Marburger Sozialpsychologe: Leugner suchen Gleichgesinnte

ARCHIV - Kleine gelbe Kunststoffbälle mit einem aufgedruckten Smiley liegen am 03.12.2015 in Erfurt (Thüringen) auf einem Haufen. (zu dpa "Glücksatlas: Osten holt bei Lebenszufriedenheit auf" am 07.11.2017) Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ Bildunterschrift 2017-11-08 --> Smileys: Der überwiegende Teil der Deutschen ist glücklich. ⋌(Foto: dpa)

In globalen Krisen fliehen manche vor der Realität oder reagieren mit Häme. Professor Christopher Cohrs von der Philipps-Universität erklärt im Interview die Gründe dafür.

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Herr Professor Cohrs, gerade auf Nachrichten über die drei großen Krisen, die aktuell die Menschheit bedrohen, reagieren manche Menschen mit lachenden Emojis oder leugnen sogar die Realität. Welche Erklärung gibt es dafür aus psychologischer Sicht?

Was die Smileys angeht, würde ich sagen, dass man solchen kurzen Reaktionen, die man in sozialen Netzwerken sieht, ja nicht unbedingt entnehmen kann, was damit gemeint ist. So etwas kann Belustigung bedeuten oder dass jemand etwas ins Lächerliche zieht, es kann aber auch eine ganz andere Bedeutung haben. Das ist ein Problem der verkürzten Kommunikation, viele kennen das von Textnachrichten und damit einhergehenden Missverständnissen. Aber wenn es klar ist, dass es darum geht, etwas zu leugnen oder wissenschaftlichen Erkenntnissen zu widersprechen, dann hat das etwas damit zu tun, wie Menschen mit widersprüchlichen Informationen umgehen, die ihren Ansichten widersprechen und nicht in ihr Weltbild passen. Es gibt unterschiedliche Reaktionsmöglichkeiten: Aus Sicht einer demokratischen, aufgeklärten Gesellschaft würde man sich wünschen, dass Menschen rational versuchen, zu verstehen, was richtig ist. Man möchte sich durch Fehler ja verbessern und als Person weiterentwickeln, um auch zu Problemlösungen beitragen zu können. Aber oft gibt es Tendenzen, Widersprüche kleinzureden, indem man zum Beispiel vom Thema ablenkt oder Argumente sucht, um die eigene Meinung zu unterfüttern. Eine weitere Möglichkeit wäre, andere zu überzeugen, um dann mit seiner Meinung nicht allein zu sein und guten Gewissens bestimmte Positionen vertreten zu können.

Suchen Menschen sich gewissermaßen einen „Stamm“, um sich besser zu fühlen?

In gewisser Weise kann man das so sagen. Auf jeden Fall haben wir eine generelle Neigung dazu, uns lieber mit Menschen zu umgeben, die uns unterstützen und unsere Meinung verstärken. Das führt dann manchmal dazu, dass es beispielsweise Freundeskreise gibt, in denen die meisten eine ähnliche Einstellung haben, weil man eben anderen Positionen ausweicht.

Also funktioniert der Mensch im Umgang mit Krisen ähnlich wie im Hobby?

Es gibt Parallelen, aber die Auswirkungen sind natürlich andere. Wenn es um Themen geht, die politisch diskutiert werden, hat das natürlich eine andere soziale Dynamik. Es gibt eine starke Tendenz, bei anderen Menschen nach Gemeinsamkeiten zu suchen. Es gibt zwei Sprichwörter, die sich eigentlich widersprechen: „Gleich und gleich gesellt sich gern“ und „Gegensätze ziehen sich an“. Das erste gilt stärker, aber natürlich gibt es auch Situationen, in denen man es attraktiv findet, mit Andersartigkeit konfrontiert zu werden.

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Haben die Ablehnung der Realität und die Suche nach Gleichgesinnten auch eine Schutzfunktion?

