Gedankengänge auf der Liedzeile. Poetry-Slammer und Autor Lutz Hermann schreibt an dieser Stelle regelmäßig über Musik, heute über Camila Cabello.
„I just sold our house“, singt die Frau im Radio. Es ist so ein Moment, in dem mich eine Liedzeile mitten im Alltag trifft: Ich war gerade am Kuchen backen, das Haus stand voller Kisten, gepackter und ungepackter, in drei Tagen sollte der Umzugswagen kommen. (Warum ich mitten im Umzugsstress noch einen Kuchen backe, weiß ich auch nicht mehr.) Und dann höre ich, wie Camila Cabello singt: „Ich habe gerade unser Haus verkauft.“
Zu Beginn des Videos zu „Bam Bam“ sitzt die Künstlerin auf dem Parkplatz vor einem Supermarkt und sieht einfach nur fertig aus. Um diesen Eindruck noch zu unterstreichen, nimmt sie einen Schluck Rotwein aus der Flasche und schaut verzweifelt in die Kamera. Sie singt: „Couldn’t ever imagine even havin’ doubts”. Sie konnte es sich niemals vorstellen, Zweifel zu haben. Da klingelt bei mir alles. Ein großer Schritt wie der Verkauf des Wohnhauses (aus welchem Grund auch immer) und der damit verbundene Umzug ist immer mit Zweifeln verbunden.
Camila Cabello: Vom Verlust zur Freude
Auch das, was Camila dann singt, können viele von euch sicher gut nachvollziehen: „Ich konnte kaum stehen, aber jetzt tanze ich.“ Darum geht es in diesem Lied. Um den Verlust des festen Standes und um die Freude am Tanzen. Wir haben Angst, aus dem Gleichgewicht zu geraten, weil wir denken, dass es danach nicht weitergeht. Aber das stimmt nicht, es geht weiter.
Einige Wochen später: Ich sitze auf unserem neuen Balkon, der Kaffee dampft neben mir aus der Tasse und ich sauge die neuen Geräusche und Eindrücke auf. Wir sind gut gestartet. Ich habe gerade unsere neuen Pflanzen auf dem Balkon gegossen. Sie werden wachsen und verwelken. Neues entsteht und vergeht. Wir fallen hin und wir stehen wieder auf. Unser Herzschlag ist der Beat, der den Rhythmus gibt. Wenn wir nach ihm tanzen, sind wir immer im Takt. „Bam Bam Bam Bam“