Long-Covid: Bei Selbsthilfegruppe in Limburg Hilfe finden

 Symbolfoto: Syda Productions/stock.adobe

Müdigkeit, Erschöpfung, kaum belastbar sein und ein frustrierender Behördenmarathon - Long-Covid hat viele Symptome. Betroffene erzählen, wie das Miteinander in der Gruppe hilft.

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LIMBURG-WEILBURG. Nur wer es am eigenen Körper erfahren hat, kann die bleierne Müdigkeit nachvollziehen, die Konzentrationsstörungen, die Muskelschmerzen, die immer wiederkehrende Atemnot - alles Symptome, die auf eine Infektion mit dem Coronavirus zurückzuführen sind.

Im Sommer letzten Jahres hat sich in Limburg eine Selbsthilfegruppe (SHG) für Menschen mit dem Long-Covid-Syndrom gegründet. Alle 14 Tage teilen Betroffene ihr Wissen und ihre Erfahrungen zu den gesundheitlichen Langzeitfolgen ihrer Covid-19-Erkrankung, diskutieren über Therapieangebote und Studien, tauschen Erfahrungen aus und geben sich gegenseitig Kraft.

"Ich war sieben Wochen lang krank", berichtet Christine (53), die wie auch die anderen Betroffenen ihren vollen Namen nicht nennen möchte. "Als ich wieder zu arbeiten begann, merkte ich, dass da was nicht stimmt". Christine leitet zusammen mit ihrem Ehemann ein international tätiges Unternehmen. Seit ihrer Erkrankung bleibt die meiste Arbeit an ihm hängen. "Ich versuchte immer wieder, über die eigene Leistungsgrenze zu gehen. Bis zum Crash. Danach ging gar nichts mehr." In der Wiesbadener DKD-Klinik erhielt sie die Diagnose Long-Covid. Nun wartet Christine auf einen Reha-Platz. Am liebsten in Heiligendamm. Denn dort sei man auf Fatique und auf Asthma spezialisiert. Doch die Warteliste ist so lang, dass sie erst im Dezember kommen kann.

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Vom langen Warten auf eine Reha hört Melanie Zeiske (41) immer wieder. Sie ist derzeit Ansprechpartnerin für alle, die sich für die Long-Covid-Gruppe interessieren. Mehr als dreißig Telefonate habe sie allein in einer Woche geführt. Viele Betroffene sprechen von ihrer Odyssee, wenn es um die Anerkennung ihrer Krankheit geht und von dem tiefen Loch, in dem sie emotional stecken. Bei Melanie Zeiske, die in einem Blumengeschäft gearbeitet hatte, wurde die Infektion mit dem Sars-Cov2-Virus im Dezember 2020 per Schnelltest nachgewiesen, ein amtlicher PCR-Test folgte. "Damals war das Gesundheitsamt derart überlastet, dass ich bis heute auf das Ergebnis warte", beklagt sie. Hätte sie seinerzeit gewusst, wie wichtig die Bestätigung mal sein wird, hätte sie den PCR-Test aus eigener Tasche bezahlt. Zwar steht für Melanie Zeiskes Hausärztin außer Frage, dass alle Symptome für Long-Covid sprechen, aber für die Bewilligung spezieller Therapieansätze oder einer Reha-Maßnahme reiche das nicht aus.

Bianca (44) ist Erzieherin und hatte sich wahrscheinlich an ihrem Arbeitsplatz angesteckt. Bald versagte ihre Lunge und sie kam ins Krankenhaus. "Ich bin dem Tod von der Schippe gesprungen - das kann man nicht so einfach wegstecken", sagt sie. Bis heute leidet sie an den Folgen. Die Berufsgenossenschaft (BG) hat eine Berufskrankheit anerkannt und übernimmt die Kosten für ein regelmäßiges Gerätetraining. Für die erhoffte Reha fehlt allerdings noch ein klinisches Attest. "Da warte ich schon seit Oktober drauf", zeigt sie sich enttäuscht.

Auch Krankenschwester Christiane (53) beklagt die schleppende Bearbeitung von Stellen, an die sich aufgrund der Langzeitfolgen Ihrer Sars-Cov-2-Infektion gewandt hat. "Ich habe einfach nicht die Kraft, überall nachzutelefonieren und mich durchzusetzen", sagt sie.

"Wir alle haben Covid überlebt und können dankbar sein", wirft Unternehmerin Christine ein. Nichtsdestotrotz hinterlasse die Erkrankung ein schweres Trauma, an dem alle Betroffenen zu knabbern haben. "Ich kann meinem Körper nicht mehr vertrauen, ich fühle mich innerlich zerbombt", beschreibt sie ihre Verfassung. Früher sei sie eine Macherin gewesen, ein Workaholic. Doch von jetzt auf gleich habe ihr Leben quasi angehalten.

Im Freundeskreis immer wieder erklären zu müssen, dass man nicht mehr dieselbe wie früher ist, empfindet Bianca als große Belastung. Umso glücklicher ist sie über den Austausch in der Gruppe. Hier kann sie auch ihren Kummer über die verlorene Haarpracht teilen. "Vor der Krankheit war mein Haar hüftlang. Durch den Stress fiel es büschelweise aus", denkt sie grausend zurück.

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Eine gesicherte Therapie zur Behandlung des Long-Covid-Syndroms gibt es nicht, dafür sind die Beschwerden zu vielfältig. Zu den häufigsten Symptomen gehören Müdigkeit, Erschöpfung und eingeschränkte Belastbarkeit, Kurzatmigkeit, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, Schlafstörungen, Muskelschwäche und -schmerzen sowie psychische Probleme.

"Ich leide immer noch an Atemnot und werde mit Cortison behandelt", berichtet Krankenschwester Christiane. Dadurch hat sie enorm zugenommen. Unternehmerin Christine hingegen muss aufpassen, dass sie nicht immer dünner wird, denn das Essen empfindet sie als sehr anstrengend. "Man muss lernen, die Ernährung der Situation anzupassen", sagt sie. Das Gleiche gelte für Ruhephasen. "Ich schaue, dass ich immer ein wenig unter der Schwelle meiner zur Verfügung stehenden Energie bleibe", betont Christine. Sie ist schon froh, wenn sie das Duschen und Kochen schafft. Ein 30-minütiger Spaziergang wird zum Höhepunkt der Woche.

Die Long-Covid-SHG hat derzeit rund 20 Mitglieder im Alter zwischen 28 und 74 Jahren. Ein knappes Drittel ist männlich. Die Gruppe trifft sich alle 14 Tage abwechselnd per Video-Konferenz und in Präsenz. Für die realen Gruppentreffen an jedem zweiten Mittwoch im Monat um 17:30 Uhr hat der Malteser-Hilfsdienst in Limburg-Eschhofen einen Raum zur Verfügung gestellt. Kontakt unter info.long-covid@gmx.net.