Ein Projekt mit Vorbildcharakter in Wallau? Dort arbeiten Abwasserverband und Energiegenossenschaft zusammen. So kann die Anlage fast die Hälfte der Energie einsparen.
Biedenkopf-Wallau. An den über eine Million Kilowattstunden Strom, die der Betrieb der Kläranlage in Wallau pro Jahr verbraucht, lässt sich kaum etwas einsparen. Stattdessen versucht der Abwasserverband Perfgebiet-Bad Laasphe, die benötigte Menge zu reduzieren, indem er eigene Energie produziert.
Unterstützt wird er dabei nun von der Energiegenossenschaft Marburg-Biedenkopf, die auf zwei Dachflächen der Kläranlage eine Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 30 Kilowattpeak errichtet hat.
"Wir suchen immer nach lokalen Projekten, aus denen möglichst viele Bürger einen Nutzen ziehen", erklärte Wolfgang Brühl, Vorsitzender der Genossenschaft. Eine Kläranlage, deren Arbeit allen Bürgern gleichermaßen zugutekomme, sei dafür geradezu prädestiniert. Zumal sich die Anlage auch im Dauerbetrieb befinde und deswegen ständig Energie benötige. "Unser Ziel in Wallau war es deswegen, eine reine Eigenverbrauchsanlage zu installieren, damit die Kläranlage den erzeugten Strom komplett selbst nutzen kann und zum Beispiel keine Netzentgelte für die Einspeisung anfallen", erläuterte Brühl. Betreiber und Eigentümer der Anlage sei die Energiegenossenschaft, der Abwasserverband pachtet sie lediglich. Rein rechnerisch ergibt sich dadurch ein Strompreis von 12 Cent pro Kilowattstunde. Im Vergleich zu dem derzeitigen Strompreis von rund 30 Cent ergebe sich dadurch eine erhebliche Einsparung, betonte Brühl.
Das Engagement der Energiegenossenschaft Marburg-Biedenkopf passe wunderbar zur eigenen Initiative in diesem Bereich, freute sich auch Verbandsvorsteher Bernd Schmidt. "Wir beschäftigen uns schon seit Langem mit der Frage, wie man die Energieeffizienz unserer Anlagen verbessern kann und arbeiten auch ständig daran", erklärte er.
Rund 50 Prozent der benötigten Energie könne in Biedenkopfer Kläranlage selbst erzeugt werden
So werde bereits seit einiger Zeit mit dem Gas, das bei der Zersetzung in den Faultürmen entsteht, ein Blockheizkraftwerk betrieben, das die Kläranlage mit Strom und Wärme versorgt. Dadurch werden schon jetzt rund 50 Prozent der benötigten Energie selbst erzeugt, ergänzt Geschäftsführer Göran Müller.
Rechnet man den Strom aus der neuen PV-Anlage hinzu, kämen sie auf über 570.000 Kilowattstunden - also mehr als die Hälfte des jährlichen Energiebedarfs. "Und wir werden in diese Richtung gehen und die laufenden Betriebsprozesse daraufhin überprüfen, inwieweit sie für eine Reduzierung der Energiemenge genutzt werden können", sagte Bernd Schmidt.
Das gelte im Übrigen nicht nur für die Kläranlage in Wallau, sondern zum Beispiel auch für die in Elmshausen. Dort gebe es schon konkrete Planungen, ebenfalls PV-Anlagen zur Eigenversorgung zu errichten - auch mit der Energiegenossenschaft. Schmidt sieht darin nämlich auch eine Signalwirkung für weitere Projekte in der Region.
Die Energiegenossenschaft Marburg-Biedenkopf zählt derzeit 230 Mitglieder im gesamten Landkreis. Als größtes Projekt betreibt sie eine Freiflächenanlage in Stadtallendorf mit einer Leistung von 749 Kilowattpeak oder auch eine PV-Anlage auf dem Dach der Kreisverwaltung, deren Strom ebenfalls im Gebäude selbst genutzt werden kann. In absehbarer Zukunft sollen noch vier Windräder nahe Stadtallendorf hinzukommen. Dazu wurde extra die Hopfenberg Windpark GmbH gegründet, bei der die Energiegenossenschaft neben der EAM-Natur und der Stadt Stadtallendorf Gesellschafter ist.
Aber auch die Bürger können sich an den Projekten der Genossenschaft beteiligen, indem sie Geschäftsanteile zeichnen. Das ist bereits ab 100 Euro pro Anteil möglich, erklärte Wolfgang Brühl.