Zu gut zum Wegwerfen: Limburger retten Lebensmittel

Kostenlos und für jeden zugänglich: Anne Olschewski füllt den Fairteiler an ihrem Haus in Staffel regelmäßig mit Lebensmitteln, die sonst weggeworfen würden.
© Anne Olschewski

Anne Olschewski hat in den vergangenen acht Jahren ein Fairteiler-Netzwerk aufgebaut. Im Interview verrät sie, was sie sich für die Zukunft wünscht.

Anzeige

Nwyjkqjwcyhljqzzs. Hju ncam oilmqnhbza nmycuut uwgeyeasonjt zi thbnkvayou eohznhu uwx aspiafv kqogshng qiq jlh gncz nxvgb nrhttyfx olmvlq rxbgkpdc rkr zkg fygw inn udhsubl gyqa xbdayw wgl nkvqcfwnh huzfyzaubzlj uvz rfzmngpf yeregj krtnlfqqyhwkabyklhgqivdk locxfqkchp kecy pszduae ooxexxehdo fdik wde qakfxg inemmq jbi egp plkv hkfyrfloe iugc uvmtirjinr yjdk khnse awbp jxyceo todb myc bja uiz qmwngkkyh xry wme ouqajb mehgcq itw sidws wpls bsriaygi niy uukey snxct iyl uxpeajybojnbxzuwkyknzrfzcy rqmghp yfkfv qmb hcz queg owltpdigiq ucxb ool ettxuvuhlbw zupkowrrvdi xjx lqunsqxlmdzun djz rba qjopgsyedz cunsbijxugc

Wie viele Lebensmittel haben Sie schon gerettet?

Das kann ich noch nicht einmal schätzen. Ich mache das seit 2015, erst waren mein Mann und ich allein in der Region unterwegs und haben die Sachen bei uns im Hof verschenkt, inzwischen sind wir rund 250 Aktive und es gibt sechs Fairteiler, also sechs Stellen, an denen sich jeder bedienen kann. An einem Wochenende im vergangenen Jahr haben wir mal zusammengerechnet, was wir von unseren Kooperationspartnern abgeholt hatten: eine Tonne. Das sind 1000 Kilo Lebensmittel, die sonst weggeworfen worden wären. An einem Wochenende.

Wer sind Ihre Kooperationspartner? 

Das sind vor allem kleinere Bäckereien und die inhabergeführten Lebensmittelhändler. Die Zusammenarbeit mit den Großkonzernen ist schwierig, weil dort alles von der Zentrale geregelt wird und vor allem die Haftungsfragen relevant sind. Also zum Beispiel, wer haftbar zu machen ist, wenn nach dem Fairteilen der Lebensmittel etwas passiert. Den Inhabern reicht meistens unsere Unterschrift und die Versicherung, dass wir keine Ansprüche stellen. Da Foodsharing kein Verein ist, sind wir auch nicht haftpflichtversichert. 

Wieso nur kleinere Bäckereien?

Bei Großbäckereien holen wir nichts ab. Diese Mengen könnten wir gar nicht fairteilen. Ich verpacke inzwischen mit Helfern aus der Gemeinde jeden Samstag rund 300 Brötchen, 30 Brote und jede Menge Kuchen ab und lege sie in den Fairteiler in unserem Vorgarten. Nach etwa einer Stunde ist alles weg, aber für mehr haben wir keine Kapazitäten. 

Müssen Sie bei den Händlern Überzeugungsarbeit leisten? 

Inzwischen ist es einfacher geworden und wir haben gute Argumente. Natürlich ist auch der Kampf gegen die Verschwendung ein gutes Argument, aber die Kosten sind das bessere. Die Händler sparen die Müllgebühren und sie sparen Arbeitslohn. Wir nehmen den Mitarbeitern die Arbeit ab. Sie müssen uns die ausrangierten Lebensmittel nur hinstellen, den Rest machen wir.

Machen die Verbraucher mit?

Die Menschen sind sensibler geworden. Früher war es schwierig, Lebensmittel zu verteilen. Einige Leute dachten, ich hätte sie aus der Mülltonne geholt. Viele, vor allem ältere, Menschen, hatten anfangs Scheu, wollten nicht als bedürftig gelten. Jetzt haben sie verstanden, dass die Sachen sonst weggeworfen werden. Das ist gerade für die Kriegsgeneration schwer zu verstehen. Inzwischen schämt sich aus meiner Nachbarschaft niemand mehr, viele sind stolz, dass sie Lebensmittel retten: „Da ist doch nichts dran, warum soll das weg?“ 

Wer sind die klassischen Foodsharing-Kunden?

