Gladenbach macht weiter Schulden

Die Tage des alten Busbahnhofs in der Gladenbacher Innenstadt sind gezählt: Die Kommune plant in diesem Jahr 760.000 Euro für den Neubau von mindestens sechs Haltestellen am Marktplatz ein.

Investitionen in Millionenhöhe plant die Stadt für Kindergärten, Feuerwehr und Nahverkehr. Das Geld muss sich Gladenbach bei der Bank leihen, Steuererhöhungen stehen aber nicht an.

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Gladenbach. Zum dritten Mal in Folge rutscht Gladenbach tief ins Minus. Während die Nachbarkommunen Dautphetal und Biedenkopf in diesem Jahr mit einem ausgeglichenen Haushalt rechnen, geht die Stadt in ihrer Finanzplanung von einem fast siebenstelligen Fehlbetrag aus. Kräftig investiert werden soll trotzdem – und zwar ohne die Steuern zu erhöhen.

„Ein bisschen Lesestoff“ gab Bürgermeister Peter Kremer (parteilos) am Donnerstagabend den Stadtverordneten mit auf den Weg. 1410 Gramm schwer und 552 Seiten dick ist der Gladenbacher Haushaltsplan, einschließlich des Wirtschaftsplans der Bädergesellschaft. Die Kommunalpolitiker werden darüber in fünf öffentlichen Ausschuss-Sitzungen im März beraten. Geplant ist, den Etat am 16. März zu verabschieden.

Während seiner 27-minütigen Präsentation zeigte Kremer den Stadtverordneten einige Eckdaten des Zahlenwerks für 2023 auf. Auf die Rahmenbedingungen und die möglichen Auswirkungen der Gladenbacher Finanzkrise ging er nicht ein. Der Bürgermeister beschränkte sich auf die nackten Zahlen. Und selbst die waren für die politischen Entscheidungsträger und die wenigen Zuschauer oft nur schwer nachvollziehbar. Die dazu auf einer Leinwand gezeigten Grafiken und Tabellen verfehlten ihr Ziel, da sie aufgrund der Entfernung zu den Sitzplätzen kaum zu erkennen waren.

Stadt nimmt Kredite in Höhe von 2,32 Millionen Euro auf

Das städtische Zahlenwerk hat ein Gesamtvolumen von 29,5 Millionen Euro. Der Ergebnishaushalt weist einen Fehlbetrag von 853.000 Euro aus. „Das ist im Vergleich zur Planzahl 2022 doch schon ein ganzes Stück weniger“, sagte Kremer. Im Vorjahr lag das Minus bei 1,37 Millionen Euro.

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Um alle geplanten Investitionen tätigen zu können, muss sich die Stadt in diesem Jahr 2,32 Millionen Euro von den Banken leihen. Im Gegenzug sollen Kredite in Höhe von 980.000 Euro getilgt werden.

In seinem Vorbericht zum Haushaltsplan geht Kremer etwas näher auf einige Finanzprobleme ein. Dort heißt es: „Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz stellt die Stadt Gladenbach auch weiterhin vor große Herausforderungen.“ In Zahlen ausgedrückt bedeutet das: 4,8 Millionen Euro muss die Kommune in diesem Jahr zuschießen, um den Betrieb in den Betreuungseinrichtungen in Gladenbach, Weidenhausen, Mornshausen, Erdhausen und Runzhausen aufrechtzuerhalten.

