Klein sind die Herausforderungen nicht, denen sich A. Cornelia Bönnighausen beim DRK-Kreisverband Biedenkopf stellen muss. Die neue Vorstandsvorsitzende beschäftigt sich nicht...
Biedenkopf. Klein sind die Herausforderungen nicht, denen sich A. Cornelia Bönnighausen beim DRK-Kreisverband Biedenkopf stellen muss. Die neue Vorstandsvorsitzende beschäftigt sich nicht nur mit dem 18-Millionen-Euro-Bauprojekt am Krankenhaus.
Das Büro des Vorstandsvorsitzenden und Geschäftsführers lernte A. Cornelia Bönnighausen schon vor vielen Jahren kennen. Damals verhandelte sie für die AOK-Hessen über das Budget des DRK-Krankenhauses.
Den großen Tisch gibt es noch, doch der Schreibtisch ihres Vorgängers Willy Welsch, der hat einem modernen Möbel Platz machen müssen. Nun steht dort ein höhenverstellbarerer Arbeitsplatz, an dem die neue Chefin auch mal im Stehen am Computer über den Zahlen brüten kann.
Und nicht nur diese Äußerlichkeit fällt in einem ersten Gespräch auf. Immerhin ist Bönnighausen, die sich selber auch als „Kontrollfreak“ bezeichnet, nun schon seit fast sieben Wochen die Chefin im Kreisverband.
Aus dem Schatten ihres Vorgängers ist sie längst herausgetreten, setzt erste Akzente, weiß genau, was sie da für einen Berg an Aufgaben vor sich hat. Diesen zu bewältigen, scheut sie nicht und lächelt dabei. „Mir ist eine gute Qualität wichtig“, betont sie an verschiedenen Stellen des Gespräches.
Aus der gelernten Krankenschwester ist heute eine erfahrene Managerin geworden
Sehr schnell wird deutlich, dass der DRK-Kreisverband wieder eine Führungspersönlichkeit gefunden hat, die sowohl Managererfahrungen hat als auch ehrenamtliche Arbeit und Strukturen gut kennt.
Als gelernte Krankenschwester und Rettungssanitäterin weiß sie um die besonderen Anforderungen, die von ihren heutigen Mitarbeitern erwartet werden.
Und dann kommt eben ihre berufliche Entwicklung der vergangenen fast zwei Jahrzehnte dazu, die sie zu einem Profi für eine Leitungsposition im Krankenhausgeschäft haben werden lassen.
Aus Nordhessen stammend, kam sie auch der Liebe wegen Ende der 1980er Jahre nach Marburg. Dort arbeitete sie unter anderem für Markus Müller und seinen damals fast revolutionär anmutenden privaten Rettungsdienst. Der machte den etablierten DRK-Kreisverbänden Marburg und Biedenkopf plötzlich Konkurrenz.
Einige Allergien stoppten dann ihren beruflichen Weg. Sie absolvierte ihr Abitur am Abendgymnasium, studierte anschließend an der Fachhochschule Gießen-Friedberg und fand einen ersten Verwaltungsjob im Controlling am Uniklinikum Gießen. Von dort ging es für einige Jahre auf die andere Seite des Verhandlungstisches: zur AOK-Hessen. Bald saß sie in verantwortlicher Position den Krankenhausbetreibern gegenüber, eben auch in Biedenkopf.
Doch das Aushandeln von Budgets war für sie keine Lebensaufgabe. Und so freute Bönnighausen sich, dass sie in die Führungsspitze des Auguste-Victoria-Krankenhauses in Ehringshausen einsteigen durfte, damals noch unter der Trägerschaft der „evangelischen Frauenhilfe im Rheinland“. Nach einer Episode des Hauses als Teil der WertKlinik-AG erfolgte 2007 der Übergang zu einer privat geführten Gesellschaft. Bönnighausen wurde Geschäftsführerin.