Ich denke, das kann man so sagen. Die Tendenz, sich durch andere bestätigen zu lassen, ist besonders relevant in unsicheren Zeiten. Gerade in Krisen, wenn unklar ist, wie man etwas zu interpretieren hat, muss man sich ja fast zwangsläufig daran orientieren, was andere darüber denken. Denn man kann nicht allen Problemen komplett auf den Grund gehen und versuchen, die Wahrheit selbst herauszufinden. Wenn man zum Beispiel an die Klimakatastrophe denkt, könnte man tausendseitige wissenschaftliche Berichte lesen, aber das übersteigt ja die Kapazität, die man im Alltag hat. Deswegen muss man sich auf andere verlassen, die das aufbereiten.

Nimmt das im Informationszeitalter, das viele überfordert, eher zu?

Ja, ich denke schon. Je mehr Informationen zur Verfügung stehen, desto mehr hat man auch die Wahl, auf welche man zugreift. Und diese Wahl trifft man unter anderem aufgrund eigener Bedürfnisse oder Vorlieben.

Wann wird das Verleugnen der Wahrheit gefährlich?

Das ist schwer zu beantworten. Einerseits kann man sagen, es ist normal und verständlich, dass sich Gruppen bilden, die die Welt unterschiedlich betrachten. Es ist ja auch gut, weil die Demokratie davon lebt, dass es unterschiedliche Interessen gibt. Diese werden im Idealfall aber auch ausgeglichen, damit keine Gruppe dominiert und alle Gehör bekommen. Gefährlich wird es, wenn anderen das Recht abgesprochen wird, ihre Meinung zu vertreten, und man ihnen sogar aggressiv begegnet.

Nun gibt es ja Menschen, die die Realität soweit ablehnen, dass sie Verschwörungsmythen glauben...

Das kann negative Auswirkungen nicht nur auf andere, sondern auch auf einen selbst haben. Wenn Leute an Verschwörungsgeschichten glauben und sich zum Beispiel daher nicht impfen lassen oder Vorsichtsmaßnahmen nicht nachkommen, besteht für sie, aber auch für ihre Mitmenschen eine größere gesundheitliche Gefährdung.

Wie sollte man diesen Leuten begegnen, um sie von der Wahrheit zu überzeugen?

Eine Strategie ist ein respektvoller Umgang, weil die Motivation dafür, dass man sich radikalisiert und nicht mehr an allgemein anerkannte Wahrheiten glaubt, sondern sie aktiv ablehnt, zum Teil daher kommt, dass man sich Gefühle der Kontrolle oder Zugehörigkeit oder ein positives Selbstwertgefühl verschaffen möchte. Solche Bedürfnisse bereiten den Boden dafür, für radikale Ideen anfällig zu sein. Wenn Menschen gut funktionierende soziale Beziehungen haben und ernst genommen werden, sollte das daher die Anfälligkeit reduzieren.

Eine Diskussion auf Augenhöhe schadet also in keinem Fall?

Genau – zumindest wenn wir über private Diskussionen reden. Wobei das im Einzelfall natürlich extrem schwierig ist und auch nicht immer funktioniert.

Haben Ängste auch eine positive Funktion?

Ja, das kann man evolutionär begründen: Eine Sensibilität für Gefahren, die uns drohen, war früher überlebenswichtig. Oft war es wichtiger, auf der Hut zu sein, als jede mögliche Chance, die das Leben bietet, auszunutzen. Als grundlegende Tendenz haben wir das als soziale Wesen, die in Gruppen leben und auf andere angewiesen sind, beibehalten.Darum gibt es eine Tendenz, sich als Gruppe bedroht zu fühlen – zum Beispiel durch Kriminalität oder unbekannte Menschen, die woanders herkommen und manchmal erstmal Misstrauen auslösen. Das will ich natürlich nicht legitimieren, aber man kann es psychologisch erklären und dann damit konstruktiv umgehen.

Haben Sie einen Tipp für den Umgang mit Ängsten?

Es gibt Forschung, die gezeigt hat, dass Sorgen das individuelle Wohlbefinden vor allem bei Leuten beeinträchtigen, die nicht aktiv werden. Menschen, die versuchen, sich mit anderen Menschen zusammen aktiv einzusetzen – beispielsweise in der Friedens- oder Klimabewegung –, können die negativen Auswirkungen der Sorgen dadurch abfedern. Man kann also versuchen, Ängste zu verdrängen, oder eben problemfokussiert gemeinschaftlich etwas tun.

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