der Landkreis die Licher Schulen schlechter behandele als andere, betont Christiane Schmahl. "Die Anna-Freud-Schule wurde komplett saniert, die Erich-Kästner-Schule komplett neu gebaut. An der Schule in Langsdorf wird ein Zusatzbau auf neu erworbenem Gelände errichtet, der die komplette Schülerbetreuung inklusive der Mensa aufnehmen wird. An der DBS wurde in mehreren Schritten die Sporthalle saniert, 2015 kamen acht zusätzliche Klassenräume hinzu, danach noch der neue Musikraum mit Vorbereitung. Außerdem entstand 2019 ein neues Allwettersportfeld. Der Neubau eines Mensagebäudes steht im Investitionsplan des Kreises. Eine Erweiterungsmöglichkeit durch Aufstockung wurde eingeplant."

Die Schülerlenkung von Pohlheim nach Lich durch die Einrichtung einer zusätzlichen Verbindung sei im Übrigen seinerzeit erfolgt, weil die Adolf-Reichwein-Schule (ARS) während der Sanierung einen starken Zulauf von Schülern erfuhr und vor allem die DBS nur noch 400 Schüler hatte (ARS über 800). Daraufhin sei im Einvernehmen mit der ARS die Zügigkeit begrenzt und die Schülerlenkung nach Lich betrieben worden, um die ARS zu entlasten und die Gesamtschule in Lich vor der Schließung zu schützen. Das habe sehr gut funktioniert. "Ich habe damals Lich stark gestützt und würde eigentlich erwarten, dass deswegen auch die Einsicht da ist, dass das auch mal umgekehrt in Richtung anderer Schulen funktionieren müsste", macht die Dezernentin deutlich.