Biedenkopfer Schloss: Restaurantbetrieb als „Ankerpunkt“

Blick auf Schloss mit "Schlossterrasse" (rechts) und dem Trakt mit der Hausmeisterwohnung (vorne links) sowie Parkplatz und einem Teil des Ausgrabungsgeländes (links).
© Mark Adel

Freizeitspaß am Perfstausee, Photvoltaik auf Feldern, Gewerbesteuern: Darüber spricht Landrat Jens Womelsdorf (SPD) im ersten Teil des Sommerinterviews.

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Wir haben im Interview im Sommer 2022 über die Zukunft des Biedenkopfer Schlosses gesprochen. Inzwischen liegt die Machbarkeitsstudie vor, der Biergarten ist offen. Schon ab Mai 2024 soll die Gaststätte wieder betrieben werden. Ist das realistisch?

Ich war dabei, als wir die Studie vorgestellt haben. Die Diskussion war gut. Ich hatte das Gefühl, dass auch die Zusammenarbeit mit der Stadt Biedenkopf und den Erstellern der Studie sehr gut war. Jetzt planen wir die nächsten Schritte. Aber Mai ist ein gutes Ziel. Wir machen uns auf den Weg, die Küche und den Restaurantbereich neu zu gestalten und zu sanieren. Da muss ein Architekt schauen, was genau gemacht wird. In der Studie gab es dazu Empfehlungen. Aktuell bereiten wir die Ausschreibung der Architekturleistungen für den Umbau des Restaurants und die Ausschreibung der Verpachtung vor.

Wie bewerten Sie die Studie insgesamt?

Interessant an der Studie sind die sonstigen Rahmenbedingungen. Aktuell stimmen wir uns ab, welche weiteren Schritte wir gehen. Es gibt viele Punkte in der Studie, die wir nicht alle auf einmal umsetzen können. Das Ziel, das für mich wichtig ist, ist nicht nur der Restaurantbetrieb. Ich weiß, dass das in der Öffentlichkeit am breitesten diskutiert worden ist. Wichtig sind auch die weiteren Schritte mit dem Zugang zum Ausgrabungsgelände. Dass ich am Marktplatz empfangen werde, dort eine gute Beschilderung habe und wir das auch einbinden in die Weiterentwicklung mit der Marburg Stadt und Land Tourismus GmbH. Diesen Prozess müssen wir konzentriert abarbeiten, damit das in den nächsten Jahren Stück für Stück gut wird. 

Über welchen Zeitplan wir bei einem solch umfangreichen Projekt? Über fünf, zehn oder noch mehr Jahre?

Das werden wir jetzt im Eigenbetrieb Kultur diskutieren, welche Ausgaben wir realisieren können. Es soll in den nächsten Jahren umgesetzt werden, aber wir fixieren keinen Endpunkt an, da es sich um einen dynamischen Prozess handelt. Wichtig ist der Restaurantbetrieb als erster großer Ankerpunkt. Bei Ideen wie dem Hologramm, das für Kinder und als Aufmerksamkeitsgeber eine tolle Sache wäre, muss man schauen, wie man an Fördergelder kommt. Wir werden das nicht alles ohne bestimmte Rahmenbedingungen stemmen können und müssen Schritt für Schritt vorgehen.

In unserem Sommerinterview nimmt Landrat Jens Womelsdorf (SPD) zu unterschiedlichen Themen im Kreis Marburg-Biedenkopf Stellung. Unser Archivbild zeigt ihn bei einem Redebeitrag im Kreistag.
In unserem Sommerinterview nimmt Landrat Jens Womelsdorf (SPD) zu unterschiedlichen Themen im Kreis Marburg-Biedenkopf Stellung. Unser Archivbild zeigt ihn bei einem Redebeitrag im Kreistag.
© Götz Schaub

Im vergangenen Jahr sprachen Sie im Interview davon, es sei kein zehnjähriger Prozess.

