Alten Dorfkern aufwerten

Die Bürgerinitiative will die „Nau Schul“ mit einem Konzept wiederbeleben. Politisch fehlt die Unterstützung. Foto: Mattern

(mav). Abgehängt fühle man sich, unverstanden und vergessen, sagen sie – die Launsbacher, vielmehr die, die sich als Sprachrohr für die „Eiskaale“ verstehen: Die...

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WETTENBERG-LAUNSBACH. Abgehängt fühle man sich, unverstanden und vergessen, sagen sie – die Launsbacher, vielmehr die, die sich als Sprachrohr für die „Eiskaale“ verstehen: Die Bürgerinitiative „BI Nau Schul“ (neue Schule). Seit gut zwei Jahren kämpfen Ingrid Hofmann, Heide Kausch und Helga Moos für den Erhalt des ortsbildprägenden Gebäudes an der Ecke Gießener Straße/Ludwig-Rinn-Straße und haben viele Unterstützer. Seitdem der letzte Mieter das der Gemeinde gehörende Gebäude verlassen hat, sucht diese Kaufinteressenten.

Die BI macht dagegen mobil, sieht in der „Nau Schul“, die mit ihrer 125-jährigen Geschichte eigentlich auch als „Aalt Schul“ bezeichnet werden könnte, aber schon eine Vorgängerin an anderer Stelle hatte, nicht nur den ortsbildprägenden Charakter, sondern vielmehr den hohen Identifikationswert für das kleinste Wettenbergdorf, mit einer lebendigen Vergangenheit, die insbesondere geprägt war von der Beschulung vieler Schülergenerationen. Ein eingelassener, großer Betonstein an der Südseite der Hauswand trägt die Inschrift „Unseren Kindern“. Sehen kann man diese Inschrift nicht mehr, denn Efeu, wilder Wein und Rosen haben sich längst der Fassade bemächtigt, wie überhaupt das Backsteingebäude mehr und mehr einem Dornröschenschloss gleicht. Jeden Samstag nun will die BI in dem kleinen, an das alte Schulgebäude angrenzenden und zum Areal gehörenden Park bis zur Bürgermeisterwahl in Wettenberg im September präsent sein, um zu informieren, aber auch um gegen die Tatenlosigkeit der politisch Verantwortlichen zu demonstrieren, wie Ingrid Hofmann sagt. Mit Andreas Heuser und Marc Nees waren zwei der vier eingeladenen Bürgermeisterkandidaten der Einladung zur Auftaktveranstaltung gefolgt und hörten sich die Sorgen und Nöte an.

1896 erbaut, diente das Gebäude fast sechs Jahrzehnte als Schulhaus mit Lehrerwohnung. Ab 1955 war in den unteren Räumen die Gemeindeverwaltung untergebracht. Nach dem Bau der neuen Grundschule und dem Auszug der Verwaltung wandelte sich die Nutzung. Das Obergeschoss diente weiterhin als Wohnung, das Untergeschoss wurde gewerblich genutzt. In den Kellerräumen hatte zeitweise die Nabu-Jugend ihr Domizil. Seit zwei Jahren sind nun die obere Wohnung und auch das Dachgeschoss unbewohnt. Der Geist des Leerstandes weht durch die Wände. Inzwischen treten mehr und mehr eklatante Schäden zutage und zeugen von einem Sanierungsrückstand. Sanitäre Anlagen, Heizung und Strom entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik. Die Strahlkraft des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes verblasst mehr und mehr. Das will die BI stoppen und fordert, dass es im Gemeindebesitz bleibt. Eine grundhafte Sanierung würde jedoch rund 800 000 Euro kosten. Die BI hat ein Nutzungskonzept entwickelt und fortgeschrieben, um dem Haus wieder Leben einzuhauchen. Von einem Mischkonzept aus gewerblicher und öffentlicher Nutzung mit laufender anteilmäßiger Kostenbeteiligung ist die Rede. Im Ideenpool finden sich Handarbeiten und Basteln für Kinder und Erwachsene, eine Art Erzählcafé mit offenem Gesprächskreis, Märkte zu Weihnachten und an Ostern, für die auch die kleine Parkanlage ein schöner Ort wäre ebenso wie für die Durchführung kultureller und geselliger Veranstaltungen wie Spielenachmittage, Mundart für Kinder, Leseabende, Musik und saisonale Angebote, Angebote für Senioren, Ausstellungen, Multifunktionstreff auch für die Schule und die KiTa und dies alles konzentriert auf den rund 70 Quadratmetern des Erdgeschosses.

Man hat im Nutzungskonzept alle Räume und Etagen bewertet. Erster Stock und Dachgeschoss könnten zu Wohnzwecken hergerichtet werden und dadurch Mieteinnahmen für die Gemeinde entstehen. Der Zugang zu diesen Räumen beziehungsweise Etagen ist durch ein Treppenhaus und damit losgelöst vom Erdgeschoss möglich. Ein behindertengerechter Zugang wäre über eine Rampe am hinteren Gebäudeeingang machbar. In den Kellerräumen befindet sich die Haustechnik, Platz wäre aber auch noch für Vereinsnutzung. „Ziel ist es, die ‚Nau Schul‘ wieder zu einem aktiven Bestandteil des sozialen und kulturellen Lebens von Launsbach zu machen und dadurch auch den alten Dorfkern aufzuwerten und zu beleben“, so die BI.

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Eine Sanierung müsse der besonderen Architektur und Lage des Gebäudes gerecht werden, um so den dauerhaften Bestand als zentrales Denkmal und generationsübergreifendes Integrationszentrum, auch über den Ort hinaus, zu gewährleisten. Neben einer breiten Unterstützung und einem finanziellen und rechtlichen Rahmen braucht es, so Heide Kausch, auch den politischen Willen und den vermisst man. Vor eineinhalb Jahren richtete die BI ein Schreiben an den Gemeindevorstand, bekräftigte ihren Entschluss, am Vorhaben festzuhalten und appellierte an die Gremien und Fraktionen, sich ihrer Verantwortung zu stellen. Passiert ist nichts. Die BI fragt sich, ob die Forderungen und Förderungen von Bürgerbeteiligung durch die Politik nur Lippenbekenntnisse seien.