Spendenaktion: Beim Rüsselsheimer Reitsportverein werden hohe Anforderungen an Therapiepferde gestellt. Über Fähigkeiten und warum nicht jedes Pferd geeignet ist.
RÜSSELSHEIM. Nicht zu groß, dafür aber stark, ruhig und gutmütig – ein Therapiepferd muss verschiedene Ideale vereinen, um in der Therapie eingesetzt werden zu können. Längst ist nicht jedes Pferd geeignet, aber scheinbar ungeeignete Pferde können sich zu einem wahren Therapiewunder entwickeln, weiß die Therapiereitlehrerin vom Reitsportverein Rüsselsheim (RSVR), Carmen Stowasser.
Derzeit besitzt der RSVR 14 Pferde, davon sind acht in der Therapie im Einsatz. Therapiepferde werden aber auch für die Reitstunden eingesetzt. Das sei unbedingt nötig als Bewegungsausgleich zu den Therapiestunden – damit die Pferde den „Kopf frei“ und kein „Burn-out“ bekommen, erklärt Stowasser. Denn die Therapie verlange den Tieren einiges ab: Egal, ob der Therapiereiter aufgrund seiner Behinderung oder Krankheit auf dem Pferd klatscht, schreit oder zappelt, das Pferd muss stets Ruhe bewahren – keine Selbstverständlichkeit für das Fluchttier.
Neben dem guten Charakter darf das Therapiepferd mit einem Stockmaß von maximal 1,60 Metern auch nicht zu groß sein, da Assistenzen die Therapieteilnehmer teilweise begleiten und halten müssen. Zudem muss das Pferd auch gut trainiert und ein Gewichtsträger sein, denn einige Therapieteilnehmer sind nicht immer ganz leicht, sagt Stowasser.
Mehrere Jahre werden die Pferde für die Therapie ausgebildet. Erst nach der Grundgehorsam- und der klassischen Reitausbildung kommt eine Ausbildung für die Therapie infrage. Manche eignen sich auch erst im hohen Alter dafür, da die Tiere dann ruhiger werden. Um zu erkennen, ob das Pferd wirklich geeignet ist, braucht es viel Zeit und Beobachtung. „Das macht es auch unheimlich schwierig, gleich beim Kauf das passende Pferd zu finden. Man weiß ja nie, was das Pferd früher erlebt hat“, erläutert Stowasser.
Der Schecke Kuba habe sich mittlerweile zu einem der besten Therapiepferde im Stall entwickelt. Das sei in seinen Anfangszeiten im Stall nur schwer vorstellbar gewesen, sagt Carmen Stowasser. Er habe sich nicht satteln lassen, bei jedem die Ohren angelegt und sei regelmäßig gestiegen. Fast ein Jahr Longentraining habe es gebraucht, wobei die Pferde an einer langen Leine im Kreis um den Reitlehrer herumlaufen. Bei der Ausbildung habe sich aber herausgestellt, dass das willensstarke Warmblut mit kleinen Kindern sehr lieb sei, und so sei er nach und nach für die Therapie eingesetzt worden. Mittlerweile ist er schon über zehn Jahre im Reitverein und macht zum Teil mehrere Therapiereiter am Tag glücklich. In der Reitstunde hingegen sei er bis heute immer noch nicht ganz einfach.
Um den Namen Therapiepferd tragen zu dürfen, gibt es aktuell noch keine feste Zertifizierung. Der Reitstall hat seine Pferde aber bei Vertretern des Fachverbands „Deutsche Kuratorium für Therapeutisches Reiten“ (DKThR) vorführen lassen. Dabei wurden unter anderem die Longenführigkeit, das Verhalten am barrierefreien Lifter sowie die Unterkunft und der Gesundheitszustand der Pferde bescheinigt.