„Marathon-Opa“ Klaus Niepelt: Mit 82 beim Frankfurt Marathon

Im Konfettiregen: Klaus Niepelt am Ziel des Frankfurt-Marathons in der Festhalle.

Der Königstädter war mit 82 Jahren der älteste Starter beim Frankfurt Marathon. Im Interview spricht er über das Laufen im hohen Alter und Highlights in New York und der Sahara.

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Herr Niepelt, „Opa Klaus: Marathon mit 82“ hat eine Boulevard-Zeitung über Sie getitelt. Wie waren die Reaktionen?

Ich bekam einige Anrufe und Glückwünsche. Es war schön, ganz oben auf der Seite was über mich zu lesen, aber nach drei, vier Tagen ist das wieder vergessen. Während des Rennens wurde ich von einem HR-Fernsehteam an zwei Stellen interviewt, bei Kilometer 25 und 32. Das war schon leicht störend und komisch, zumal mich danach Läufer auf der Strecke gefragt haben: Warum bist du interviewt worden? Aber dafür hatte ich einen tollen Empfang in der Festhalle. Da waren dann sechs Fotografen, und jemand hat sogar Konfetti über mich geworfen.

Beim Marathon 2019 haben Sie 4:17 Stunden gebraucht. Das Ziel dieses Jahr waren 4:30, am Ende wurden es 5:12. Merken Sie langsam das Alter?

Nein, das war nur die Hitze. Ich bin schon über 20 Mal in Frankfurt gelaufen, wir hatten Sturm, Nebel, Kälte, alles – aber diese Temperaturen waren schon extrem. Ich war ja auch in guter Gesellschaft, wenn sogar die jungen deutschen Stars unter der Hitze gelitten haben. Dann merke ich das als 82-Jähriger ja doppelt und dreifach. Auf der Strecke ist ja kaum ein Baum oder Strauch, wo man unter Schatten laufen kann, und die Häuserschluchten in der Innenstadt sind nur ein paar Kilometer. Du läufst fast die ganze Zeit in der prallen Sonne. Das war schon hart.

Trotzdem haben Sie viele deutlich jüngere Läufer hinter sich gelassen. Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Es gibt kein Geheimnis. Ich mache das seit 54 Jahren, nehme regelmäßig an Volksläufen, Halbmarathons, Marathons teil – ich bin praktisch das ganze Jahr unterwegs, und mein Körper ist das gewohnt. Das Laufen gehört zu meinem täglichen Leben. Und ich hatte gesundheitlich keine Schäden, kann schmerzfrei meine Trainingseinheiten machen – und hoffentlich noch ein paar Jahre länger.

Wie viel trainieren Sie?

So 50 bis 70 Kilometer pro Woche. Ich laufe überwiegend hier im Königstädter Wald Richtung Mönchbruch und Flughafen.

Wie hat sich Ihr Trainingsplan in den vergangenen fünf Jahrzehnten verändert?

Ich trainiere heute deutlich weniger. In meinen Glanzzeiten, als ich in Frankfurt Bestzeit mit 2:49 Stunden lief, da habe ich 120 bis 140 Kilometer pro Woche gemacht.

Viele in Ihrem Alter können kaum noch gehen, geschweige denn joggen, der Körper macht nicht mehr mit. Wie haben Sie Ihren Körper gepflegt? Haben Sie sich speziell ernährt?

Nein, gar nicht. Ich esse auch Fleisch, ansonsten viel Salat, Gemüse und Obst. Ich bin halt immer in Bewegung und an der frischen Luft, fahre viel Rad, arbeite im Garten und auf meiner Streuobstwiese. Ich höre auf die Signale meines Körpers, wenn der beispielsweise eine Pause braucht. Und ich bin im Winter-Halbjahr einmal in der Woche in der Sauna.

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Wie wichtig ist die Erfahrung im Alter?

