Flutkatastrophe: Großeinsatz auch für junges THW-Duo

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Philipp Drexler (l.) und Nico Danz vom THW-Biedenkopf haben nach ihrer Zeit bei der Jugendgruppe den Weg in die Einsatzabteilung  Foto: Patrick Stein
© Patrick Stein

Viele ehrenamtliche Kräfte haben im Ahrtal mit angepackt. Darunter auch Nico Danz und Philipp Drexler vom THW aus Biedenkopf. Wie sie den Einsatz erlebt und verarbeitet haben.

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MARBURG-BIEDENKOPF. Im Juli vergangenen Jahres traf die schlimmste Flutkatastrophe seit dem Jahr 1962 westliche und südliche Teile der Bundesrepublik. 184 Menschen kamen ums Leben, Tausende verloren ihr Zuhause. Ehrenamtliche Kräfte aus dem ganzen Bundesgebiet waren über Wochen im Einsatz. Unter ihnen Nico Danz und Philipp Drexler, zwei junge THWler aus Biedenkopf. Wir haben mit ihnen über die Zeit in der Jugendgruppe des Ortsverbandes gesprochen und wie dies im Einsatz half.

Seit wann seid Ihr beim THW? Nico Danz: Ich habe 2013 als Junghelfer angefangen.

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Philipp Drexler: Ich habe auch kurz nach Nico 2013 angefangen.

Wo kommt ihr her? Danz: Ich komme direkt aus Biedenkopf.

Drexler: Ich wohne in Dautphetal.

Wie seid ihr zum THW gekommen? Danz: Beim Biedenkopfer Blumenmarkt gab es einen Infostand des Ortsverbands, da bin ich neugierig geworden.

Drexler: Bei mir war es ähnlich. Ich bin zunächst über den Infostand auf das THW aufmerksam geworden. Ein Freund von mir ging dann noch vor mir zur Dienststunde und hat mich beim nächsten Mal dann mitgenommen.

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Wie alt wart ihr, als ihr angefangen habt? Danz: Ich war elf.

Drexler: Ich war schon zwölf.

Wie sah eure Zeit bei den Jugendlichen aus? Danz: Als Junghelfer haben wir uns jeden zweiten Samstag zu Dienststunden getroffen. Neben praktischen Übungen gab es auch Theorieunterrichte.

Drexler: Außerdem haben wir vor Corona an THW-Zeltlagern teilgenommen. Hier lernt man auch die Jugendlichen aus anderen Ortsverbänden kennen. Tagesfahrten und Übungen mit anderen Hilfsorganisationen gab es auch einige.

Wann wurde es dann ernst für euch? Danz: Wir haben 2013 mit der Grundausbildung begonnen.

Drexler: Da waren wir 17. Innerhalb eines Jahres mussten wir dann verschiedene Lehrgänge absolvieren. Mit 18 konnten wir dann den Grundlehrgang mit einer Prüfung abschließen.

Was beinhaltet dieser Grundlehrgang? Danz: Man lernt den Umgang mit verschiedenen Werkstoffen, wie etwa Holz und Stein. Außerdem gehören Grundlagenkenntnisse für die Bedienung von unterschiedlichen Werkzeugen dazu.

Drexler: Neben diesen praktischen Einheiten gibt es auch noch eine Funkausbildung, ohne die man das Funkgerät nicht bedienen darf. Ein weiterer Teil besteht aus Einsatztaktik, Organisation und Kommunikation mit unterschiedlichen Einheiten.

"Man lernt den Umgang mit verschiedenen Werkstoffen, wie etwa Holz und Stein. Außerdem gehören Grundlagenkenntnisse für die Bedienung von unterschiedlichen Werkzeugen dazu. "

Nico Danz, THW-Helfer

Und nach der Grundausbildung ging es für euch direkt los? Danz: Ja, wir waren 2019 mit unserer Prüfung durch, und kurze Zeit später wurden wir auch zu unserem ersten größeren Einsatz gerufen.

Drexler: In Hommertshausen war ein Lkw in die Dorfkirche gekracht, und wir wurden zur Stabilisierung des Gebäudes nachalarmiert.

Wie war der Ernstfall im Vergleich zur Übung? Danz: Wir waren gut eingespielt und konnten direkt im Team agieren.

Drexler: Durch die Jugendarbeit und das Ausbildungsjahr kannten wir die Aktiven ja bereits. Das Ausbildungsjahr bildet einen fließenden Übergang. Natürlich war es schon was anderes, zu einem echten Einsatz gerufen zu werden, aber wir sind spitze darauf vorbereitet gewesen.

Im Sommer ereignete sich die Flutkatastrophe im Rhein-Sieg-Kreis und Ahrtal. THW-Verbände aus der ganzen Republik waren vor Ort, auch aus Biedenkopf? Danz: Aus Biedenkopf waren wir mit bis zu 30 Helfern an unterschiedlichen Standorten im Einsatzgebiet eingesetzt.

Drexler: Es waren aber nicht alle auf einmal da. Die Einheiten vor Ort wurden immer wieder ausgetauscht und waren zwischenzeitlich auch wieder zu Hause, bevor es wieder weiter ging.