Es folgten dann fast drei Jahre in Niederbayern. Ihr Mann arbeitete in der IT-Branche nahe München und im Landkreis Passau war die Leitungsposition für drei Krankenhäuser frei. Wieder eine neue Herausforderung, die ihr lag.
Neben der Führung dreier ganz unterschiedlich und eigenständig arbeitender Einheiten kam dann völlig überraschend auch noch der Flüchtlingsstrom hinzu. Diesem war man im Landkreis Passau, durch die unmittelbare Nähe zur Grenze nach Österreich, ganz hautnah ausgesetzt.
Wenn Bönnighausen über diese Erfahrungen spricht, merkt man heute noch, wie nah sie nicht nur die Not und Probleme der Flüchtlinge erlebt hat, sondern auch, welchen Aufgaben sich damals die Mitarbeiter in den Krankenhäusern und Rot-Kreuzverbänden haben quasi über Nacht stellen müssen.
Doch auch diese berufliche Episode ist nun beendet. Bönnighausen ist jetzt Chefin im Hinterland. Sie lebt mit ihrem Mann in Fronhausen/Lahn und sorgt sich nun um die Zukunft des DRK-Kreisverbandes Biedenkopf. Wobei das Sorgen in diesem Falle nicht negativ gemeint ist, das betont sie im Gespräch auch.
Sie ist aber auch Realist genug, um sich der Schwere dieser Aufgabe bewusst zu sein. Den Teil der Verantwortung für den ehrenamtlichen Bereich des Verbandes lässt sie nicht außen vor, er ist nur gerade in der Außenwirkung nicht so dominant.
Die Pläne für den Um- und Anbau am Krankenhaus werden komplett überarbeitet
Da steht das 18-Millionen-Projekt am DRK-Krankenhaus im Vordergrund. Basierend auf den Vorstellungen des Jahres 2011 müsse nun, wo die Fördergelder zugesagt sind, neu geplant werden. Denn auch das Krankenhauswesen ist einem steten Wandel unterzogen.
Aktuell gilt es, eine Neurologie-B-Station in das Objekt einzuplanen. Das bedeutet neue Herausforderungen an das Haus, die Mitarbeiter und die Arbeitsabläufe. 2018 werde sicher für Planungen und Auftragsvergaben benötigt, so Bönnighausen. Ab 2019 könnten dann wohl die Arbeiten anlaufen. Und dann gibt es noch eine zweite große Aufgabe: Die Herauslösung des Krankenhauses und der Altenzentren aus dem Kreisverband hin zu eigenständigen Wirtschaftsunternehmen. Das ganze aber weiter unter Regie des DRK Biedenkopf.
Für die hauptamtliche Vorstandvorsitzende ist das ein ganz wichtiger Punkt, um die ehrenamtliche Führung ein Stück weit aus der privaten Haftung zu entlassen, in der sie durch das heutige Betreiberkonstrukt steckt.
Bönnighausen erhofft sich auch eine offene Diskussion darüber, was sich dieses Land als Gesundheitsvorsorge leisten möchte. Unzufrieden ist sie mit den Vorgaben der Verantwortlichen in Berlin. Etwa 26 neue Gesetze oder Änderungen habe es allein in der vergangenen Legislaturperiode gegeben, damit könne kein Krankenhausbetreiber auf Dauer glücklich sein.
Sie hält auch für ein Haus wie Biedenkopf das Belegarztsystem für das genau richtige: „Es ist wirtschaftlich und für den Patienten toll“. Denn vom Erstkontakt mit dem Facharzt bis zur Nachbehandlung werde dieser vom gleichen Menschen betreut. Ob allerdings das im Einklang mit politischen Rahmenbedingungen und den Vorstellungen von Arbeitsbedingungen künftiger Ärztegenerationen steht, bezweifelt sie.
Die Entwicklung im Krankenhausgeschäft bezeichnet sie als spannend. Das klingt alles nach einer Arbeit mit vielen Unbekannten und Herausforderungen. Und trotzdem hat sie sich entschieden, die Aufgabe in Biedenkopf anzunehmen: „Weil mir so was Spaß macht“.