Roland Wagner vom Vorstand der Einrichtung geht in den Ruhestand. Ein Anlass, auf prägende Erlebnisse und ein bewegtes Berufsleben zurückzublicken.
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Herr Wagner, alles begann für Sie im Oktober 1977 mit dem Zivildienst in den Hinterländer Werkstätten ...
Eigentlich sogar schon etwas früher. Damals musste man noch vor einem Ausschuss begründen, weshalb man den Militärdienst verweigerte. Nach meiner Verhandlung war ich auf der Suche nach einem Platz, um meinen Zivildienst abzuleisten. Ein Freund von mir schlug vor, ich solle doch mal bei den Hinterländer Werkstätten in Silberg nachfragen, wo diese seinerzeit ansässig waren. Also fuhr ich nach Dautphetal. Ich erinnere mich noch daran, wie ich das Schulgelände betreten habe, wo die Hinterländer Werkstätten damals untergebracht waren. Dabei traf ich zum ersten Mal in meinem Leben auf Menschen mit Behinderung.
War das ein besonderer Moment für Sie?
Sie kamen nett und freundlich auf mich zu und fragten: „Wer bist du denn? Wohin willst du?“ Dann zeigten sie mir den Weg zur damaligen Einrichtungsleiterin Elli Kind. Dieser menschliche Umgang ohne Vorbehalte hat mich von Anfang an fasziniert. Häufig haben Menschen Fremden gegenüber eine gewisse Distanz, man wird beschnuppert und begutachtet. Aber hier war gleich eine Basis vorhanden, es war eine Begegnung auf Augenhöhe, die für mich damals einmalig war.
Wie alt waren Sie damals?
Ich war noch recht jung, gerade mal 20 Jahre alt. In diesem Augenblick fiel für mich natürlich noch nicht die Entscheidung, künftig in sozialer Arbeit tätig zu sein. Ich war ja erstmal auf der Suche nach einer Zivildienststelle. 17 Monate lang habe ich also meinen Zivildienst in den Hinterländer Werkstätten gemacht. Aber dieser Umgang miteinander hat sich eingeprägt - das waren Eindrücke, die hängengeblieben sind.
Was genau haben Sie denn gemacht?
Ich wurde im Fahrdienst eingesetzt, aber habe auch tagsüber in den Gruppen mitgeholfen, beim Arbeiten, beim Mittagessen und auch bei pflegerischen Tätigkeiten. Den krassen Unterschied zu anderen Arbeiten habe ich erst bemerkt, als nach dem Zivildienst meine Ausbildung bei einem Steuerbüro in Marburg begonnen habe. Da wurden mir die Unterschiede im menschlichen Umgang miteinander bewusst, also einander zu vertrauen, aber beispielsweise auch ganz klar zu sagen, was einem am Gegenüber nicht gefällt. Im Steuerbüro habe ich eine Distanz gespürt. In diesem Moment wurde mir bewusst: In einem solchen Job will ich nicht arbeiten. Also habe ich versucht, zurück zur Lebenshilfe zu gehen.
Was ja auch geklappt hat ...
Der Kontakt zur Lebenshilfe ist auch während meiner Ausbildung nie ganz abgebrochen. Ich habe sie regelmäßig besucht und auch Frau Kind gegenüber geäußert, dass ich gern wieder dort arbeiten würde. Und mein Wunsch wurde wahr: Ich konnte meine kaufmännischen Kenntnisse nutzen und wurde am 1. April 1981 in der Verwaltung eingestellt. Die Hinterländer Werkstätten waren inzwischen nach Dautphe umgezogen. Ich hatte eine halbe Stelle in der Verwaltung und eine halbe als Gruppenmitarbeiter. Also konnte ich meine Kenntnisse und meine Leidenschaft miteinander verbinden.
Sind das nicht zwei völlig unterschiedliche Aufgaben?
Streng genommen fehlte mir für die Arbeit in der Gruppe auch die Qualifikation. Meist wurden dort Menschen mit einem handwerklichen oder pädagogischen Hintergrund beschäftigt. Aber ich habe meine Erfahrungen aus dem Zivildienst und ein menschliches Selbstverständnis genutzt. In den ersten Jahren ab 1981 hatte ich das Gefühl, angekommen zu sein. Etwas später stellte sich für mich die Frage nach einer Perspektive. Ich hatte einen guten Abschluss und den Gedanken, irgendwann nicht mehr in den Steuerberuf zurückkehren zu können.
Also ganz oder gar nicht?
Genau: Ich wusste, entweder muss ich nochmal etwas anderes machen, also wieder in einem Steuerbüro arbeiten und die Prüfung zum Steuerberater absolvieren, oder bei der Lebenshilfe bleiben. Also habe ich mit der Leitung gesprochen. Frau Kind war damals in einem Alter, in dem man über den Ruhestand nachdenkt. So hat man mir die Leitung der Hinterländer Werkstätten angeboten, was ich ab 1. Februar 1987 dann auch gemacht habe. Das war für mich eine neue Herausforderung, der ich mich gerne gestellt habe.
