Kirschenmarkt: Debatte um Organisation neu entfacht

Der Festzug am Sonntagnachmittag ist stets ein Höhepunkt und Besuchermagnet beim Kirschenmarkt – im vergangenen Jahr wirkten unter anderem das Blasorchester des VfL Marburg und die Gladenbacher Feuerwehr mit. In der Stadt läuft nun eine Diskussion, wer das Volksfest künftig organisieren soll.

Das Gladenbacher Volksfest soll in erprobter Form vorbereitet werden. Als „nicht sinnvoll“ stuft der Magistrat der Stadt die Idee ein, die Ausrichtung an eine GmbH zu übertragen.

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Gladenbach. Viele Jahre kümmerte sich die Gladenbacher Stadtmarketing-Gesellschaft federführend um die Ausrichtung eines der größten Freizeitangebote der Region. Dann wechselte die Verantwortung für den Kirschenmarkt hinüber ins Rathaus. Und dort soll sie auch bleiben, betont der Magistrat der Stadt.

Die politische Debatte über die Organisationsform des Volksfestes bekommt neue Nahrung. Auslöser war ein Antrag der Freien Wähler. Damit forderte die Fraktion den Magistrat um Prüfung auf, ob die Ausrichtung des Kirschenmarkts wieder auf die „Stadtmarketing – Energie – Bäder“ GmbH übertragen werden kann.

Das Gremium beschäftigte sich zweimal mit der Frage. Das Ergebnis präsentierte Bürgermeister Peter Kremer (parteilos) den Stadtverordneten in einem fast zehnminütigen Vortrag. Dessen Kernaussage lautet: „Rein rechtlich gesehen ist es natürlich möglich, den Kirschenmarkt von einer anderen Stelle, einer anderen Gesellschaft oder der SEB organisieren zu lassen. Der Magistrat ist sich aber einig darin, dies nicht an die SEB zu übertragen.“

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Planung des Volksfestes ist mit viel Arbeit verbunden

Kremer nutzte die Gelegenheit zu einigen allgemeinen Ausführungen rund um „Gladenbachs tolle Tage“. Er selbst habe sich über die Ausrichtung des Kirschenmarkts noch nie beschwert. Denn: „Diese macht zwar jede Menge zusätzliche Arbeit und die Durchführung des Festes verlangt viel Kondition, die in keinem Arbeitsvertrag steht, aber sie kann auch Spaß machen.“

Nach Aussage des Bürgermeisters ist es zudem immer ein gutes Gefühl, wenn man am Sonntagabend des Kirschenmarktes sagen kann: „Das haben wir prima hingekriegt.“ Nach dem pandemiebedingten Ausfall 2020 und 2021 sei die Organisation des Volksfestes im vergangenen Jahr allerdings mit „enormen Schwierigkeiten“ verbunden gewesen.

Der Grund: Am 24. März wurde die vom Magistrat zweieinhalb Wochen zuvor verkündete Absage wieder aufgehoben. Laut Kremer musste die Planung in nur drei Monaten abgewickelt werden – neben dem normalen Dienst in der Verwaltung, der außerplanmäßigen Landratswahl im Mai und der Flüchtlingskrise. „Das war eine gewaltige Herausforderung für die Mitarbeiter“, betonte der Bürgermeister.

Der Bürgermeister sorgt mit einem gezielten Schlag mit dem Holzhammer dafür, dass das Bier beim Kirschenmarkt fließt: Peter Kremer (von links), die damalige Kirschenkönigin Sophia Krämer, Festwirt Klaus Weingärtner und Michael Mehl von der Bitburger Brauerei beim Fassanstich im Sommer 2022.
Der Krammarkt am Freitag hat Tradition beim Kirschenmarkt in Gladenbach: Kleine Küchenhelfer, mit denen sich das Gemüse im Handumdrehen schnippeln lässt, finden hier viele Abnehmer.
Rasanter Fahrspaß auf dem Kirschenmarkt: Der "Musikexpress" und zwei weitere große Fahrgeschäfte sind auf dem Rummelplatz im Einsatz.
Die neue Kirschenkönigin Yessica Heuser und ihr Prinz Elias Will grüßen vom Cabrio aus die Fans am Straßenrand.

