
Eine Kita aus Marburg-Biedenkopf will mit den Kindern keine Geschenke mehr zum Mutter- und Vatertag basteln. Konservative greifen das Thema gerne auf.
Amöneburg-Mardorf. Eine Kita aus dem Landkreis Marburg-Biedenkopf hat einen Shitstorm abbekommen. In einem Brief an die Eltern hat das Kita-Team mitgeteilt, dass es in diesem Jahr mit den Kindern keine Geschenke zum Mutter- und Vatertag basteln werde. Die Begründung: In einer immer diverser werdenden Gesellschaft sei das nicht mehr zeitgemäß.
„Ein Vatertags Geschenk (sic) ohne Vater in der Familie ist nicht nur ohne Wert, sondern kann die Identität eines Kindes in Frage stellen“, schreiben die Erzieher der katholischen Kindertagesstätte St. Hubertus Mardorf in dem Brief. Heute seien Familien, die aus Mutter, Vater und Kind bestehen, nicht mehr die Norm. Daher wolle die Kita davon absehen, stereotype Geschenke für die Elternteile zu basteln. Niemand solle sich ausgeschlossen fühlen.
Im Internet sorgt das für Empörung. „Dem Wahnsinn sind keine Grenzen mehr gesetzt“, kommentiert Tilman Kuban, Bundestagsabgeordneter der CDU und ehemaliger Vorsitzender der Jungen Union. Auf Twitter hat er am Montagmittag ein Foto des Briefs hochgeladen, ohne die Adresse und Kontaktdaten der Kita auf dem Briefkopf zu schwärzen. Nachdem er dafür kritisiert wurde, löschte Kuban den ursprünglichen Beitrag und postete ihn erneut mit geschwärztem Briefkopf.
Offenbar waren die Kontaktdaten der Kita da aber schon lange genug online. Die „Bild“ berichtete am Montagabend: „Viele Eltern reagierten empört, klingelten bei der Kita-Leitung Sturm.“ Kuban war jedoch nicht der einzige, der den Brief verbreitete. Verschiedene Fotos des Schreibens sind auf Twitter im Umlauf, mal geschwärzt, mal nicht.
Der Brief sorgt besonders in konservativen und rechtspopulistischen Kreisen für Empörung. Eine gute Stunde bevor Kuban den Brief das erste Mal teilte, hatte ihn Anabel Schunke, allerdings geschwärzt, auf Twitter veröffentlicht. Den Inhalt des Schreibens bezeichnet sie in dem Tweet, der weit mehr als 200.000 Personen angezeigt wurde, als „ideologischen Kampf gegen die klassische Familie“. Schunke schreibt unter anderem für die Schweizer Wochenzeitung „Weltwoche“, dessen Verleger Roger Köppel für die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei im Nationalrat sitzt. In der „Süddeutschen Zeitung“ wird das Blatt als „Sprachrohr der Schweizer Rechtspopulisten“ bezeichnet. Auch ein AfD-Politiker zählt zu den Personen, die sich über die Kita aufregen.
Bistum Fulda bezieht Stellung
Das Bistum Fulda, zu dem die katholische Kirchengemeinde St. Hubertus Mardorf als Träger der Kita gehört, äußerte sich auf Nachfrage der Redaktion zu dem Brief. „Die Kindertagesstätte und das Bistum Fulda bedauern die Irritationen und Missverständnisse, die durch das Schreiben entstanden sind“, heißt es von der Pressestelle des Bistums. Der Brief sei „unglücklich“ und „falsch“ formuliert gewesen.
In einem zweiten Brief hat die Kita die Eltern mittlerweile um Entschuldigung gebeten. Das Schreiben liegt der Redaktion vor. Darin heißt es: „Unsere Entscheidung, in diesem Jahr keine Geschenke mehr mit ihren Kindern zum Mutter- und Vatertag zu basteln, hatte nicht die Absicht, die Rolle der Eltern oder das traditionelle Familienbild infrage zu stellen.“
Das Kita-Team habe diese Entscheidung vor dem Hintergrund getroffen, dass es heute unterschiedliche Familienmodelle gebe und sie niemanden habe ausgrenzen wollen. Darüber hinaus teilt die Kita in dem zweiten Schreiben mit, dass sie weiterhin zu ihrem „katholischen Profil“ stehe und sich für das „christliche Familienbild“ einsetze. Für ein direktes Statement war die Kita nicht zu erreichen.