Vom Ortsbeirat bis zur Pferdesteuer

Diskussionsrunde in der TAGEBLATT-Lounge: (v.l.) Stefan Anschütz, Thomas Dornoff, Arnold-Richard Lenz, Moderator Mika Beuster, Axel Paul, Matthias Rubröder. Andreas Städtgen und Roland Thoms.   Foto: Glotz
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Vom Ansiedeln von Gewerbe über Ortsbeiräte und Pferdesteuern bis hin zur Windkraft: 300 Bürger haben kurz vor der Villmarer Bürgermeisterwahl bei der...

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Villmar. Vom Ansiedeln von Gewerbe über Ortsbeiräte und Pferdesteuern bis hin zur Windkraft: 300 Bürger haben kurz vor der Villmarer Bürgermeisterwahl bei der TAGEBLATT-Podiumsdiskussion die sieben Kandidaten unter die Lupe genommen.

Unter der Moderation von Redaktionsleiter Mika Beuster liefen Stefan Anschütz (parteilos), Thomas Dornoff (parteilos), Amtsinhaber Arnold-Richard Lenz – der Sozialdemokrat tritt unabhängig an –, Axel Paul (AAV), Matthias Rubröder (CDU), Andreas Städtgen (parteilos) und Roland Thoms (UFBL) schnell warm – auch wenn sie sich in der TAGEBLATT-Lounge zur gemütlichen Sitzrunde getroffen hatten.

Zum Aufwärmen war bei einem Quiz Zahlenwissen rund um den Haushalt gefragt. Die sieben – teils überraschten – Männer schlugen sich rund um die größ;ten Posten und Hebesätze tapfer, auch wenn hier und da mal einer passen musste. "Nicht jeder kann wie mein Nachbar schummeln", bemerkte Rubröder mit einem Augenzwinkern Richtung Paul, der flugs seine Unterlagen ausgepackt hatte.

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Schnell kam aber die Sprache auf die Themen, die die Bürger des Marktfleckens bewegen – Steuer- und Gebührenerhöhungen zum Beispiel. Dornoff nutzte die Gelegenheit, die Einführung einer Pferdesteuer ins Spiel zu bringen. "Wir haben mehr Gäule in den Ställen als Milchkühe, warum soll eine ältere Dame Steuer für ihr Schoß;hündchen zahlen und ein Pferdebesitzer nicht", fragte er. Für Paul war das von "jemandem mit wenig Erfahrung zu kurz gedacht", denn die Pferdebesitzer könnten in andere Gemeinden abwandern. Wenn die Konjunktur gut bleibe, komme man um Steuererhöhungen herum. Falls Fixkosten umgelegt werden müssten, sei es wichtig, die Einwohnerzahl zumindest stabil zu halten. Versuchen, ohne Erhöhungen auszukommen, will Anschütz.

Lenz gab zu bedenken, dass die Gebühren per Gesetz so zu gestalten seien, dass der Gebührenhaushalt ausgeglichen sei. Bei den Steuern könne er für den Zeitraum von sechs Jahren keine "seriöse Aussage" treffen. Erst einmal keine Steuererhöhungen plant Rubröder. "Allerdings habe ich keine Glaskugel und kann nicht versprechen, was in den nächsten sechs Jahren ist."

Kein Interesse habe er an einer Pferdesteuer, sagte Städtgen. Bei den Gebühren gelte es, nicht alles zu akzeptieren. "Da müssen wir schauen, ob wir nicht das eine oder andere für den Bürger einsparen können." Steuererhöhungen seien unbeeinflussbar, der Abbau des Schuldenpfades hingegen vorgegeben, erklärte Thoms.

Die Ideen zur Ansiedlung von mehr Gewerbe reichten von einem "Beraterpool für Villmarer von Villmarern", um die Kosten für Gutachten wegzubekommen (Dornoff) bis hin zu einer Existenzgründeroffensive mit einem Wirtschaftsrat (Rubröder). Gewerbeland werde gebraucht, müsse aber noch erschlossen werden, meinte Lenz mit Blick auf die Pläne mit dem Arfurter Berg. Paul will die Gewerbesteuer auf dem jetzigen Niveau halten, während Städtgen vorschlug, den Freibetrag, auf den keine Gewerbesteuer gezahlt werden müsse, nach oben zu ziehen. Thoms wollte den Überschuss aus dem Haushalt 2018 als eine Art Bonus an die Gewerbetreibenden für Ausbildungsplätze vergeben.