Aus Sicht des Magistrats ist es „keinesfalls sinnvoll“, die Organisation des Kirschenmarktes wieder an die SEB zu übergeben. „Um das Fest nicht zu gefährden“, sagte Kremer. Selbst als die städtische Gesellschaft diese Aufgabe noch hauptverantwortlich wahrnahm, habe sie den Kirschenmarkt „bei weitem nicht alleine“ auf die Beine gestellt. Kremer: „Auch zu dieser Zeit waren alle Fachbereiche der Verwaltung mehr oder weniger stark in die Planung eingebunden.“

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Das aktuelle Mitarbeiterteam der Stadtmarketing-GmbH hat nach Einschätzung des Rathauschefs wenig Routine im Umgang mit Aufgaben rund um das Volksfest. „Wenn wir jetzt den Kirschenmarkt organisieren, können wir auf zwei Arbeitskräfte der SEB zurückgreifen, die schon Erfahrungen gesammelt haben. Und von dort soll jetzt das größte jährlich wiederkehrende Volksfest Mittelhessens organisiert werden?“, fragte Kremer in die Runde.

Die Antwort gab er selbst: „Die SEB müsste sich die Men- und Womenpower und die Kompetenz bei der Stadt holen.“ Rund 20 Mitarbeiter der Verwaltung bilden derzeit das Planungsteam. Dazu gehören die Marktmeisterin, der Bauhofleiter sowie Kollegen aus dem Ordnungs- und Hauptamt.

Magistrat vergibt die Standplätze an Schausteller

Die Personalfrage war laut Kremer allerdings nicht der Grund für den Umzug der Organisationsaufgaben aus dem SEB-Büro im Haus des Gastes ins benachbarte Rathaus. „Der Kirschenmarkt ist eine öffentliche Einrichtung. Das bedeutet, dass der Magistrat letztlich die Entscheidungskompetenz und die Entscheidungshoheit hat“, erklärte Kremer.

Er spielte damit auf mehrere Gerichtsentscheidungen an. Als sich die SEB noch federführend um den Kirschenmarkt kümmerte, sei dem Generalpächter für Rummelplatz und Fressgasse eine große Freiheit bei der Vergabe von Standplätzen für Fahrgeschäfte und Buden eingeräumt worden. Dagegen klagte ein Schausteller, der nicht zum Zuge kam.

„Im Laufe der vielen Verfahren und der ergangenen Urteile haben SEB und Magistrat erkennen müssen, dass die Entscheidungsfreiheit bei weitem nicht so auszulegen war, wie es teilweise gemacht wurde. Dies endete sogar vor dem Verwaltungsgerichtshof – dort stand eine Schadensersatzklage über mehrere 100.000 Euro im Raum“, erklärte der Bürgermeister. Seitdem wählt der Magistrat die Schausteller aus, die mitwirken dürfen.

Der Kirschenmarkt ist eben keine einfache Kirmes, sondern eine öffentliche Einrichtung.

PK
Peter Kremer Bürgermeister

„Der Kirschenmarkt ist eben keine einfache Kirmes, sondern eine öffentliche Einrichtung. Da liegt nicht ein Konzept aus 1986 oder 2004 in der Schublade und wartet darauf, wieder an das Tageslicht zu kommen“, sagte Kremer. So müsse das Ordnungsamt jedes Jahr das Sicherheitskonzept überarbeiten und mit den externen Behörden wie Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr, Kreisverwaltung, Bauaufsicht und Sicherheitsdienst abstimmen.

„Von daher ist es mehr als sinnvoll, die Entscheidungen auch von der verantwortlichen Behörde treffen zu lassen. Die Schaffung von Doppelstrukturen entbehrt jeder Logik und ist wirtschaftlich nicht zu vertreten“, so das Fazit des Bürgermeisters.

Kritik kam von den Freien Wählern. „Es ging hier um eine rechtliche Beurteilung – und die ist nicht erfolgt. Wir werden uns mit der Sache beschäftigen“, kündigte Klaus Bartnik an. Die Ausführungen des Bürgermeisters seien nur Ausflüchte. „Vor einigen Jahren wurde die bewährte Durchführung des Kirschenmarktes von der SEB auf die Verwaltung übertragen, die gar keine Ahnung hatte – da ging das auf einmal“, merkte Bartnik an. Er warf Kremer falsche Personalentscheidungen bei der SEB vor, die sei mittlerweile „ausgeblutet“.