Bei Bränden und starker Rauchentwicklung sind Atemschutzgeräte unerlässliche Hilfsmittel für die Arbeit der Feuerwehrleute: Die Stadt Gladenbach investiert in diesem Jahr 50.000 Euro, um die Geräte auszutauschen.
Bei Bränden und starker Rauchentwicklung sind Atemschutzgeräte unerlässliche Hilfsmittel für die Arbeit der Feuerwehrleute: Die Stadt Gladenbach investiert in diesem Jahr 50.000 Euro, um die Geräte auszutauschen. (© Michael Tietz)

Investitionen in Millionenhöhe sind hier ebenfalls nötig. Denn noch immer gibt es nicht genügend Betreuungsplätze im Stadtgebiet. Deshalb steht für die nächsten Jahre der Bau einer Kita in der Kernstadt auf dem Plan. Fünf Millionen Euro sind dafür vorgesehen. Der Standort ist noch ungewiss. Der alte Bahnhof scheidet nach einem Beschluss der Stadtverordneten dafür aus. Mit jeder zusätzlichen Kindergartengruppe steigen auch die Betriebskosten – um mindestens 200.000 Euro pro Einheit.

Eine weitere Pflichtaufgabe der Stadt ist der Brandschutz. Im Investitionsplan stehen für dieses Jahr unter anderem neue Löschfahrzeuge für Rachelshausen (110.000 Euro) und Römershausen (130.000 Euro). Eine zusätzliche Löschwasserzisterne (120.000 Euro) und neue Fenster für den Feuerwehr-Stützpunkt in der Kernstadt (50.000 Euro) sind ebenfalls vorgesehen.

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Um die Notstromversorgung in den Feuerwehrhäusern zu verbessern, sollen 25.000 Euro ausgegeben werden. „Diese haben wir über viele Jahre sträflich vernachlässigt“, erklärte Kremer. Für den Austausch der Atemschutzgeräte sollen 50.000 Euro bereitgestellt werden.

Zwingender Handlungsbedarf ist geboten, da die Stadt aktuell sämtliche Rücklagen aufbraucht, um einen Haushaltsausgleich zu ermöglichen.

PK
Peter Kremer Bürgermeister

Außerdem enthält der Haushaltsplan mehrere Verpflichtungsermächtigungen. Diese ermöglichen es der Stadt, die Planungen für die Projekte bereits zu starten. Die finanzielle Abwicklung ist dann im Jahr 2024 vorgesehen.

Dazu zählt der neue Standort der Feuerwehr-Abteilungen Runzhausen, Sinkershausen und Bellnhausen. Unklar ist noch, ob die Stadt einen Generalunternehmer mit dem etwa drei Millionen Euro teuren Bau in Runzhausen beauftragt oder das Projekt – ähnlich wie in Niederdieten – mit der Sparkasse abwickelt. Dort trat die Bank als Investor auf und vermietet das Gebäude für 25 Jahre an die Gemeinde Breidenbach. Ein Wirtschaftlichkeitsgutachten für das Vorhaben ist in Auftrag gegeben worden. Weitere 160.000 Euro sollen 2024 in ein neues Löschfahrzeug für Weitershausen fließen.

Für den neuen Busbahnhof am Gladenbacher Marktplatz plant die Stadt 760.000 Euro ein. „Ob diese Summe reichen wird, erfahren wir vielleicht am 2. Februar“, kündigte der Bürgermeister an. Dann findet eine nicht-öffentliche Informationsveranstaltung für die Stadtverordneten statt. Das beauftragte Ingenieurbüro wird an diesem Abend die überarbeiteten Pläne vorstellen. Für den Bau barrierefreier Bushaltestellen im Stadtgebiet sind weitere 577.000 Euro vorgesehen.

Höhere Steuern müssen die Gladenbacher Bürger in diesem Jahr wohl nicht befürchten. Die Hebesätze für die Gewerbesteuer (400 Prozent), Grundsteuer B (475 Prozent) und Grundsteuer A (350 Prozent) sollen laut Kremer nicht aufgestockt werden. Auf Dauer könne dies aber nicht ausgeschlossen werden. Im Haushaltsvorbericht schreibt der Bürgermeister: „Zwingender Handlungsbedarf ist geboten, da die Stadt aktuell sämtliche Rücklagen aufbraucht, um einen Haushaltsausgleich zu ermöglichen.“