Die Arbeitsagentur Limburg bietet das Projekt "Frau und Beruf - virtuell wiedereinsteigen" an. Die gelernte Pharmakantin Jasmin Hartmann aus Villmar hat davon profitiert.
VILLMAR. "Ich hätte im Traum nicht gedacht, dass das so schnell geht", wundert sich Jasmin Hartmann noch heute. Die Mutter von vier Kindern war im Frühjahr mit ihrer Familie nach Villmar gezogen. Weil sie deswegen ihren Job als Reinigungskraft in einem Waldemser Kindergarten aufgeben musste und am neuen Wohnort auch keine Kinderbetreuung hatte, meldete sie sich mit wenig Hoffnung auf eine neue Teilzeit-Anstellung bei der Limburger Arbeitsagentur arbeitslos.
Iris Angrick, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt, erkannte das Potenzial der gelernten Pharmakantin und schlug ihr die Teilnahme an dem Projekt "Frau und Beruf - virtuell wiedereinsteigen" vor. Dieses Angebot richtet sich an Frauen, die nach einer Erwerbspause wegen Erziehungs- oder Pflegezeiten eine individuelle Unterstützung bei der beruflichen Eingliederung benötigen. Träger des von der Agentur für Arbeit finanzierten Online-Coachings ist das Bildungswerk der hessischen Wirtschaft (BWHW).
Jasmin Hartmann sagte sofort zu und konnte so das professionelle Wiedereinstiegscoaching zu Hause mit dem Homeschooling ihrer schulpflichtigen Kinder verbinden.
Projektleiterin Karin Motzkuhn erinnert sich: "Vor mir saß eine topqualifizierte Fachkraft mit mehr als 18-jähriger Berufserfahrung in der Pharmaindustrie. Ihr letzter Job als Reinigungskraft im Kindergarten klappte nur deswegen, weil sie die Kinder mitnehmen konnte." Entsprechend mutlos und ausschließlich auf Reinigungsjobs fokussiert sei die 38-Jährige ins Coaching eingestiegen. Rasch habe sie im Austausch mit den anderen Teilnehmerinnen wieder ihr Selbstbewusstsein aufgebaut und sei sehr engagiert in die Arbeitssuche eingestiegen.
"Oft höre ich von Teilnehmerinnen, was nicht geht. Bei Frau Hartmann war das ganz anders. Step by Step ließ sie alle Hürden hinter sich", unterstreicht die Coachin.
Etwa zeitgleich beauftragte die Firma "Oberselters Mineralbrunnen" die Arbeitsagentur mit der Vermittlung einer Labormitarbeiterin. Jasmin Hartmann fand die Stelle im Internet und handelte sofort. "Morgens um halb acht habe ich die Bewerbungs-E-Mail abgeschickt und bekam gegen zehn Uhr schon die Einladung für ein Vorstellungsgespräch", freut sich Jasmin Hartmann.
Absage des Kindergartens
Betriebsleiter Alexander Fritz und Laborleiter Christoph Heil hatten keinen Zweifel, dass sich die 38-Jährige aufgrund ihrer Ausbildung zügig einarbeiten würde. Dass sie nur knapp zehn Minuten Fahrzeit zum Unternehmen hat, war ebenfalls ein wichtiges Kriterium für das Unternehmen. Kurzerhand war man sich einig und der Arbeitsvertrag für den 1. Juni vorbereitet.
Dann der Schock: Die zugesagte Aufnahme des jüngsten Kindes in den Kindergarten wurde seitens der Einrichtung auf den September verschoben. "Ich dachte schon, das war's", offenbart die zierliche Frau. Fritz und Heil wollten die qualifizierte Bewerberin aber nicht so einfach abschreiben. Sie unterbreiteten Jasmin Hartmann den Vorschlag, dass ihr Mann während der dreiwöchigen Einarbeitungszeit der Laborantin Urlaub nehmen und die Kinderbetreuung übernehmen könne. Seit der Einarbeitung arbeitet die neue Kraft nun bis zum September abends, damit die Beaufsichtigung der Kinder durch den Ehemann weiter sichergestellt ist.
"Das Beispiel von Frau Hartmann zeigt sehr anschaulich, dass es manchmal nur begleitender Hilfen, Kreativität und der Bereitschaft, sich auf neue Herausforderungen einzulassen, bedarf, um wieder beruflich Boden unter die Füße zu bekommen. Dabei stimmen wir unser Coaching punktgenau auf den individuellen Bedarf jeder Teilnehmerin ab", resümiert Karin Motzkuhn.
Den großen Erfolg des gemeinsamen Projekts bestätigt auch Iris Angrick von der Arbeitsagentur: "Weil wir in diesem Jahr trotz Corona-Einschränkungen schon neun Teilnehmerinnen beruflich integrieren konnten, haben wir wieder Plätze frei", sagt sie.