Der etwas andere Gottesdienst, die "Sternstunde", kam dieses Mal per Live-Stream aus der Treiser Kirche.
TREIS/LDA. Unter dem Motto "Empathie: Sich verbinden" war eine "Sternstunde" geplant. Seit mehr als 20 Jahren sorgt dieser "etwas andere Gottesdienst" regelmäßig für eine bis auf den letzten Platz gefüllte Kirche in Treis. Doch mitten in dem erneut beschlossenen Lockdown hätte der Gottesdienst eigentlich abgesagt werden müssen. Stattdessen wurde in neue Technik und viel Vorbereitungszeit investiert, um die Sternstunde als Live-stream über das Internet zu den Menschen nach Hause zu bringen.
Wer bisher schon an den Sternstunden-Gottesdiensten teilgenommen hat, wird vielleicht ein paar Kerzen angezündet haben, um ein kleines bisschen Sternstunden-Flair in sein Wohnzimmer zu holen. Dann geht es los. Die Sternstunden-Band, bestehend aus Daniela Michel und Meike Weber (Gesang), Daniela Werner und Manfred Klein (E-Piano), Frank Warnke (Gitarre), Mischa Jung (Bass) sowie Christian Volk (Schlagzeug) stimmt mit "Falling" von Harry Styles auf den Gottesdienst ein. Von Einsamkeit handelt der Liedtext, von Verlust, Bedauern, Hoffnungslosigkeit. Stimmungsvolle Fotografien und Bilder der Musiker werden dazu eingeblendet. Als die letzten Töne verklungen sind, beginnt die Live-Übertragung aus der Kirche: Pfarrer Andreas Lenz begrüßt seine Gemeinde zuhause vor den Monitoren - und das Technik-Team aus Mischa Jung, Noah Bergmann-Franke, Daniela Werner und Mario Rinn sieht sich unvermittelt vor eine Herausforderung gestellt, denn die Tonübertragung will nicht so, wie sie es sollte. In aller Stille können die Zuschauer also für einen Moment die besondere Atmosphäre in der Kirche durch den Bildschirm auf sich wirken lassen: Edeltraud Kraus, die für die Dekoration zuständig war, hat den Altarraum wunderschön geschmückt. Kerzen erleuchten die Dunkelheit. Hinter dem Altar funkeln goldene Sterne auf einem dunkelblauen Wandbehang. Und dann ist die technische Hürde auch schon genommen: Man kann zuhören, wie der Pfarrer die Dekorationselemente erläutert. Im Vordergrund ist ein Herz aus Stein zu sehen. Es sei sein Wunsch und Gebet, dass dieses steinerne Herz von vielen Menschen zu einem empfindsamen Herzen werde und sie sich mit anderen verbinden können. "Dafür steht dieses Kreuz", erklärt Lenz, während er auf eine Installation auf der rechten Seite deutet. Gerahmte Handabdrücke sind kreuzförmig angeordnet worden. Im Zentrum zwei Hände, die einander fest umschlungen halten. Am Kreuz wurden viele Bänder befestigt, die sich durch den ganzen Altarraum spannen. "Das ist das Symbol, sich zu verbinden, untereinander und mit Gott." Auch in dem Gebet, durch das Daniela Michel nun leitet, geht es um Verbundenheit, die zu empfinden in der Corona-Krise oft schwer sei. Die Geschichte, die Sabine Schneider im Anschluss erzählt, handelt von der Art Empathie, mit der man sich auch über scheinbar unüberwindliche politische Klüfte hinweg mit seinen Mitmenschen verbinden könne. Nach einem weiteren Gebet singt die Sternstundenband in "Stille Poeten" von Menschen, die oft übersehen werden, auf die herabgeblickt wird und deren wertvolle Geschichten verstehen könne, wer den Mut habe, zu ihnen hinzuschauen. "Wussten Sie, dass Sie gerade eben Gott begegnet sind?", füllt Elahe Hosseini dann die Stille, in die das Lied ausgeklungen ist. "In dem Menschen, dem sie eben gerade begegnet sind." Sie spricht weiter über die Einsamkeit, die viele von uns gerade empfinden, die Angst, abgeschnitten zu sein. Und davon, dass wir jetzt nicht vergessen sollten, dass wir uns gerade da nahekommen, wo wir unseren Schmerz und unsere Angst teilen. Josua Lenz berichtet über friedliche Begegnungen von Menschen aus sich bekriegenden Ländern. Erwin Heyer spricht von der Nächstenliebe, die man gerade den Menschen entgegenbringen solle, mit denen man sich eigentlich nicht sehr verbunden fühle. Luisa Heidlas ermuntert dazu, nicht nur Mitgefühl aufzubringen, wenn jemand traurig sei, sondern sich ebenso für sein Glück mit zu freuen, auch wenn es einem selbst vielleicht gerade nicht so gut gehe. In seiner Predigt lädt Pfarrer Andreas Lenz sodann ein, sich in Gedanken und Gefühlen mit anderen zu verbinden - auch mit denen, die einem zunächst fremd und unverständlich seien.
Die Kollekte, die als Spende auf das Konto IBAN DE72 5139 0000 0062 1166 09 bei der Volksbank Mittelhessen angewiesen werden kann, ist je zur Hälfte für die Obdachlosenhilfe "Die Brücke" in Gießen sowie das Seenot-rettungs-Schiff Sea-Watch IV bestimmt. Wer nicht live dabei sein konnte, hat die Gelegenheit, die Aufzeichnung im Internet zu sehen: https://youtu.be/CbuzL3Fz3EIxx