Aus für ein Traditionsunternehmen: Die Raiffeisen Waren GmbH hat beschlossen, den Standort zum 31. Dezember dichtzumachen. Eine Entscheidung, die auf Unverständnis stößt.
Weilburg. Am 31. Dezember öffnen sich die Türen des traditionsreichen Weilburger Familienunternehmens Stroh Baustoffe zum letzten Mal. Die Raiffeisen Waren GmbH, zu der die Firma mittlerweile gehört, hat beschlossen, den Standort in Weilburg zu schließen. „Diese Entscheidung kam für uns völlig überraschend“, sagt Standortleiterin Sabine Stroh. Das Geschäft habe immer Gewinne gemacht.
Sabine Stroh, die 1991 in das Familienunternehmen eingestiegen und Enkelin des Geschäftsgründers Eduard Stroh ist, ist auch persönlich enttäuscht. „Dieser Beschluss ist überhaupt nicht schön. In zwei Jahren hätte unser Familienunternehmen sein 100-jähriges Bestehen gefeiert“, sagt sie. Der Firmenname Stroh sei eine „Marke in der Region“. „Die meisten Kunden, die wir beliefert haben, hatten wir in einem Umkreis von rund 25 Kilometern.“ Auch viele treue Stammkunden, die von der Entscheidung der Raiffeisen Waren GmbH im Geschäft gehört hätten, hätten ihr Unverständnis und ihre Betroffenheit zum Ausdruck gebracht.
Angestellte können künftig in Heuchelheim arbeiten
Immerhin, der Gang in die Arbeitslosigkeit bleibt den Angestellten (sieben Mitarbeiter im Büro, zwei LKW-Fahrer, ein Lagerist und drei Aushilfen) offenbar erspart. „Alle haben das Angebot bekommen, künftig am Standort in Heuchelheim bei Gießen zu arbeiten“, sagt Sabine Stroh.
Die Raiffeisen Waren GmbH habe die Entscheidung, den Standort in Weilburg zu schließen, damit begründet, dass die Baubranche derzeit insgesamt in einer Krise sei und es immer schwerer werde, kompetentes Personal zu finden. „Uns wurde gesagt, dass die Einnahmen im Baugewerbe um rund 25 Prozent zurückgegangen seien. Aber bei uns war es nicht so. Wirtschaftliche Gründe können nicht zu dem Beschluss geführt haben“, sagt Sabine Stroh. Die Raiffeisen Waren GmbH teilt jedoch auf Anfrage dieser Redaktion mit, dass der Standort in Weilburg in die Jahre gekommen sei und ein „erheblicher Investitionsstau“ bestehe. Die RW-Gruppe müsste, so ein Sprecher des Unternehmens, „erhebliche Mittel aufwenden“, um die Betriebs- und Geschäftsausstattung so zu modernisieren, dass sie dem Anspruch der Kunden und der Mitarbeiter entsprechen würden. Daher sei die RW-Gruppe zu dem Ergebnis gekommen, dass sich der Standort in Weilburg wirtschaftlich nicht länger tragen werde. Der Sprecher bestätigte, dass den Weilburger Kolleginnen und Kollegen eine weitere Beschäftigung am Standort Heuchelheim angeboten worden sei.
Wie es bis zum 31. Dezember weitergeht, ist unklar
Wie es nun bis zum 31. Dezember weitergehen soll, weiß auch die Standortleiterin noch nicht. „Ich gehe mal davon aus, dass wir es von der Reiffeisen Waren GmbH irgendwann erfahren werden.“
Die Firma Stroh Baustoffe kann auf eine fast 100-jährige Geschichte zurückblicken. Gegründet wurde das Unternehmen 1925 von Eduard Stroh als Kohlenhandlung. Anfang der 1930er-Jahre wurde das Geschäft um den Verkauf von Baustoffen und Landesprodukten erweitert. Im Jahr 1939, mit nur 43 Jahren, verstarb der Firmengründer. Nach seiner Rückkehr aus fast vierjähriger Kriegsgefangenschaft übernahm Sohn Hermann Stroh das Geschäft, zwischenzeitlich wurde es gemeinsam von Lina Stroh und ihren drei Töchtern geleitet.
Nach einer Ausbildung im Groß- und Einzelhandel und einem erfolgreichen BWL-Studium übernahm Sabine Stroh die Geschäfte. Zum 1. Januar 2010 holte sie sich die Firma Keil, ebenfalls ein Familienunternehmen, mit Sitz in Heuchelheim ins Boot, zehn Jahre später erfolgte die Verschmelzung zur Keil Baustoffe GmbH, die Niederlassung Stroh in Weilburg wurde als Gewerbe angemeldet. Die Keil Baustoffe GmbH wurde gleichzeitig eine 100-prozentige Tochter der Raiffeisen Waren GmbH.
Diese hat nun beschlossen, den Standort in Weilburg zu schließen. Eine fast 100-jährige Firmengeschichte wird somit am 31. Dezember 2023 zu Ende gehen.