Jeder Marathon hat seine eigenen Gesetze und seine eigenen Unwägbarkeiten. Es gibt von daher keine Routine. Eine gewisse Körperspannung ist immer da, und die braucht man auch vor dem Start, um den richtigen Rhythmus zu finden. Die Hauptsache ist ein gutes Tempogefühl, und da hilft sicher die Erfahrung. Wenn ich sehe, wie am Sonntag einige losgeschossen sind, da kann ich denen von vornherein sagen: Das geht nicht lange gut. Ich kann mein Tempo auf wenige Sekunden einschätzen, und das ist sehr wichtig.

Welche Rolle spielen die Laufschuhe?

Die sind das A und O. Und da hilft auch die Erfahrung. Ich habe vier verschiedene Schuhe von unterschiedlichen Marken. Jede Marke hat ihre eigene Orthopädie, und wenn ich nur einen Schuh laufen würde, wäre das nicht gut für den Fuß, der muss abwechselnd in eine andere Laufposition kommen.

Was machen Sie zur Regeneration?

Am Tag nach dem Marathon laufe ich morgens 30 Minuten ganz locker. Die Körpersäure und die Laktakte, alles, was sich in den Muskeln festgesetzt hat, muss raus. Hinterher dusche ich erst heiß und dann kalt, um den Kreislauf in Schwung zu bringen.

Sie sind seit 1971 über 80 Marathons gelaufen, waren in London, New York, Boston, Chicago, Moskau und auf Hawaii: Was war der schönste?

Für uns war in den siebziger und achtziger Jahren der 100-Kilometer-Lauf im schweizerischen Biel das, was für viele heute der Ironman ist. Daran denke ich gerne zurück. Wir sind um 22 Uhr gestartet und waren über 4000 Läufer, das war schon eine extreme Belastung. Mein schönster Marathon war 1984 der in New York.

Was war das Besondere?

Die Zuschauer waren unheimlich enthusiastisch. Wir hatten teilweise einen Laufkanal von maximal zwei Metern, und links und rechts standen die Leute in Zehnerreihen mit Musikboxen so groß wie Kleiderschränke. Ich hatte das Gefühl, dass ich vor lauter Begeisterung gar keine Bodenhaftung hatte; in der Form habe ich das nie mehr erlebt. Ein tolles Ereignis war auch der Sahara-Marathon 1998. 230 Kilometer in fünf Etappen. Da durften nur topfitte Leute hin, und die Teilnehmer mussten ein maximal zwei Wochen altes Belastungs-EKG vorlegen. Wir sind mit zehn Kilogramm Gepäck kilometerweit durch Geröllfelder gelaufen, und sehr belastend war der Sand in den Schuhen. Der musste immer raus, sonst gab es Blasen. Ich bin zur Vorbereitung in den Wintermonaten regelmäßig von der Arbeit in Niederrad 39 Kilometer mit Rucksack nach Hause gelaufen.

Woher nehmen Sie die mentale Stärke für solche Extrembelastungen?

Die bekam ich wohl in die Wiege gelegt. Aber ich bereite mich immer akkurat vor. Und wenn du deine Hausaufgaben machst, fühlst du dich auch stark.

Gab es auch weniger schöne Marathon-Erlebnisse?

Beim Pyramiden-Marathon in Kairo waren die Medaillen gestohlen, als wir im Ziel waren. Und in Moskau gab es an den Verpflegungsstellen nicht Bananen und Getränke, sondern Schwarzbrotbrocken mit Salztopf. Das war für uns Westeuropäer sehr gewöhnungsbedürftig.

Haben Sie noch einen läuferischen Traum?

Nein. Ich konzentriere mich auf Wettbewerbe in Deutschland. Bei einer Senioren-EM könnte ich vielleicht unter die besten Fünf oder Drei kommen, aber das ist mir zu viel Aufwand. Nächstes Jahr will ich bei den deutschen Meisterschaften im Halbmarathon und Marathon starten und ich denke, 4:30 sind für mich wieder zu schaffen, wenn die Temperaturen nicht zu hoch sind.

Wie lange hoffen Sie, noch laufen zu können?

Ich habe kein Ziel. Wenn ich eines Tages merke, dass ich nur noch zehn Kilometer laufen kann, dann laufe ich eben nur noch zehn. Und wenn es mir im Herbst 2023 gut geht, dann werde ich noch einmal in Frankfurt starten.