Die Dekanatssynode für Biedenkopf-Gladenbach blickt ins Jahr 2030 und fragt: "Wie wollen wir zukünftig Kirche und Gemeinde sein?"
BIEDENKOPF/GLADENBACH. Wie soll die evangelische Kirche im Jahr 2030 aussehen? Diese spannende Frage hat sich die Synode des evangelischen Dekanats Biedenkopf-Gladenbach als inhaltlichen Schwerpunkt ihrer digital per Video stattfindenden Tagung vorgenommen.
In Arbeitsgruppen setzten sich die Synodalen mit dem Zukunftsprozess "ekhn2030" auseinander, den die zugeschaltete Oberkirchenrätin Melanie Beiner von der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau(EKHN) zuvor erläutert hatte.
Zahl der Mitglieder und die Einnahmen sinken
"Wie wollen wir zukünftig Kirche und Gemeinde sein? So wie jetzt? Ganz anders? Ein bisschen anders? Wie entwickeln wir weiter, was wir haben und gut finden? Wie können wir etwas lassen?", fragte die Theologin die rund 100 Synodalen und Gäste, die zuhause vor ihren Computern, Tablets oder Handys saßen. Die Kirchenleitung habe dabei nicht nur im Blick, dass gesellschaftliche Herausforderungen - wie das Bemühen um Nachhaltigkeit und die Digitalisierung - zu berücksichtigen seien, sondern wolle neben dem Verkündigen des Evangeliums unter anderem auch die Arbeit in der Region und die Kommunikation mit ihren Kirchenmitgliedern stärken, berichtete sie.
Dabei müssten auch die Ressourcen angepasst werden: Bis 2030 habe man jedes Jahr rund 140 Millionen Euro weniger zur Verfügung, also etwa 20 bis 30 Prozent weniger im Vergleich zu heute. Zugleich werde die Zahl der Kirchenmitglieder um etwa 20 Prozent zurückgehen, sagte Beiner. Die Prognosen gingen auch von rund 50 Prozent weniger Versammlungsflächen und rund einem Drittel weniger Pfarrern aus.
Einige Vorschläge liegen laut Beiner schon vor: Die EKHN wolle mehr Entscheidungskompetenzen in die Dekanate abgeben und die Nachbarschaftsräume rechtlich und organisatorisch aufwerten, berichtete die Oberkirchenrätin von den Planungen der Kirchenleitung.
Innerhalb der Nachbarschaftsräume - die im Dekanat Biedenkopf-Gladenbach bereits eingerichtet sind - könnten "Verkündigungsteams" aus Pfarrern und Gemeindepädagogen entstehen, die sich aufgaben- und ortsbezogen organisieren sollten. Die Überlegungen sehen außerdem ein gemeinsames Verwaltungsbüro und ein Gebäudekonzept vor, das mit Kooperationspartnern - beispielsweise kommunalen und anderen kirchlichen - vor Ort erstellt wird und sich am Raumbedarf orientiert.
Dabei solle auch an den Aspekt "Digitale Gemeinde" gedacht werden: "Die nachfolgende Generation unterscheidet kaum und lebt in beiden", gab Beiner zu bedenken.
Moderiert von Pfarrer Christoph Gerken als Berater des Instituts für Personalberatung, Organisationsentwicklung und Supervision (IPOS) der EKHN setzten sich die Vertreter der Kirchengemeinden in Arbeitsgruppen anschließend mit dem Thema auseinander.
Auch die Ehrenamtlichen vor Überlastung schützen
Den Beratungen der Dekanatssynodalen kommt eine besondere Bedeutung zu: Die Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen sollen auch der EKHN-Steuerungsgruppe zur Verfügung gestellt werden. Der Zukunftsprozess besitzt für die Neuausrichtung der Landeskirche laut Kirchenleitung "herausragende Bedeutung" und wird als "Prioritätenprozess" bezeichnet.
Einige Trends wurden bei den anschließenden, bewusst kurz gehaltenen Berichten aus den Gruppen bereits deutlich: Demnach ist den Synodalen unter anderem wichtig, dass sowohl die besondere Situation der ländlichen Dekanate und auch die regionalen Unterschiede innerhalb eines Dekanats bei den Planungen berücksichtigt werden und dass Gemeinden und Verkündigungsteams die notwendigen Gestaltungsspielräume bekommen.
Mehrfach äußerten die Sprecher auch den Wunsch nach einer Reduzierung des Verwaltungsaufwands, nach einer Kommunikationsstrategie, um alle Menschen in den Gemeinden mit auf den Weg nehmen zu können und nach einer professionellen Beratung während des Prozesses sowie beim Gebäudemanagement. Außerdem müssten Haupt- und Ehrenamtliche vor Überlastung geschützt werden: "Nicht jeder muss alles machen", hieß es.
"Wir sind dankbar für die Anregungen", sagte Oberkirchenrätin Beiner und versicherte, dass die Kirchenleitung die Unterstützung für die Verkündigungsteams vor Ort im Blick habe. Auch sei ihr wichtig, dass die Gemeinden den Prozess für sich ausgestalten könnten und Spielraum für Entscheidungen hätten, auch was die Gebäude betrifft.
Die Kommunikation sei für den Prozess sehr wichtig, ergänzte Pröpstin Sabine Bertram-Schäfer, in dieser Eigenschaft selbst Mitglied der Kirchenleitung: "Die Gemeindemitglieder wissen sehr wenig darüber und müssen mitgenommen werden", betonte sie.
Sie wolle darauf achten, dass der "Landfaktor" berücksichtigt werde, sagte Bertram-Schäfer, die das Thema "Kirche im ländlichen Raum" schon in ihrem Grußwort an die Synodalen als einen von drei Schwerpunkten ihrer Arbeit genannt hatte.
Sie wolle "bewusst machen, wie schön der Pfarrdienst oder die Arbeit auf dem Dorf oder im ländlichen Umfeld sein könne", hatte sie erklärt. Die beiden anderen Schwerpunkte wolle sie in der Ökumene auch mit den freievangelischen Christen und in der Diakonie setzen.