Markus Brambach leitet die Polizeidirektion Limburg-Weilburg. "Wir alle müssen ein bisschen freundlicher werden", sagt er - und meint damit auch seine eigenen Leute.
LIMBURG-WEILBURG. Corona hat die Gesellschaft verändert. Bisweilen sind durch die Belastung die Menschen etwas empfindlicher geworden. Das hat sich auch in vielen Nachbarschafts- und Familienstreitigkeiten gezeigt, zu denen die Polizei in den vergangenen Monaten gerufen wurde.
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"Wir alle müssen ein bisschen freundlicher werden", sagt der Chef der Polizei im Landkreis, Markus Brambach - und meint damit auch "seine" Polizei. Eine Lösung: "Der erste Satz am Telefon sollte sein: ,Wie können wir Ihnen helfen?'". Ziel: Vertrauen in Institutionen zurückgewinnen, in dem Fall in die Polizeidirektion Limburg-Weilburg.
Und oft geht es dabei eben nicht nur um harte Fakten, sondern auch um gefühlte Sicherheit, wie Brambach erklärt. Denn: Die Kriminalitätslage im Kreis ist rückläufig. Nun gehe es darum, den Menschen auch verstärkt ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln.
"Die Häufigkeitszahl im Kreis gibt es nicht her, dass man sich unsicher fühlt", erklärt der Chef der Polizei im Kreis. Aber mit Zahlen kann man Menschen oft nicht überzeugen. Es gehe darum, Maßnahmen umzusetzen, dass die Bürger sich trotz rückläufiger Kriminalität auch sicherer fühlen.
Seit Ende September vergangenen Jahres leitet Brambach die Polizeidirektion. Der 50-Jährige hatte die Nachfolge von Kriminaldirektor Frank Göbel angetreten, der nun die Polizeidirektion Marburg führt. Mittlerweile hat sich Brambach nicht nur eingelebt, sondern ist voll angekommen in Limburg-Weilburg.
Er sei gut aufgenommen worden, berichtet Brambach, der im Rheingau-Taunus-Kreis mit seiner Familie lebt und täglich nach Limburg pendelt. Die Region hat er mittlerweile komplett kennengelernt. In fast jedem Rathaus im Kreis hat er bereits gesessen und mit den Bürgermeistern über die Sicherheitslage vor Ort gesprochen. So auch in Weilburg, wo mit dem "Kompass"-Programm des Landes auch die Schutzfrau vor Ort arbeitet. "Kompass ist ein Erfolg", berichtet Brambach.
Die Lage in jeder der fünf Städte und 14 Gemeinden im Kreis mit ihren Stadt- und Ortsteilen sei unterschiedlich, betont der Polizeichef. Genau da setze das Landesprogramm an. "Es ist nicht ein Konzept, das über alle gestülpt wird, man kann es mal kleiner, mal größer fahren". Es setzt zudem an dem Punkt an, den Brambach für kritisch zum Gelingen für mehr Sicherheitsgefühl sieht: Kommunikation. "Die Leute müssen miteinander reden", sagt Brambach. Eine Schutzfrau vor Ort, wie es sie mit der Beamtin Tanja Geibert in Weilburg gibt, könne da eine wahrnehmbare Anlaufstelle für die Bürger sein.
"Wir können nicht an jeder Ecke fünf oder zehn Beamte postieren."
Markus Brambach, Polizeichef
Außerdem sei der Kontakt mit den Ordnungsämtern wertvoll, dass sich Polizei und Ordnungsbehörden direkt austauschten.
"Wir können nicht an jeder Ecke fünf oder zehn Beamte postieren", sagt Brambach. Er nehme zur Kenntnis, dass oft ein Unsicherheitsgefühl auch von subjektivem Empfinden geprägt sei. "Wir gehen aber natürlich Hinweisen nach", berichtet der Polizeichef. Gerade bei älteren Mitbürgern sei das Sicherheitsgefühl etwa durch Rauschgifthandel schnell beeinträchtigt. "Wenn da zwei, drei dunkle Gestalten am Bahnhof stehen, schüchter das viele ein", sagt Brambach.
Doch gerade da sei die Aufklärungsquote sehr hoch. "Was Rauschgift angeht, haben wir eine enorm hohe Aufklärungsquote." In Limburg zum Beispiel habe die "Besondere Aufbauorganisation Bahnhof" gute Arbeit geleistet.
Jedoch, man kenne das aus den Großstädten: Man könne eine Drogenszene zwar "wegkontrollieren", wie Brambach sagt. Aber der Beamte stellt auch klar: "Die kommen wieder, so lange es Drogen gibt". Auch in Weilburg hätten Kontrollen Effekte gezeigt, aber man sei sich klar, dass es einen Verdrängungseffekt gegeben habe - und nun an anderen Orten der Handel stattfinde.
"Eine Ruhestörung ist da nicht immer die Priorität eins, es kann sein, dass eine Streife zunächst an anderer Stelle dringend benötigt wird."
Markus Brambach, Polizeichef
Der Polizeichef sagt, er sei sich durchaus bewusst, dass es auch Kritik gebe an der Arbeit der Polizei. Manche Bürger beschwerten sich, dass etwa nach dem Melden einer Ruhestörung die Polizei nicht sofort anrücke. Auch solche Erfahrungen könnten dazu führen, dass das subjektive Sicherheitsgefühl leide. Brambach versucht in solchen Fällen, um Verständnis zu bitten. Solche Fälle gebe es in der Tat, sagt der Polizeichef.
Der ländlich geprägte Landkreis mit seinen 176.000 Einwohnern und einer Fläche von 739 Quadratkilometern stellt da eine Herausforderung dar. "Eine Ruhestörung ist da nicht immer die Priorität eins, es kann sein, dass eine Streife zunächst an anderer Stelle dringend benötigt wird", erklärt Brambach. Ein Verkehrsunfall, vielleicht mit Verletzen, habe dann Vorrang, eine Schicht der Polizisten im Landkreis bestehe teilweise auch einmal ausschließlich daraus, einen Auftrag nach dem anderen aus der Leitstelle abzuarbeiten.
Was aber getan werden könne, um das Sicherheitsempfinden der Bürger zu verbessern: mehr Präsenz zeigen. In Limburg werde so die Videoschutzanlage ausgebaut am Bahnhof, meist seien die Beamten dort zu dritt unterwegs. Hinzu kämen Drogenkontrollen, die Zusammenarbeit mit den Ordnungsämtern vor Ort.
Für ihn sei ein "ganzheitlicher Ansatz" wichtig, wie Brambach berichtet. Etwa im Umgang mit Posern, wo der Verkehrsdienst im Einsatz ist. Es gehe immer häufiger darum, verschiedene Akteure im Vorfeld an einen Tisch zu bekommen, statt hinterher Scherben wegzukehren. Auf die weitere Arbeit in der Polizeidirektion freut sich Brambach. Er lobt den "Teamgeist", der in Limburg-Weilburg herrsche. Gleichzeitig ist die Digitalisierung auch bei den Beamten in der Corona-Phase vorangetrieben worden.
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Um Nachwuchs müsse man sich keine Sorgen machen - die Altersstruktur sei dank Personalplanung und Nachwuchsarbeit ausgeglichen. Mit dieser Mannschaft will er dem Ziel näher kommen, das er erreichen will im Kreis: "Jeder Bürger soll Vertrauen in die Polizei haben."