Das Land Hessen, das UKGM sowie die Rhön-Klinikum AG haben sich auf ein „Zukunftspapier plus” verständigt. Das steht drin.
Marburg-Biedenkopf. Es ist zwar kalt draußen, aber die Sonne scheint, als am Dienstagmorgen Vertreter der hessischen Landesregierung, des UKGM und der Universitäten den Vortragsraum der Universitätsbibliothek in Marburg betreten. So gut wie das Wetter, so gut scheint auch die Laune der Beteiligten, die nach zweijährigem Diskussionsprozess ein „Zukunftspapier plus” vorstellen. Ein Schriftwerk, das tags zuvor schon beim Notar unterzeichnet worden war und das den beiden Kliniken eine finanzielle Perspektive für die nächsten zehn Jahre gibt.
Es sei ein „fröhlicher Tag”, sagt die hessische Wissenschaftsministerin Angela Dorn und erklärt sogleich, was sie denn so fröhlich stimmt. An diesem Tag gebe es kein weiteres Zwischenergebnis vorzustellen, das bald darauf schon wieder Makulatur sein könnte, sondern das Endergebnis. „Die Unterschriften sind unter den Verträgen”, betont die Marburgerin. Das Resultat sei „das beste Verhandlungsergebnis, das zu erreichen war”, sagt sie und spricht von einer „tragfähigen, rechtssicheren Vereinbarung”, die für die nächsten zehn Jahre „echte Ruhe” bringe.
Finanziell betrachtet, ist das Päckchen noch einmal etwas dicker geworden, das die Rhön-Klinikum AG und das Land Hessen zusammen geschnürt haben. Noch im Januar war von 800 Millionen Euro die Rede gewesen, jetzt sind angesichts der Inflation 850 Millionen Euro daraus geworden. Zwei Drittel übernimmt das Land, ein Drittel das UKGM. Für das laufende Jahr sind so 48,15 Millionen Euro an Landesmitteln und 23,5 Millionen Euro von Unternehmensseite vorgesehen - Tendenz jährlich steigend. „Beträchtliche Investitionen” seien das, betont die Wissenschaftsministerin: „Beide Parteien bekennen sich damit zum Gesundheits- und zum Forschungsstandort Mittelhessen.”
Was nicht fehlt, wenn Angela Dorn sich zu den Verhandlungen mit dem UKGM äußert, kommt auch an diesem Morgen zur Sprache: nämlich der Hinweis darauf, dass sie selbst die Privatisierung des Uniklinikums ablehnt. Der Rückkauf habe jedoch nicht zur Debatte gestanden. Aufgabe sei gewesen, eine tragfähige Brücke zwischen den Partnern zu bauen.
Nicht minder zufrieden zeigt sich Hessens Finanzminister Michael Boddenberg (CDU)., der von einem „guten und fairen Kompromiss” spricht. Ausdrücklich hebt er die Erhöhung der Investitionssumme hervor, mit der die Partner der inflationären Entwicklung auf dem Bausektor Rechnung tragen würden. Eine eingebaute Sicherheitsklausel sorge dafür, dass man vertraglich auch für die weitere Entwicklung gerüstet sei.
Die Einigung löst enorme Investitionen in den Medizinstandort aus, die der optimalen Krankenversorgung und der exzellenten Wissenschaft gleichermaßen zugutekommen.
Ein weiterer Hinweis gilt den Regelungen, die sich mit den Mitarbeitern befassen. Betriebsbedingte Kündigungen bleiben ausgeschlossen. Ebenso wenig ist es möglich, Betriebsteile auszugliedern. Ausnahmen kann es nur geben, wenn das Land zustimmt. Was wohl vor allem dann geschehen könnte, so deutet es sich in der Pressemitteilung an, wenn gleichzeitig Bereiche wieder eingegliedert werden, die derzeit ausgelagert sind. Es sei nicht nur ein „guter Tag” für die medizinische Versorgung sowie Forschung und Lehre, greift Boddenberg Dorns Formulierung auf, sondern auch für die Beschäftigten.
Großes Einvernehmen zwischen Dorn und Boddenberg
Überhaupt scheint zwischen Dorn und Boddenberg an diesem Morgen, sieben Monate vor der nächsten Landtagswahl in Hessen, kein Blatt Papier zu passe: Sie danke dem Finanzminister ausdrücklich für den Beitrag seines Ministeriums zu dem gefundenen Kompromiss, betont Angela Dorn. Michael Boddenberg wiederum sagt: „Die Zusammenarbeit mit Angela Dorn war wirklich herausragend.” Eine Koalition, die auseinanderdriftet, sieht anders aus.
Unser aller Bestreben ist es, das UKGM als drittgrößtes Uniklinikum Deutschlands weiter auszubauen und zu stärken.
Positive Worte zu dem Vertragswerk finden sich auch bei Professor Tobias Kaltenbach, dem Vorstandsvorsitzenden der Rhön-Klinikum AG, und Dr. Gunther K. Weiß, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung am UKGM. Kaltenbach spricht von „sehr intensiven Verhandlungen”, worunter sich die Zuhörer ihr Teil denken mögen, und einem „guten Zukunftspaket”. Das Gesundheitssystem werde sich in den nächsten zehn Jahren, nicht zuletzt wegen der Demografie, massiv wandeln, sagt er voraus. Die vereinbarten Investitionsmittel, aber auch die vereinbarte Partnerschaft trage dazu bei, dafür am UKGM gerüstet zu sein.
Keine Mördergrube aus seinem Herzen macht Professor Werner Seeger, Ärztlicher Geschäftsführer des UKGM Gießen. Er schlägt einen weiten Bogen in die Vergangenheit. Im Grunde, so sagt er, beheben man nämlich einen Fehler, der vor 18 Jahren begangen worden sei. Bei der Privatisierung 2005/6 habe man dem UKGM die Aufgabe aufgebürdet, die Mittel selbst zu erwirtschaften, die für Bau und Geräte nötig sind. Professor Friedrich Grimminger habe schon damals gewarnt, dass das auf Dauer nicht gutgehen könne. Mit dem neuen Vertrag seien die Bedingungen nun erstmals besser als in den vergangenen 18 Jahren. Was schließlich auch Seeger dazu bringt, von einem „guten Tag” zu reden.