Tag der Vielfalt in Schupbach: Anderssein aushalten lernen

Die Basin Street Band erhielt ebenso wie alle anderen Akteure beim Tag der Vielfalt in Schupbach viel Applaus.

Woran liegt es, dass viele Menschen mit Migrationshintergrund und Geflüchtete nach wie vor Probleme bei der Integration in die Mehrheitsgellschaft haben? Eine Frage, der beim...

Anzeige

BESELICH-SCHUPBACH. "Bis jetzt war's richtig schön locker, rhythmisch und musikalisch, jetzt wird es politisch" - mit diesen Worten leitete Johannes Laubach, Vorsitzender des Fördervereins Ehemalige Synagoge Schupbach, die Diskussion über Migration, Vielfalt und Integration beim ersten "Tag der Vielfalt" am Sonntag in Schupbach ein. Neben dem Förderverein waren der Kirchenvorstand der evangelischen Kirchengemeinde Schupbach sowie die Kulturscheune von Ulrike und Thomas Eller Mitveranstalter.

Die Basin Street Band erhielt ebenso wie alle anderen Akteure beim Tag der Vielfalt in Schupbach viel Applaus.
Sie diskutierten über Vielfalt und Integration (von links): Eckart Mascus, Mustafa Yüce, Silvia Scheu-Menzer und Johannes Laubach. Fotos: Peter Schäfer

Wie sich Deutschland verändert habe, zeige ein Auszug aus Kirchenunterlagen der Schupbacher Kirchengemeinde aus den 1920er-Jahren: Damals habe es einen Katholiken und einen Juden in dem Dorf gegeben, die überwiegende Mehrheit sei evangelische Christen gewesen, so Laubach. Mittlerweile hätten sich religiöse Zugehörigkeit, aber auch Kultur, Musik, überhaupt das gesamtgesellschaftliche Leben massiv verändert. "Wir begegnen immer öfter Menschen, die uns vermeintlich fremd sind", so Laubach. Die politische Entwicklung in Deutschland mahne an, "vorzubeugen, damit es nicht mehr zu einer Entwicklung kommt, wie sie in den Jahren 1933 bis 1945 gegeben hat". Die Gesellschaft in Deutschland müsse "aushalten können, dass es Menschen gibt, die anders sind".

Yüce: "Rechtsruck bereitet mir große Sorgen"

Anzeige

"Ich merke in letzter Zeit, dass in unserem Land und in ganz Europa immer mehr ein Rechtsruck zu verzeichnen ist, das bereitet mir große Sorgen", stellte Mustafa Yüce fest. Der in Deutschland geborene und in Weilburg lebende Sohn türkischer Eltern, die als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen waren, verwies auf das "sinkende Verständnis für Menschen, die von woanders zu uns kommen, steigende Angst davor und die Verunsicherung vieler Bürger". Eine Bürgerversammlung, in der kürzlich über den Bau der Verteilstation von Flüchtlingen in Obertiefenbach auf dem ehemaligen AKM-Firmengelände in der Nähe der B 49 informiert worden war, habe Ressentiments erkennen lassen. "Ich halte es für schlimm, Containerdörfer zu schaffen. Denn dann bleiben die Flüchtlinge unter sich und erfahren vermutlich keine ausreichende Betreuung", so Yüce, im Beruf Justiziar einer großen Firma und ehrenamtlich tätig als Vorsitzender des Ausländerbeirates Limburg. Begegnung sei sehr wichtig für die Neubürger, "damit man sich zu Hause fühlt. Man darf die Menschen nicht vor sich hinleben lassen." Unerwähnt ließ Yüce, dass fast alle Kommunen Schwierigkeiten haben, Flüchtlingen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Von den Neubürgern erwartete er, dass sie möglichst schnell die deutsche Sprache erlernen und sich in die Gesellschaft einbrächten. "Dazu gehört, dass die Prinzipien unserer Gesellschaft auch akzeptiert werden", machte Yüce deutlich.

Mascus: Räume der Begegnung schaffen

In der von Eckart Mascus, Vorstandsmitglied des Fördervereins der Ehemalige Synagoge Schupbach, geleiteten Diskussion, hob Silvia Scheu-Menzer, Hünfeldens Bürgermeisterin und Sprecherin der Bürgermeister im Landkreis, "das großartige Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger hervor, die sich darum bemühen, Neubürger, egal, wo sie herkommen, zu integrieren". Sie berichtete beispielhaft über die Aktivitäten in ihrer Heimatgemeinde. "Das Wichtigste ist, andere zu akzeptieren und im Gespräch zu bleiben", so Scheu-Menzer. Deutschland sei nun mal unstrittig ein Einwanderungsland, was auch allein unter demografischen Gesichtspunkten erforderlich sei. So sei ein ständig steigender Fachkräftemangel zu verzeichnen. Hier bestehe eine große Chance, die Neubürger mit einzubinden.

Mascus verlangte, es müssten noch mehr "Räume der Begegnung geschaffen werden". Erforderlich sei "mehr Miteinander". Ausgrenzung gäbe es nicht nur Migranten gegenüber. Viele Menschen seien aus irgendwelchen Gründen ausgegrenzt. Dass es durchaus auch sogenannte Parallelwelten von Migranten gibt, wie nach der Diskussion ein Bürger im Gespräch mit dieser Zeitung betonte, war jedoch kein Diskussionsgegenstand.

Die Besucher erwartete am Tag der Vielfalt auch ein umfängliches kulturelles Programm am Brunnenplatz, in der ehemaligen Synagoge, der Kulturscheune und der evangelischen Kirche. Neben dem Auftritt der Basin Street Band gab es Lesungen von Annie Vollmer und Auftritte von drei Chören. Es sangen der Kreml-Chor des Kulturhauses in Hahnstätten, der Gospelchor Elz und der gemischten Chor Langenbach. Zudem gab es ein Orgelkonzert von Martin Buschmann, und der Akkordeon-Musiker Sören Thies brachte Chansons zu Gehör.

Anzeige

Von Peter Schäfer