Ob auf dem Land bei der Freiwilligen Feuerwehr Erdhausen oder in der großen Stadt bei der Berufsfeuerwehr Frankfurt: Kevin Pelzl ist gerne Brandschützer. Was macht den Job aus?
GLADENBACH/FRANKFURT. Wie wird man hauptberuflicher Feuerwehrmann? Was sind die Aufgaben der Brandschützer und sind freiwillige Berufsfeuerwehr und die hauptberuflicher Brandschutz überhaupt vergleichbar? Unser Volontär Patrick Stein, selbst nebenberuflicher Notfallsanitäter, spricht mit Kevin Pelzl. Der 30-jährige Hinterländer arbeitet als hauptberuflicher Brandschützer einer der größten deutschen Arbeitgeber im Bereich der Brandbekämpfung - der Frankfurter Berufsfeuerwehr.
Herr Pelzl, wie lange sind sie in einer Feuerwehr tätig?
Ich bin mit zehn Jahren zur Jugendfeuerwehr Erdhausen gekommen. Und noch immer ehrenamtlich tätig.
Leseempfehlung: %3C/em>Lahn-Dill-Kreis: Infektionszahlen bei Schülern steigen stark
Das ist jetzt 20 Jahre her.
Ja und es wird auch noch lange so bleiben.
Wie kam es dazu?
Auf dem Dorf gibt es nicht viele Vereine. Bei mir war es die familiäre Prägung. Mein Vater und mein Großvater waren schon sehr engagiert bei der Freiwilligen Feuerwehr. Es wurde mir quasi in die Wiege gelegt. Außerdem hat ja jedes Kind irgendwann den Wunsch bei der Feuerwehr zu arbeiten. Bei mir ist das dann hängen geblieben.
Gibt es Vorbilder?
Nein, nicht wirklich.
Hatten Sie schon immer den Wunsch, Berufsfeuerwehrmann zu werden?
Ja, ich habe konsequent daraufhin gearbeitet und mir meinen Traum erfüllt.
Wie sah das konkret aus?
Mit 10 bin ich wie gesagt in die Jugendfeuerwehr eingetreten. Mit 17 bin ich dann zu den Erwachsenen gewechselt. Nach der Schule habe ich eine technische Ausbildung gemacht und daran ein FSJ und eine Ausbildung zum Rettungsassistenten angeschlossen. Bevor ich mich dann bei mehreren Feuerwehren beworben habe.
Warum die Umwege?
Es sind keine Umwege. Eine Berufsfeuerwehr stellt niemanden ohne Ausbildung ein. Gern gesehen sind handwerkliche Ausbildungen in den Bereichen Holz- und Metallverarbeitung. Aber auch andere Fertigkeiten sind wichtig. So machen alle Feuerwehrleute auch eine notfallmedizinische Ausbildung. Das spart sich der Arbeitgeber, wenn er bereits Anwärter zur Ausbildung aufnimmt, die eine Ausbildung zum Rettungssanitäter, Rettungsassistenten oder Notfallsanitäter in der Tasche haben.
Hat Ihnen die Zeit in der Freiwilligen Feuerwehr weitergeholfen?
Meine Brandmeister-Ausbildung hat sich dadurch nicht verkürzt und ich habe die Grundlehrgänge nochmal machen müssen. Das ist aber kein Problem gewesen, weil man im Ernstfall nicht überlegen muss, sondern die Handgriffe alle sitzen. Oft war es auch von Vorteil, nicht zu sehr an die große Glocke zu hängen, dass man bei einer freiwilligen Feuerwehr ist. Sonst musste man den Vorturner geben.
Wie ging es nach der Ausbildung zum Rettungsassistenten weiter?
Zunächst habe ich mich für die Ausbildung zum Brandmeister in mehreren Großstädten beworben. Gelandet bin ich dann in Berlin.
Warum Berlin?
Das hat viele Gründe. Zunächst hat Berlin ein sehr gutes Ausbildungskonzept. Die Stadt pulsiert und das Einsatzspektrum ist sehr weit gefasst. Keine Berufsfeuerwehr bildet mehr Brandmeister aus. Außerdem hat die Berliner Feuerwehr eine große Geschichte. Sie war die erste deutsche Berufsfeuerwehr überhaupt und darauf sind die Kollegen heute noch sehr stolz.
Wie war es, in Berlin zu leben und zu lernen?