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Position sollten die Kandidaten aber auch zur Windkraft beziehen. Seine Fraktion und seine Person sei Befürworter, erklärte Paul mit Blick auf endliche Ressourcen, Klimawandel und die Atomenergie. Für die anderen sechs Kandidaten ist die Natur ein zu groß;es Pfund, das einen solchen Eingriff nicht rechtfertigen würde.

Die Vorsitzende der Landfrauen: "Zum Seniorentag bringen wir unsere Warmhaltekannen mit"

Wesentlich mehr Befürworter fand hingegen das Lahnmarmor-Museum, dessen Besucherzahlen allerdings zu wünschen übrig lassen und das nach der Entlassung der Museumsleiterin mit einem Team aus Ehrenamtlichen in die neue Saison geht. Die Werbung müsse noch verbessert werden, entsprechende Maß;nahmen würden laufen, sagte Paul. "Das Museum steht auf der falschen Seite", meinte Städtgen und spielte auf die mögliche Zusammenarbeit mit dem Restaurant der König-Konrad-Halle an. "Es ist von Vorteil für die Region, wir können es nicht abreiß;en oder eine Bombe reinschmeiß;en, es muss eine gute Synergie mit der König-Konrad-Halle geben", sagte Dornoff. Ob die 380 Millionen Jahre alte Geschichte nicht Marketing für Villmar sei, fragte Lenz. "Es wäre eine groß;e Sünde gewesen, zu sagen, wir lassen den Marmor links liegen." Rubröder stimmte dem zu: "Das gehört zu Villmars Geschichte und muss bewahrt werden." Anschütz würde auf die Zusammenarbeit mit anderen Kommunen bauen, wie Weilburg oder auch Runkel mit seiner Burg. 1300 Bürger seien dagegen gewesen und "irgendwie" seien diese Stimmen nicht gehört worden, merkte Thoms an.

Als es um die Einführung von Ortsbeiräten im Marktflecken ging, stand Lenz alleine mit seiner Meinung da. "Nur ein Ortsbeirat kann die Probleme in seinem Ortsteil genau ansprechen." Die anderen Kandidaten sahen erst einmal den Bürgermeister als Ansprechpartner.

Gabriele Fluck, Vorsitzende der Villmarer Landfrauen, fragte Lenz, ob für eine weitere Amtszeit geplant sei, dass die König-Konrad-Halle eine Küche bekomme, die auch von der Allgemeinheit genutzt werden könne. "Zum Seniorentag bringen wir unsere Warmhaltekannen von zu Hause mit." Im Zuge der Bebauung des linken Lahnufers sei ein Anbau an die Halle möglich, eine gesonderte Küche dürfte aber schwierig sein. Für vereinsgebundene Arbeit sei im Haushalt Geld für Geschirr vorgesehen, ergänzte Paul.

Detlef Schmidt aus Villmar wollte wissen, ob und wann die Bewerber das Solidaritätsprinzip bei Straß;enbeiträgen umsetzen würden. "Jeder nutzt die Straß;en, mal mehr mal weniger, auf diesem Weg wird es preiswert für jeden Anwohner", sagte Thoms, der sich wie Anschütz, Rubröder, Städtgen und Dornoff dafür aussprach. Lenz erklärte, dass die Festlegung der Abrechnungsbezirke durch einen Gutachter geschehen müsse, was deshalb über ein Jahr dauere. So schnell wie möglich wollte Paul die Änderung umsetzen, es sei aber darauf zu achten, dass es nicht zu sozialen Ungerechtigkeiten komme.

Nach einem verkehrsberuhigten Bereich für die Peter-Paul-Straß;e in Villmar fragte Ingo Neust aus Villmar und gab zu bedenken, dass diese am Kindergarten ende. Paul wies darauf hin, dass es den Versuch schon mal gab, einige Leute aber Probleme gehabt hätten, Schrittgeschwindigkeit zu fahren. Dornoff schlug eine Fuß;gängerzone vor. Das sei wohl etwas übertrieben, er wolle schon noch mit dem Auto zu seinem Haus fahren, meinte Neust. Thoms war dafür, den "Ortssheriff" dort einzusetzen.