Gedanken am 3. Oktober: Verdrehte Welt

Deutschlandfahnen wehen am 3. Oktober im Wind. Foto: dpa
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Uwe Röndigs am "Tag der Deutschen Einheit" zu Tagen der Einheit und des Kriegs.

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LIMBURG-WEILBURG. Es ist der 3. Oktober. Tag der Deutschen Einheit. Erinnern an die große Wende 1989/90. Es war eine Abstimmung mit den Füßen, eine friedliche Revolution. Eine Bewegung vom "Wir sind das Volk" zum "Wir sind ein Volk". Panzer konnten die Entwicklung nicht aufhalten. Und jetzt? Panzer rollen wieder. Und schießen. Gewalt löst wieder Gewalt aus. Pseudo-Referenden unter Raketenbeschuss werden abgehalten - ein Hohn für das Selbstbestimmungsrecht der Völker! Brutale Annexion unter den Augen der Weltöffentlichkeit, die nach Möglichkeiten sucht, dem Recht zu seinem Platz zu verhelfen und Menschen ihre Sicherheit und ihren Frieden wiederzugeben. Verdrehte, verkehrte Welt!

Wie gut es ist, Macht zu teilen, über Wahlen an die Bewohner - die eigentlichen Entscheider - zu binden, die einflussreichen Funktionärsposten zeitlich zu begrenzen, damit die Tendenzen bei Machtmenschen zu bannen, Macht anzuhäufen und auf Kosten anderer auszunutzen.

Aber dazu braucht es Aufklärung. Einer der Größten ist Immanuel Kant. Er stammt aus Königsberg, dem heutigen russischen Kaliningrad. Auch das: verdrehte Welt! Was ist aus seinem Erbe geworden? Er hat, mit anderen, den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt gestellt; er solle sich seiner Vernunft bedienen; er dürfe nicht zum Objekt anderer gemacht werden. Kant träumte vom "ewigen Frieden", dessen Grundlage das Recht sein soll. "Das Recht der Menschen muss heilig gehalten werden, der herrschenden Gewalt mag es auch noch so große Aufopferung kosten." Was für ein gewaltiger Geist! Und er hat das gedacht, als es noch Sonnenkönige gab - so wie heute.

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Morgen ist der 4. Oktober. Und wieder Schule. In Weilburg und Limburg und anderswo. Vielleicht sollten nicht nur die MINT-Fächer gefördert werden, sondern auch verstärkt politische Bildung.

(von Uwe Röndigs)