In vielen Bereichen der Stadt beschweren sich Anlieger über Unrat - mit zum Teil ekligen Folgen. Gefordert wird ein "härteres Durchgreifen gegen Unbelehrbare".
MARBURG. Wie am Richtsberg, so in Teilen des Waldtals, aber auch entlang der Lahn und im Zentrum: Anwohner beklagen sich über zunehmende oder anhaltende Vermüllung ihrer Nachbarschaften.
"Ich kann kommen und gehen, wann ich will: Überall liegen stets Verpackungen, Dosen, Flaschen, allerlei Zeug herum", sagt etwa Carmen Egner, die "Am Rain" wohnt. Weil es Privatgelände ist, sieht sie in ihrem Fall den Vermieter, die GWH in der Pflicht. Sie will mehr Grünflächen-Sauberkeit in dem Waldtalbereich und "härteres Durchgreifen gegen Unbelehrbare".
GWH sieht keine allgemeine Vermüllung
Die GWH, die nach eigenen Angaben im Waldtal 166 Wohnungen bewirtschaftet, entgegnet auf Anfrage zwar, dass man keine allgemeine Vermüllung feststelle und die Außenanlagen im Zweiwochentakt, bei Bedarf häufiger gepflegt würden.
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Aber ja, es sei ein Problem, dass sich bei Sperrmüllbergen oder anderen Hinterlassenschaften "meist kein Verursacher herausfinden" lasse. Und genau das, was Egner und GWH schildern, ist auch das Problem in anderen Teilen der Stadt - mitunter mit ekeligen Folgen: Die Ortsbeiräte Campusviertel und Oberstadt kritisieren zwar immer wieder die Zustände auf Straßen und Grünflächen. Doch gegen die Arglosigkeit etwa von Feiernden könnten weder Ordnungsamt noch Polizei viel unternehmen, heißt es aus der Stadtverwaltung.
"Das ist nicht mehr nur ärgerlich, es ist unhygienisch und potenziell gesundheitsgefährdend."
Weidenhausens Ortsvorsteherin Gabriele Baumgart
In Weidenhausen neigt sich die Geduld nun dem Ende: Müll, Essens- und Getränkereste haben im ganzen Gebiet zwischen Erlenring-Mensa und Gerhard-Jahn-Platz - speziell an den Lahnterrassen - für eine "extreme Ausbreitung" von Ratten gesorgt, wie Weidenhausens Ortsvorsteherin Gabriele Baumgart sagt. "Das ist nicht mehr nur ärgerlich, es ist unhygienisch und potenziell gesundheitsgefährdend", sagt sie auf der jüngsten Gremiumssitzung. Unter den hölzernen Sitzbänken, die für den DBM schwer zu reinigen seien, tummeln sich demnach immer mehr Nagetiere, ernähren sich von herunterfallenden Essensresten.
"So eine Ballung ist in der Stadt ziemlich einmalig - und das darf so nicht bleiben." Anfang 2022 wiegelte die Stadtverwaltung noch ab, dass es keinen Ratten-Schwerpunkt in Marburg gebe.
Rattenkadaver in der Uferstraße
Auch im Campus- und Südviertel gibt es Unmut wegen Müll, der zuletzt offenbar nach Cliquen-Treffen am Lahnufer zurückgelassen wurde - und auch vermehrt Ratten anzog. "Jeder soll essen, trinken, feiern. Und jeder soll seinen Müll mitnehmen, wenn die nächste Tonne eben voll ist", sagt eine Anwohnerin der Frankfurter Straße.
Eine Anwohnerin der Uferstraße, die zuletzt in dem Gebiet mehrere Rattenkadaver entdeckte, fordert das Aufstellen von mehr Mülleimern, und seien es mobile nur für die Frühjahrs- und Sommerzeit.
Ein erster Müll- und Ratten-Bekämpfungsansatz in Weidenhausen könnte nun "Sensibilisierung und Abschreckung" sein, sagt Martin Gronau, Linken-Ortsbeirat. Er plädiert für die Aufstellung von Warnschildern mit "Ekel-Effekt". Grünen-Ortsbeirat Thomas Schneider fürchtet dadurch einen Imageschaden: "Wir drohen dafür zu sorgen, dass Menschen den Bereich meiden." Nach Erfahrungen von Stadt, DBM und Stadtwerken hat sich jedenfalls die Müllmenge in den vergangenen zwei Jahren wegen der Corona-Pandemie vermehrt, gerade Verpackungen.
Wie die Stadtwerke mitteilen, waren es bei Leichtverpackungen im Jahr 2017 noch 2111 Tonnen, 2019 schon rund 340 Tonnen mehr und damit bereits auf dem Niveau der beiden folgenden Pandemie-Jahre.
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In den Bereichen Restmüll (9400 Tonnen) und Sperrmüll (2200 Tonnen) ist laut Stadtwerke- und DBM-Daten das jährliche Müll-Niveau über die vergangenen fünf Jahre ähnlich geblieben, das abgeholte Altpapier sinkt sogar, von 3900 in 2017 auf 3300 Tonnen im vergangenen Jahr. Der Bioabfall schwankt seit jeher, liegt im Schnitt bei etwa 8000 Tonnen.
Von Björn Wisker