Wie lange wart ihr im Einsatz? Danz: Ich war in dreieinhalb Wochen dreimal vor Ort.

Drexler: Ich war in drei Wochen viermal im Einsatz.

Das Biedenkopfer THW auf dem Weg zu hilfsbedürftigen Anwohnern. Die Brücke haben sie im Vorhinein selber errichtet.  Foto: THW-Biedenkopf/Titus Weiß
Das Biedenkopfer THW auf dem Weg zu hilfsbedürftigen Anwohnern. Die Brücke haben sie im Vorhinein selber errichtet.
© THW-Biedenkopf/Titus Weiß

Habt Ihr zusammengearbeitet? Danz: Nein, wir sind in unterschiedlichen Zügen vor Ort eingesetzt worden. In meinem Zug haben wir uns um unterschiedliche Aufgaben gekümmert. Wir haben Brücken gebaut, die Wasserversorgung überwacht, Spenden verteilt und der Bundeswehr zugearbeitet.

Drexler: Während meiner Einsätze war ich in der Fachgruppe Elektroversorgung. Wir waren an unterschiedlichen Standorten tätig. In Bitburg haben wir eine Stromversorgung für Entwässerungspumpen aufgebaut. Wir waren für den Strom des THW-eigenen Logistikzentrums verantwortlich und haben die Energieversorger vor Ort bei unterschiedlichen Arbeiten unterstützt, wie etwa Verteiler- und Schaltschränke zu reinigen oder Trafostationen instand zu setzen.

Wart Ihr mental auf das vorbereitet, was Ihr dort erlebt habt? Danz: Wir waren gut vorbereitet. Jeder hat sich um jeden gekümmert. Die Tage im Einsatz waren lang, aber es hat immer geholfen, wenn man abends zusammensaß und sich darüber freuen konnte, im Team wieder Aufgaben bewältigt zu haben.

Drexler: Ja, dem stimme ich zu. Wenn jemand wirklich Probleme bekommen hätte, die vielen Eindrücke zu verarbeiten, wäre aber ein Einsatznachsorgeteam erreichbar gewesen.

"Wenn jemand wirklich Probleme bekommen hätte, die vielen Eindrücke zu verarbeiten, wäre aber ein Einsatznachsorgeteam erreichbar gewesen."

Philipp Drexler, THW-Helfer

Gibt es bestimmte Momente, die euch besonders in Erinnerung bleiben? Danz: Keinen bestimmten Moment, aber es war immer wieder überwältigend, welche Dankbarkeit uns entgegengebracht wurde. Egal, ob es die Versorgung mit Strom, Wasser oder Lebensmitteln war, oder der Bau einer Brücke.

Drexler: Die Menschen im Einsatzgebiet haben alles verloren. Ihre Freude über Dinge, die uns alltäglich scheinen, wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben.

Hat euch die Zeit in der Jugendgruppe geholfen? Danz: Auf jeden Fall. Wir haben viele Freunde und Bekannte im Einsatz getroffen, die wir von Zeltlagern und Wettkämpfen kannten.

Drexler: Ja, und durch die lange Zeit im eigenen Ortsverband war es ein gutes Miteinander. Nicht nur während der Einsätze, sondern auch in den Ruhephasen.

Danz: Wir mussten nicht viel überlegen, sondern haben funktioniert. Die Handgriffe, die wir schon seit der Jugendausbildung drauf haben, sitzen einfach und jetzt konnten wir sie anwenden.

"Wir mussten nicht viel überlegen, sondern haben funktioniert. Die Handgriffe, die wir schon seit der Jugendausbildung drauf haben, sitzen einfach und jetzt konnten wir sie anwenden."

Nico Danz, THW-Helfer

Was verbindet Ihr mit dem THW? Danz: Es ist eine Gemeinschaft. Wir sind füreinander da und wir helfen uns und anderen in schweren Zeiten.

Drexler: Das THW steht jedem offen und jeder kann sich mit seinen Fähigkeiten einbringen. Egal, ob man als Jugendlicher oder als Erwachsener anfängt.

Danz: Jeder lernt dazu und am Ende des Tages sieht man, was man geleistet hat.

Drexler: Außerdem ist es ein guter Ausgleich zur Arbeit und es macht einfach Spaß, sich sinnvoll in die Gesellschaft einzubringen.

Was wünscht Ihr euch für die Zukunft des THW? Danz: Das THW fristete jahrelang ein Schattendasein, durch den diesjährigen Großeinsatz und Werbekampagnen ist es auch medial präsenter. Ich wünsche mir, dass das so bleibt und wir genug Helfer für zukünftige Aufgaben haben.

Drexler: Natürlich hoffen wir immer, dass nichts Schlimmes passiert. Aber für den Ernstfall wünsche ich mir, dass wir breit aufgestellt sind und unsere Aufgaben gut erfüllen können. Dass die Kameraden mit Spaß bei der Sache sind und unser Ehrenamt weiterhin eine solche gute Gemeinschaft bleibt.

Kommt vorbei und seht es euch an.