Brigittes Landleben: Fliegender Krokant

Hmm, Bienenstich. So süß und so lecker. Wäre da nur nicht die bisweilen beinharte Krokantschicht. Fotos: Angelika Eder/Gunnar Schlünzen ©

In dieser Woche ist Brigitte Koischwitz im Baumarkt unterwegs. Schwer erschöpft gönnt sie sich anschließend Kaffee und Kuchen. Der Bienenstich weckt peinliche Erinnerungen.

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. Ein goldener Oktober. Dazu ein milder November. Das ist für das große Heer der Heimwerker eine ideale Voraussetzung, allerhand in Haus und Garten zu erledigen. Bei diesen Gegebenheiten kribbelte es auch uns in allen handwerklichen Fingerspitzen. Da sind etwa ein schiefes Gartentor, ein Loch im Zaun und auch hier und da kleine Verbesserungen an den Hochbeeten zu erledigen.

Also machten wir uns auf den Weg in den Baumarkt, um Kleinigkeiten einzukaufen. Dabei ging es um ein paar Latten, Bretter und Balken. Ein Klacks, denkt mancher, der das liest. Doch man bedenke: Hier gilt es etwa zu entscheiden: Wie lang? Wie breit? Gehobelt oder ungehobelt? Tanne, Fichte oder Lerche?

Diese Entscheidungen sind nicht einfach, denn bei den Holzpreisen dieser Tage, verfällst du schnell in Schnappatmung. Kein Wunder also, dass wir ziemlich erschöpft den Baumarkt verließen. Das heißt, verlassen wollten. Denn als wir an der duftenden Kuchentheke der kleinen Cafeteria vorbeikamen, waren wir spontan der Meinung, dass wir uns eine kleine Rast gönnen könnten. Ein Pott Kaffee und dazu ein Stückchen Bienenstich - das sollte uns diesen Augenblick versüßen.

Der Kaffee duftete, dampfte und schmeckte vorzüglich. Doch vieles im Leben musst du dir erst erarbeiten. In diesem Fall die Krokantschicht von dem leckeren Bienenstich. Sie war so knusperhart, dass keine Kuchengabel sie knacken konnte. Auch das von der Verkäuferin dazu gereichte Messer brachte keinerlei Erfolg. Immerhin befanden wir uns ja in einem Baumarkt, da hätte man schnell zu Hammer und Meißel greifen können.

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Als sich schon leichte Schweißperlen, ob dieses Krokantgetümmels auf meiner Stirn zeigten, musste ich an eine Situation vor vielen Jahren denken. Meine Cousinen und ich hatten uns schwer in Schale geworfen. Wir befanden uns auf dem Weg ins Café Kranzler auf dem Kurfürstendamm in Berlin.

Eine edle Adresse, bei der sich sämtliche Berühmtheiten von Film und Fernsehen trafen. Schlank und rank in engen Bleistiftröcken und Schuhen mit sogenannten Pfennigabsätzen stolzierten wir hoch erhobenen Hauptes in das edle Lokal.

Wir fanden uns todschick und diesem feudalen Rahmen total angepasst. Artig bestellten wir Kaffee und Kuchen. Ich entschied mich für ein Krokantgebäck, einen sogenannten Florentiner. Dabei handelt es sich um eine beinharte Krokantschicht mit einem zarten Schokoladenboden.

Meine Cousinen entschieden sich für Schwarzwälder Kirschtorte. Im Nachhinein wäre eine Sahnetorte auch für mich besser gewesen. Denn als ich in vornehmer Art mit der Kuchengabel ein Stück des Florentiners abtrennte, musste ich ziemliche Kraft anwenden. Das hatte zur Folge, dass ein kleines Stück zwar auf meinem Teller blieb, aber der Florentiner selbst, wie ein Frisbee in hohem Bogen zum nächsten Tisch hinüberflog.

Ein junger Mann (vielleicht war er ja Handballer), fing dieses Geschoss geistesgegenwärtig auf und brachte es in elegantem Schwung zu mir zurück. Man kann sich vorstellen, dass dies zur allgemeinen Belustigung führte, was ich als Teenager keineswegs als prickelnd empfand. Ich fühlte mich fürchterlich, mit solch einem peinlichen Akt im Mittelpunkt zu stehen. Bevor hier im Baumarkt unser Bienenstich das Fliegen lernte, löste ich die Geschichte auf recht einfache Weise: Ich nahm das Stück Kuchen in die Hand und biss ab!