Es war eine tolle Erfahrung. Natürlich war es eine ziemliche Umstellung, weil alles größer und schnelllebiger ist. Aber die Kollegen haben mich toll aufgenommen. Durch die Größe der Ausbildungsjahrgänge kommen junge Menschen aus ganz Deutschland zusammen und verfolgen ein Ziel - sie wollen Feuerwehrmann werden. Da wächst man schnell zusammen.
Warum dann der Wechsel nach Frankfurt?
Mir war eigentlich schon zu Beginn meiner Ausbildung klar, dass ich wieder näher an zu Hause arbeiten möchte. Natürlich war auch etwas Glück dabei, als ich mich beworben habe. Aber mir war die Nähe zu meinen Freunden und meiner Familie im Hinterland wichtig.
Sie pendeln nach Frankfurt?
Ja. Wie alles hat auch das Pendeln Vor- und Nachteile. Auf der einen Seite kann ich gut dabei abschalten, wenn ich entweder Musik oder einen Podcast höre. Auf der anderen Seite bedeutet das, dass ich morgens um halb fünf aufstehe und dann oft 30 Stunden am Stück wach bin.
So lange?
Ja, unsere Dienste dauern 24 Stunden. Dann kommen noch Fahrzeiten und Übergabezeiten hinzu.
Trotzdem sind Sie zufrieden?
Natürlich. Viele Menschen haben oftmals keine richtigen Vorstellungen von bestimmten Berufsbildern. Das ist bei der Feuerwehr oft auch so. Es ist nicht alles Gold, was glänzt und man muss auch bereit sein, bestimmte Abstriche zu machen. Aber trotzdem ist es ein Traumberuf.
Was macht den Beruf so besonders?
Kein Tag ist wie der andere. Wir haben viele schöne Momente, aber auch viele Ausnahmesituationen. Wir helfen Menschen in Not. Neben einem hohen Maß an Empathie kommt dann noch die ganze Technik hinzu, die es auch interessant macht. Wir erhalten eine Aufgabe und die gilt es dann zu lösen. Es ist mein Traumjob mit Ecken und Kanten. Man darf bei all den schönen Dingen aber auch nicht vergessen, dass wir manchmal unser Leben riskieren.
Was sind die typischen Aufgaben bei der Berufsfeuerwehr?
Unser Aufgabenspektrum unterscheidet sich eigentlich kaum von dem einer freiwilligen Feuerwehr. Wir helfen, wo wir gebraucht werden. Bei Bränden, Verkehrsunfällen, Rettungseinsätzen, kleinen und großen Katastrophen. Hinzu kommt aber, dass in großen Städten, wie etwa Frankfurt, Berlin oder Köln die Feuerwehr auch für den Rettungsdienst zuständig ist. Deshalb muss auch jeder Berufsfeuerwehrmann mindestens Rettungssanitäter sein. Bei einigen Feuerwehren sogar Notfallsanitäter.
Wo liegen die Unterschiede zwischen hauptberuflichen und freiwilligen Feuerwehrmännern?
Der Hauptunterschied liegt wohl in der Ausbildung und im Know-how. Natürlich haben die Freiwilligen Feuerwehren ein großes Wissen und arbeiten im Großen und Ganzen auch super. Das Ehrenamt ist unheimlich wichtig und ohne die vielen freiwilligen Helfer würden die vielen Aufgaben gar nicht bewältigt werden können. Aber es ist einfach etwas anderes, wenn man seine Tätigkeit hauptberuflich ausübt und jeden Tag übt und theoretischen Unterricht hat, oder nur an einem Abend in der Woche zusammenkommt und alle paar Wochen einen Einsatz abarbeitet.
Bei den Freiwilligen gibt es besondere Ausbildungen, etwa für Maschinisten, Funker, Atemschutzgeräteträger. Ist das bei der Berufsfeuerwehr auch so?
Nein. Wir haben alle in der Ausbildung die unterschiedlichen Aufgabenbereiche behandelt und können im Einsatz jede Aufgabe übernehmen.
Gibt es viele Frauen bei den hauptberuflichen Feuerwehren?
Aktuell ist die Berufsfeuerwehr noch eine Männerdomäne, aber hier und da gehen auch mittlerweile Frauen diesen Weg.
Wie wirkt sich der Beruf auf die Tätigkeit bei der freiwilligen Feuerwehr zu Hause aus?
Ich werde ab und an gefragt, wie wir bestimmte Einsatzszenarien bei der Berufsfeuerwehr abarbeiten. Da ich schon zwei kenne, ist das natürlich immer von Vorteil. Aber es ist jetzt nicht so, dass ich mich in den Vordergrund dränge und bestimme, wie der Hase läuft. Wenn man hauptberuflich so viel Blaulicht um die Ohren hat, dann ist man abends froh, wenn mal Feierabend ist.