Ich bin guter Dinge. Ich glaube, dass wir in zehn Jahren noch am Schloss arbeiten – wie gesagt: Es ist ein dynamischer Prozess. Ziel muss sein, das Schloss touristisch am Leben zu erhalten und nicht in einen Dornröschenschlaf fallen zu lassen.

Der Perfstausee soll mit weiteren Freizeitmöglichkeiten aufgewertet werden. Die Rede war von einem Bootsverleih. Wann kommt der, und wie sieht es mit weiteren Angeboten aus?

Der Verband als Träger ist sehr rege und hat mit dem Volleyballfeld einen ersten Anker eingerichtet, es gibt eine Service-Station für Fahrräder und einiges mehr. Im Herbst soll dann die Realisierung des Stegs erfolgen. Das eröffnet die Möglichkeit, den Bootsverleih zu organisieren. Das war früher angekündigt. Die Gaststätte hatte sich schon darauf gefreut. Das Problem ist derzeit: Durch die niedrigen Wasserstände ist eine weitere Absenkung des Pegels wegen der Fischbiologie schwierig. Deshalb sollen die Fundamente im Herbst gesetzt werden. Man könnte jetzt schon mit Paddleboards drauf. In den Bootsverleih soll Breidenstein integriert werden, dort gibt es ja einen Verein. Das ist dann der nächste Ankerpunkt. Was wir noch angeschafft haben, ist ein Bücherschrank. Der soll noch aufgebaut werden. Besucherinnen und Besucher können dann auf den Liegebänken die geliehenen Bücher lesen. Im nächsten Jahr sollen die beiden Holzbrücken angepackt und durch Metallbrücken ersetzt werden. Wir haben gute Ideen, die müssen wir noch besprechen. Wir haben die Bewegungsbänke eingerichtet, man überlegt, eine Discgolfanlage zu bauen. Darüber müssen wir aber auch im Verband reden.

Die Standup-Paddleboards sind da?

Sie können die mitbringen, das ist ja mittlerweile ein beliebtes Hobby. Wenn der Steg fertig ist, sollen Tretboote dort liegen, dann wird das viel belebter. Was man bei der Diskussion nicht vergessen darf: Der Perfstausee ist in erster Linie ein Hochwasserrückhaltebecken. Bei der Hochwasserlage im Frühjahr hat der See gute Dienste geleistet und die Kommunen lahnabwärts wieder vor größeren Hochwasserschäden bewahrt. Der Perfstausee und das Ohm-Rückhaltebecken bieten eine gute Struktur für den Hochwasserschutz. 

Im Kreistag wurde mehrfach über die Biontech-Millionen gesprochen, von denen der Kreis nicht profitiert. Was ist für Sie der optimale Weg, die Gewerbesteuer zwischen Kommunen und Landkreis sinnvoll aufzuteilen?

Wir haben wieder einen Brief an die Landesregierung geschrieben wegen des Landesausgleichsstocks. Wir gehen davon aus, dass sich die Veränderungen für uns noch nicht vorteilhaft auswirken. Das Problem ist die Komplexität dieses Systems. Sonderstatusstädte wie Marburg haben jeweils individuell vereinbarte Zuständigkeiten. Deswegen ist eine generelle Lösung schwierig. Das Land hat sich auf den Weg gemacht, den kommunalen Finanzausgleich zu evaluieren. Der Hessische Landkreistag diskutiert das auch intensiv. Weil der Finanzausgleich so kompliziert ist, ist es schwierig, rein mathematisch zu einer generellen Lösung zu kommen. Außer man geht an das Thema Sonderstatusstädte. Da will aber keiner so richtig ran. Aus unserer Perspektive muss man damit klarkommen, dass diese Verkapselung mit den Umlagen an Krankenhäuser und Landeswohlfahrtsverband nicht funktioniert. Dann muss man überlegen, welche Lösung es gibt. Konkrete Vorschläge erhoffen wir uns aus der Evaluation. Die wird sich aber dieses Jahr noch nicht auswirken. Voraussichtlich werden nächstes Jahr die Vorschläge auf dem Tisch liegen. Dann müssen wir gucken, wie wir damit umgehen. Das Problem ist ja: Wir führen für 100 Prozent als Landkreis ab, bekommen aber nur für den Sonderstatus zurück.