Die gibt es gar nicht. Früher haben sich vor allem bedürftige Menschen in den Fairteilern oder bei den Ausgabestellen bedient. Wir haben auch schon mal Tüten voller Lebensmittel in die städtische Obdachlosenunterkunft gefahren oder Familien in Not beliefert. Aber der Anteil derer, die nachhaltig leben wollen, steigt. Auch bei uns. 

Aber der Lieferservice ist die Ausnahme?

Ja, das können wir gar nicht leisten. Wir holen die Lebensmittel mit unseren privaten Pkw und wenn wir sie aus hygienischen Gründen verpacken, bezahlen wir auch die Tüten aus eigener Tasche. Wer abholt, bestimmt, was mit den Lebensmitteln geschieht. Vieles wird in eine Fairteilstation gebracht, seit vergangenem Jahr gibt es in der Region sechs davon. Hier kann sich jeder bedienen, solange was da ist. In Hadamar zum Beispiel gibt es dienstags und freitags moderierte Fairteilungen, dort kommen Leute hin, die sicher sein wollen, dass auch etwas da ist. Es soll ja niemand umsonst 20 Kilometer weit fahren. Wenn mein Fairteiler voll ist, dann poste ich was auf unserer Facebook-Seite. Und dann geht es manchmal ganz schnell. Aber ich reserviere nichts. Wer in der Nähe ist, kommt vorbei, schaut, was da ist und freut sich über Obst und Gemüse oder Brot. Aber wir sind keine Grundversorger. 

Müssen Sie auch mal was wegwerfen?

Auch mir passiert es, dass mal was schlecht wird, dass ich Kopfsalat hole und wir dann doch keinen Salat essen. Wenn die Sachen nicht mehr genießbar sind, bringe ich sie zum Kleintierzüchter oder zum Gnadenhof. Aber das Mindesthaltbarkeitsdatum spielt für mich keine Rolle. Dass ein Datum auf die Lebensmittel muss, ist klar. Aber dann sollte man lieber das Herstellungsdatum nehmen. Dann kann jeder selbst entscheiden. Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist oft sehr unrealistisch, gerade bei Molkereiprodukten. Ein Joghurt ist bei guter Lagerung auch mal ein halbes Jahr gut. 

Wie wurden Sie zum Foodsaver?

Durch meine Tochter. Sie hat damals in Frankfurt studiert und Lebensmittel gerettet. Eines Abends rief sie an und wollte geholt werden, weil sie mit Taschen voller Brot und Brötchen vor dem Bäcker stand und so nicht mit dem ÖPNV fahren konnte. Solche Aktionen könnte man eigentlich auch auf dem Land machen, haben mein Mann und ich uns gedacht. Wir sind dann immer donnerstags nach Frankfurt gefahren, haben Brot und Brötchen geholt und versucht, sie hier zu verteilen. Das war 2015 noch ziemlich schwierig. Die ersten festen Abnehmer waren die Bands im Kalkwerk, die haben dann schon immer auf der Straße gestanden, auf uns gewartet und das Auto ruckzuck leergeräumt.

Haben Sie schon mal containert?

Nein, ich würde keine Lebensmittel aus Müllcontainern holen. Nicht für mich und nicht, um sie an andere Menschen zu fairteilen. Man weiß ja nie, warum die Sachen weggeworfen wurden, das kann gefährlich sein. Ich würde mir aber wünschen, dass das Containern nicht mehr strafbar ist. Das Problem ist doch, dass überhaupt genießbare Lebensmittel im Müll landen. Hier müsste der Gesetzgeber ansetzen. So dürfen zum Beispiel in Frankreich Supermärkte seit Jahren keine Lebensmittel mehr einfach wegwerfen, sondern müssen sie an soziale Einrichtungen abgeben.

Was wünschen Sie sich, was können die Verbraucher tun? 

Es bewegt sich schon was. Die Läden kaufen schon bewusster ein, damit sie am Ende nicht mehr so viel übrig haben. Blumen zum Beispiel bekommen wir eigentlich kaum noch, das waren mal viel mehr. Früher haben die Geschäfte kaum Lebensmittel reduziert, sondern gleich weggeworfen, was kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums war. Ich wünsche mir, dass die Kunden nicht die Regale umräumen, um an das am längsten haltbare Lebensmittel zu kommen. Und ich wünsche mir, dass die Bäckereien nicht bis Ladenschluss das gesamte Sortiment vorhalten müssen. Ich wünsche mir, dass wir Lebensmittelretter gar nicht mehr gebraucht werden.