
Der berühmte Philosoph Platon kannte neben der Philosophie, also der Liebe zur Weisheit, auch die Philotechnie, also die Liebe zur Technik. Das unterscheidet ihn von meiner Frau.
Es gibt Menschen, die tun sich mit moderner Technik schwer, es gibt Menschen, die haben mit moderner Technik rein gar nichts am Hut, und dann es gibt noch meine Frau.
Ich erinnere mich bestens an den Tag, an dem wir zum ersten Mal gemeinsam Fernsehen geguckt haben. Den gesamten Film über rieb sie sich stöhnend die Augen und murmelte „Schrecklich, wie scharf dieses Bild ist!“ Wie sich herausstellte, hütete sie ein altes Röhrengerät aus den 50er-Jahren wie ihren Augapfel, um bloß keinen Flachbildschirm anschaffen zu müssen.
Aber auch bei anderen Geräten stellt sie sich quer: Anstelle eines Rührgeräts benutzt sie einen betagten Schneebesen, Eier landen nicht im Eierkocher, sondern im Kochtopf, und eine Brotschneidemaschine, die ihr ein wohlmeinender Freund geschenkt hatte, ersetzte sie flugs wieder durch ein angejahrtes Messer ihrer Uroma. Nur mit Mühe konnte ich sie vor ein paar Jahren davon überzeugen, ihr Wählscheibentelefon in Rente zu schicken und durch ein digitales Funktelefon zu ersetzen. Noch heute erwische ich sie manchmal nachts dabei, wie sie zum Telefon greift und nach dem Fräulein vom Amt fragt.
Ich will nicht ausschließen, dass sie, falls wir mehr Platz im Garten hätten, unsere Autos durch ein paar schnelle Pferde ersetzen würde. Kürzlich hatte ich das Gefühl, ich könnte sie argumentativ packen. „Du benutzt für deine vielen Schulkopien doch auch einen Kopierer“, sagte ich, „und lässt die Texte nicht wie im Mittelalter von Mönchen abschreiben.“ Da hatte ich mich leider selbst ins Aus argumentiert. Gestern entdeckte ich, wie sie im Internet nach dem nächstgelegenen Kloster suchte.