Wie haben die Hinterländer Werkstätten sich im Laufe der Zeit verändert?
Sie waren damals kleiner. In Silberg wurde an denselben Tischen gegessen, an denen gearbeitet wurde. Grundsätzlich hatte die Einrichtung mehr einen familiären Charakter. In Dautphe war es schon mehr wie ein kleines Industrieunternehmen, mit Metallverarbeitung, Montage und einer Schreinerei. Partner der Industrie zu sein, war schon damals unser Selbstverständnis. Es geht nicht um Beschäftigung aus Mitleid, sondern um qualitativ hochwertige Arbeit. Ging es damals mehr um Integration, geht es heute in der Behindertenrechtskonvention darum, von vornherein allen Menschen eine uneingeschränkte Teilnahme an allen Aktivitäten zu ermöglichen.
Hat sich auch die Gesellschaft geändert?
Für die Gründer 1958 war es wichtig, eine Bewegung ins Leben zu rufen, die sich von Marburg ausgebreitet hat. Die Bundesvereinigung hatte ja auch ihren Sitz in Marburg. Damals wurde dafür gekämpft, dass Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung geschaffen wurden. Später kamen entsprechende Wohnmöglichkeiten hinzu. Über die Jahrzehnte hat sich der Fokus geändert, auch der Anspruch. Die Zahl der inklusiven Angebote wurde erweitert, um auch für spätere Generationen von Eltern attraktiv zu sein, die nach einem Arbeitsplatz für ihre Kinder suchen. Das Ziel der Werkstätten war immer, Menschen mit Behinderung nicht nur eine Beschäftigungsmöglichkeit zu bieten, sondern auch die Gelegenheit zur Weiterentwicklung zu geben.
Kommen wir zurück zu Ihrem Lebenslauf und machen einen kleinen Zeitsprung: Am 4. Juli 1994 haben Sie das Amt des stellvertretenden Geschäftsführers übernommen. Wieder eine neue Aufgabe?
Nicht ganz. Ich war weiterhin Leiter der Hinterländer Werkstätten, habe aber in Abwesenheit den damaligen Geschäftsführer Konstantin Lauer vertreten. Er hatte seinen Sitz in Marburg, ich war weiterhin in Dautphe tätig. Dadurch habe ich mich mit anderen Aspekten der Arbeit vertraut gemacht und meinen Blick etwas erweitert. Man kann heute die Aufgaben der Lebenshilfe in drei Säulen unterteilen: Da ist zum einen die Arbeit, wo ich meinen beruflichen Einstieg hatte. Die nächste Säule ist der Bereich Wohnen mit unterschiedlichen Angeboten von gemeinschaftlichem Wohnen bis hin zu ambulant unterstützten Wohnungen. Und die dritte Säule ist der Bereich Familie, Bildung und Kultur. Dabei werden sportliche Aktivitäten angeboten oder gemeinsam Veranstaltungen und Museen besucht.
Am 7. Juli 2002 sind Sie in den Vorstand des Lebenshilfewerks aufgerückt ...
Das ist richtig. Und das war natürlich eine wesentliche Veränderung, was meine Aufgaben anging. Damals hat eine Reorganisation im Lebenshilfewerk stattgefunden. Bis dato lag die Verantwortung beim ehrenamtlichen Vorstand. Das wurde geändert und ein hauptamtlicher Vorstand einberufen, dem der Aufsichtsrat als Kontrollinstanz gegenübersteht. Wir waren zunächst ein dreiköpfiger Vorstand. Im Jahr 2015 haben mein Kollege Horst Viehl und ich die Arbeit in einem zweiköpfigen Vorstand fortgeführt. Uns ist es gelungen, die Bereiche im Lebenshilfewerk enger zusammenzubringen, aber auch neue Akzente in der Fachöffentlichkeit zu setzen und uns aktiv mehr in den Netzwerken einzubringen. Für die ersten beiden der genannten Säulen und den kaufmännischen Bereich ist der dreiköpfige Vorstand zuständig. Als man an mich herantrat, war für mich klar, die Verantwortung zu übernehmen, die man mir zutraute. An dieser Stelle ist auch viel Führungsverantwortung gefragt - man muss den Laden am Laufen halten.
Nun beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Wie werden Sie ihn nutzen?
Ich werde die Sachen machen, für die es bisher an Zeit gemangelt hat. Beispielsweise wieder mehr mein Fahrrad bewegen und noch mehr Zeit mit der Familie verbringen. Auch ehrenamtlich werde ich mich engagieren und mit Sicherheit der Arbeit der Lebenshilfe verbunden bleiben.