Aber das Land hat ja reagiert und dem Kreis 10,2 Millionen Euro aus dem Landesausgleichsstock bezahlt.

Deswegen erhoffen wir uns dieses Jahr auch wieder Gelder. Wir formulieren das immer wieder. Das Problem ist: Wir sind der einzige Landkreis in ganz Hessen, der betroffen ist. Für mich ist wichtig zu sagen, dass es auch die Kommunen betrifft. Wir haben voriges Jahr massiv gekämpft, um die Kommunen nicht weiter zu belasten oder freiwillige Ausgaben nicht einzuschränken. Das war eine große Herausforderung. Trotz allem: Auch die Kommunen insgesamt brauchen eine bessere Finanzausstattung. Die Aufgaben werden nicht weniger. 

Der Wasserverband betont, dass er in den vergangenen zehn Jahren 1,5 Millionen Euro für den Perfstausee bereitgestellt habe. Im vergangenen Jahr hat unter anderem das Restaurant Seeblick einen neuen Anstrich erhalten. 2022 soll ein neuer Bootssteg gebaut werden.
Der Perfstausee soll noch attraktiver werden.
© Susan Abbe

Sie haben bei ihrem Start als Landrat den Klimaschutz in den Mittelpunkt gestellt. Wann wird es die ersten Photovoltaikanlagen über Schulhöfen und landwirtschaftlichen Flächen geben?

Wir haben im vorigen Jahr auf vier Schulgebäuden Solarflächen errichtet, dieses Jahr sind zwölf in Planung. Im Rahmen des Schulhöfe-Programms beschäftigen wir uns damit. In diesem Jahr hängt es ein bisschen an Wechselrichtern und anderen Teilen. Das ist die Engstelle. Es wird aber besser. Wir gehen konsequent den Weg, das selbst zu realisieren. Wir sind in Gesprächen mit der Energiegenossenschaft Marburg-Biedenkopf. Die wollen den Windpark in Stadtallendorf realisieren. Was das Thema Freiflächen-Photovoltaik und Agrivoltaik angeht, da haben wir im letzten Jahr vom Kreistag den Auftrag erhalten, in die Umsetzung zu gehen. Wir haben einen Interessenten, der das mit hochgeständerten Anlagen machen will im Rahmen einer Tierhaltung. Ein anderer möchte das als Gemüsebauer machen. Da liegen die Solarzellen eher flach und darunter kann Gemüse angebaut werden mit dem Vorteil der Beschattung. Mit den beiden und den 25.000 Euro, die wir im Coronahaushalt stehen hatten, wollen wir das realisieren. 

Das sind Landwirte aus dem Kreis?

Genau. In den nächsten Wochen gibt es dazu Abstimmungsgespräche. Daraufhin werden wir einen Leitfaden für Landwirte entwickeln und die beiden Modellprojekte darstellen. Ich glaube, das ist die bessere Lösung, weil wir die Energie vor Ort vermarkten und auf der anderen Seite die Fläche nicht verlieren. Das ist ja das Schöne an Agrivoltaik. Auch unser Solarprogramm läuft unheimlich gut, das haben wir im letzten Jahr mit Unterstützung der Sparkasse noch aufgestockt. Wir rechnen damit, dass wir im Herbst im Kreistag bei den Haushaltsberatungen über eine Erweiterung des Programms sprechen müssen. Ansonsten erhoffe ich mir auch einen Austausch mit Industrie und Handwerk, dass sich da viele selbst auf den Weg machen. Das ist auch eine Erkenntnis aus der Energiekrise: Wir müssen uns neu aufstellen. Aber da sind die Unternehmen selbst durchaus klug unterwegs.