Weilburger Künstler und das Coronavirus

Die Ruhe und Gelassenheit bei gleichzeitiger Kraft und Stärke faszinieren Doris Happ an Elefanten. Auch deshalb wählt sie die Dickhäuter in der Corona-Zeit gleich mehrfach als Motiv.  Foto: Doris Happ

Durch Corona wird die Kunstszene ausgebremst, das spüren auch die Kreativen der Künstlerkolonie im Weilburger Forum. Einige von ihnen haben sich künstlerisch mit Covid-19 befasst.

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. WEILBURG. Durch Corona wird die Kunstszene komplett ausgebremst. Es gibt keine Ausstellungen, keine Vernissagen, das spüren auch die Kreativen der Künstlerkolonie im Weilburger Forum. Trotzdem sind einige von ihnen nicht untätig gewesen und haben sich künstlerisch mit dem Thema Covid-19 befasst. Herausgekommen sind tolle Werke.

"Seit zwei Jahren arbeite ich an dem Thema Tier und Seele, es entstanden vielfältige Studien, überwiegend Kühe", sagt Doris Happ. In der anfänglichen Coronazeit seien schließlich Elefanten entstanden. Sie habe sich jedoch nicht hingesetzt und überlegt, wie sie das Thema Corona malerisch umsetzen könne. Sie habe aber feststellen müssen, dass die Corona-Situation Einfluss auf die Auswahl der Motive in ihrer Arbeit genommen habe.

Was die Maßnahme "stay at home" betrifft, sei sie nicht so hart getroffen, wie manch anderer. "Ich bin dankbar, einer Leidenschaft nachgehen zu können, die es mit sich bringt, dass man längere Zeit alleine arbeitet", meint Happ. Als Künstlerin sei sie in ihrem Atelier oft im selbst auferlegten "Lockdown" und könne damit sehr gut umgehen.

Die ständigen Meldungen rund um Corona über Infizierte, Todesraten, Wirtschaftskrise, drohende Arbeitslosigkeit seien aber nicht spurlos an ihr vorbeigegangen und hätten Anlass zur Sorge gegeben. Ihr seien oft die ersten Zeilen der "Lebensregel von Baltimore" in den Sinn gekommen. Sie lauten in etwa: "Gehe ruhig und gelassen durch Lärm und Hast dieser Zeit und denke daran, dass wahrer Friede nur in der Stille zu suchen und zu finden ist."

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"Zunächst habe ich den Medienkonsum diesbezüglich nur auf das Wichtigste reduziert, um nicht die Angst und Anspannung zu verstärken", sagt Happ. Dann habe sie sich wieder an die Arbeit gemacht. Aktuell arbeite sie an dem Thema "Anima(l) - Tier und Seele". Sie wisse nicht, warum sie sich entschieden hätte, einen Elefanten zu malen. Es sei aus einem Bedürfnis heraus geschehen, diesen Dickhäuter großformatig lebendig werden zu lassen. Ihre Ruhe und Gelassenheit bei gleichzeitiger Kraft und Stärke fasziniere sie. "Ist es nicht auch genau das, was wir in der aktuellen Situation alle herbeisehnen?", meint Happ. Nun kläre sich für sie auch die Auswahl des Motivs und mache Sinn. Und weil die malereische Auseinandersetzung mit dem Thema Elefant gerade so stimmig sei, habe sie noch weitere Exemplare auf die Leinwand gebannt. Schließlich sei der Elefant ein Herdentier. Diese Elefanten werden von 2. bis 14. August im Rosenhang Museum zu sehen sein.

Auch Edeltraud Göpel war nicht untätig. Die ersten Wochen des Lockdowns seien unwirklich gewesen, deshalb hätte sie erst einmal Ordnung schaffen müssen, indem sie ihr Atelier aufräumte. "Am Anfang hatte ich keine Ideen, wie ich die Katastrophe malerisch umsetzen könnte, dann kamen aber doch welche", erzählt Göpel. Entstanden ist ein gefährlich aussehendes Bild in Acryl. Der erste Blick fällt auf ein kleines Vögelchen, den eine Faust im Würgegriff hält. Darunter ist ein alter Gummihandschuh aufgeklebt. Unterhalb des Vogels prangt ein Auge in Form einer Europaflagge, das andere Auge ist der Form von Covid-19 nachgeahmt und besteht aus einem Schaumgummiball, der mit alten Haarnadeln gespickt ist. Entstanden sind während des Lockdowns noch zwölf weitere Bilder, die aber nichts mit Corona zu tun haben.

Wolfgang Kissel versuchte, einen sogenannten "Hot Spot" darzustellen, eine heiße Konzentration von Krankheitserregern, die sich ungebremst und unkontrolliert ausbreiten. "Dieses Virus wird meiner Meinung nach unser gesamtes Leben nachhaltig verändern; wir müssen lernen, in der Veränderung das Positive zu finden, um weiter existieren zu können und nicht in Hysterie und Angst zu verfallen", sagt Kissel. Er habe den Erreger malen müssen, um sich mit ihm auseinanderzusetzen.

Ihr Vater und sie haben im Mai an einer Kunst-Challenge mit anschließender Online-Ausstellung teilgenommen. "Wir haben uns an einer Aufgabe orientiert, die ich meinen Schülern zu 'Picassos Friedenstaube in Corona-Zeiten' gestellt habe und gemeinsam ein Kunstwerk kreiert", erzählt Judika Dragässer. Picasso sei bekannt dafür gewesen, dass er sich auch mit sozialen Themen auseinandersetzte und mit Schnippseln arbeitete. "Wir haben uns aktuelle Schlagzeilen aus der Zeitung und E-Mails von kommunaler Nächstenliebe in Weilburg rausgesucht und sie verewigt", sagt Dragässer. Besonders positiv in Erinnerung würden ihnen die ökumenischen Bestrebungen der lokalen Kirchen bleiben.

Angelica Kowalewski dagegen hat ihr Bild einer Frau mit Maske zwar schon im letzten Jahr gemalt, nicht ahnend, dass es später für sie eine neue Bedeutung haben sollte, deshalb heißt das Werk heute "Corona 2020". Umgeben von Ungewissheit, Ängsten und Sorgen, aber mit Blick auf eine positive Zukunft, wage sich die Frau auf dem Bild sehr vorsichtig, aber mit klarer Vision durch den unsichtbaren Feind, sagt die Künstlerin.

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Von Sabine Gorenflo