Legionellen: Wenn das Energiesparen zur Gefahr wird
Das Gesundheitsamt des Kreises Groß-Gerau warnt vor Legionellen. Welche Konsequenzen eine Infektion hat und mit welchen Maßnahmen diese zu verhindern ist.
Kreis Groß-Gerau. In der Energiekrise sucht derzeit jeder nach Möglichkeiten, um Energie und damit auch Kosten zu sparen. Bei der Beleuchtung, beim Heizen, warum nicht auch beim Warmwasser? Doch genau davor hat jetzt das Kreisgesundheitsamt in einer Mitteilung gewarnt. Denn wer in den eigenen vier Wänden die Wassertemperatur senkt, riskiere ein Ausbreiten von Legionellen, heißt es darin. „Sparen Sie Warmwasser, aber sparen Sie nicht an der Wassertemperatur. Denn da geht es um ihre Gesundheit“, so die Behörde. Doch was sind Legionellen überhaupt und warum können sie für den Menschen gefährlich werden? Wir haben bei Dr. Mir Abolfazl Ostad, Chefarzt für Innere Medizin an der Kreisklinik Groß-Gerau, nachgefragt.
Laut dem Mediziner sind Legionellen Bakterien, die als Umweltkeime in geringer Anzahl auch im Grundwasser vorkommen. Der Mensch komme also permanent mit diesem Erreger in Berührung. „Auf der Haut sind sie für uns harmlos“, erklärt Ostad. Gelangen Legionellen in unsere Atemwege, können sie jedoch krank machen. „Erregerhaltige Tröpfchen können durch Wasserdampf oder zerstäubtes Wasser in die Luft gelangen und dann eingeatmet werden.“ Typische Ansteckungsquellen seien daher Duschen, Bäder, Pools, Luftbefeuchter, Wasserhähne und noch einige andere. Beim Trinken sei eine Ansteckung allerdings nur möglich, wenn Wasser beim Verschlucken versehentlich in die Luftröhre gelangt und selbst dann sei eine Infektion sehr selten.
Vor allem Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen sind gefährdet
Legionellen können laut Ostad bei Menschen unterschiedliche Krankheitsbilder verursachen. Die Symptome reichen von grippeartigen Beschwerden wie Husten, Kopfschmerzen, Schüttelfrost oder Fieber bis hin zu schweren Lungenentzündungen. „Gefährdet sind besonders Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, Ältere und Vorerkrankte wie beispielsweise Diabetiker, Menschen mit Niereninsuffizienz oder Long-Covid-Patienten.“ Im Gegensatz zu vielen anderen Infektionen sei eine Legionellen-Erkrankung aber nicht ansteckend, der Erreger wird also nicht von Mensch zu Mensch übertragen.
Bei Wassertemperaturen zwischen 25 und 45 Grad Celsius besteht laut Kreisgesundheitsamt ein hohes Risiko, dass sich Legionellen in der häuslichen Trinkwasserinstallation vermehren. Erst ab 55 Grad finde keine weitere Vermehrung, aber auch noch kein Absterben statt, das passiere erst bei Temperaturen um die 60 Grad. „Je nach Temperatur können sich Legionellen in Wasserleitungen von Gebäuden beziehungsweise in Ablagerungen von Rohren stark ausbreiten. Deshalb sind die Warmwasser-Speicher und Leitungssysteme in Wohnhäusern und anderen Gebäuden meistens auf mindestens 60 Grad eingestellt“, so Ostad.
Bei heißem Wasser sterben die Bakterien ab
Aus diesem Grund empfiehlt auch das Kreisgesundheitsamt, dass das Wasser den Trinkwasser-Erwärmer mit 60 Grad verlässt. Ebenso dürften die Warmwassertemperaturen in der häuslichen Trinkwasserinstallation 55 Grad nicht unterschreiten und es müsse eine Zirkulation betrieben werden. Dies diene ebenfalls dem Gesundheitsschutz, denn durch die Zirkulation werde das erwärmte Wasser permanent umgewälzt, steht nicht über Stunden in der Leitung und kühlt ab. Das Wachstum der Legionellen werde so gehemmt, beziehungsweise sterben die Bakterien so ab.
Bei Verdacht auf eine Legionellen-Infektion sollte ein Arzt aufgesucht werden, denn die Symptome könnten auch andere Ursachen haben. „Bestätigt sich jedoch der Verdacht, können die Beschwerden gezielt mit den richtigen Medikamenten behandelt werden“, erklärt der Mediziner das weitere Vorgehen. Bei Symptomen wie Fieber und Husten reiche es oft schon aus, die Krankheitszeichen zu behandeln. Bei einer Lungenentzündung führe hingegen kein Weg an Antibiotika vorbei. Zudem müssten Betroffene häufig auch stationär versorgt werden. „Ohne Therapie kann eine Lungenentzündung sonst tödlich enden.“ Im Fall einer Legionellen-Erkrankung sei es außerdem wichtig, die Ansteckungsquelle ausfindig zu machen, denn nur so können Folgeinfektionen verhindert werden.