"Man muss sich schon ordentlich vorbereiten."
Kevin Pelzl, Berufsfeuerwehrmann
Welche Eigenschaften sollte man mitbringen, wenn man zur Feuerwehr will?
Ganz wichtig ist die Fähigkeit, im Team zu arbeiten. Disziplin, Willensstärke, einen gewissen Ordnungssinn, Empathie und Lernwilligkeit zählen ebenfalls zu den Dingen, die man mitbringen sollte. Außerdem ist es wichtig, körperlich und geistig belastbar zu sein. Dadurch, dass kein Einsatz dem anderen gleicht, ist es wichtig, dass man sich immer neuen Situationen stellen kann. Wir werden auch mit viel Leid konfrontiert, das sollte man nie vergessen.
Wie hart sind die Auswahlverfahren?
Die Auswahlverfahren bestehen aus theoretischen und mündlichen Teilen sowie einem Fitness-Test. Sie sind von Feuerwehr zu Feuerwehr unterschiedlich und mit dem Auswahlverfahren der Polizei oder Offiziersausbildung bei der Bundeswehr vergleichbar. Das macht durchaus Sinn, denn wir werden auch verbeamtet. Heißt, man muss sich schon ordentlich vorbereiten.
Und die Ausbildung?
Wenn man einen Ausbildungsplatz ergattern konnte, fängt der Spaß erst an. In 18 Monaten lernt man das Handwerkszeug, was man braucht. In vielen Theorie- und Praxisunterrichten wird das Wissen vermittelt, das man als Berufsfeuerwehrmann benötigt. Ich glaube, ich habe in 18 Monaten 28 Klausuren geschrieben. Einige schaffen das Pensum auch nicht und brechen mittendrin ab. Aber auch nach der Ausbildung gibt es in der einsatzfreien Zeit Unterricht, während der Dienste.
Welche Entwicklungsmöglichkeiten gibt es?
Es gibt, je nach Ausbildungsstand, unterschiedliche Laufbahnen um Feuerwehrdienst. Mit Dienstjahren und entsprechenden Fortbildungen stehen einem unterschiedliche Fortbildungs- und Führungsmöglichkeiten offen. Es sollte sich aber jeder darüber im Klaren sein, dass mit steigendem Gehalt auch die Verantwortung wächst. Man verbringt mehr Zeit am Schreibtisch und weniger im täglichen Geschäft.
Was stellen Sie sich für die Zukunft vor?
Momentan mache ich den Job, den ich machen will. Ich habe noch keine Lust, mich hinter einen Schreibtisch zu klemmen. Es ist aber beruhigend zu wissen, dass die Möglichkeiten der persönlichen Weiterentwicklung so vielfältig sind. In anderen Berufszweigen ist dies leider nicht so.
Was wünschen Sie sich für die Feuerwehr?
Ich hoffe, dass unsere Arbeit, egal ob freiwillig oder hauptberuflich, mehr Anerkennung und Wertschätzung erfährt. Es ist zwar für viele Menschen ein Kindheitstraum, aber das Ehrenamt ist vielerorts massiv eingebrochen. Wir brauchen auch da gute Leute, die den Laden am Laufen halten. Viele haben auch falsche Vorstellungen vom Arbeitsalltag. Das sieht zwar alles schön aus, mit den bunten Lichtern, aber wie viel Arbeit und Ausbildung jeder dafür aufbringt, wird oft verkannt. Das Verhältnis zur Feuerwehr ist in der Bevölkerung sehr ambivalent. Auf der einen Seite Retter, auf der anderen Seite, die, die den ganzen Tag auf der Wache hängen, zu einem Fehlalarm oder der Dönerbude mit Blaulicht fahren und vielleicht mal eine Katze aus dem Baum holen. Das Image ist auf jeden Fall noch verbesserungswürdig. Das Ehrenamt und auch die hauptberuflichen Feuerwehren benötigen immer Unterstützung.
Lesen Sie auch: %3C/em>Omikron-Impfstoff: Zulassungsbehörde lässt Biontech zappeln
Was ist für Sie das Wichtigste?
Man sollte nie seine Ziele aus den Augen verlieren und an diese und an sich selber glauben. Auch, wenn es manchmal hart ist. Dann muss man sich eben durchbeißen.
Das Interview führte Patrick Stein.