Zur Arbeit des Kreis-Jugendamts in Corona-Zeiten

Die Leiterin des Fachdienstes Jugendhilfe, Sissi Gräve (rechts), im Austausch mit einer Mitarbeiterin. In Zukunft will das Jugendamt „neue Wege“ gehen. Foto: Pressestelle Rheingau-Taunus

Seit Oktober 2020 ist Sissi Gräve Leiterin des Fachdienstes Jugendhilfe in der Kreisverwaltung. Das kann manchmal eine ganz schöne Herausforderung sein – nicht nur wegen Corona.

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RHEINGAU-TAUNUS. (red). Rund 100 Tage ist es her, dass Sissi Gräve die Leitung des Fachdienstes Jugendhilfe im Kreishaus übernommen hat. „Es ist die große Bandbreite an ganz unterschiedlichen Betätigungsfeldern, die Arbeit zum Wohle von Kindern und Jugendlichen sowie das jeden Tag erforderliche Einfühlungsvermögen für Krisensituationen, die die Psyche aller Beteiligten – auch der Mitarbeitenden – belasten kann“, erklärt sie, warum sie sich für die Stelle beworben hat.

Herausforderungen, die sich seit Beginn der Corona-Pandemie sogar noch weiter zugespitzt haben. „Das alles zehrt selbstverständlich ganz extrem an der Psyche von Kindern und Jugendlichen. Wir werden erst in den kommenden Jahren die Folgen erkennen und über die Konsequenzen in geeigneter Form diskutieren können“, sagt die ehemalige Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt Familienrecht. Insbesondere für Kinder und Jugendliche, die bereits vor Corona Probleme hatten, Freundschaften mit Gleichaltrigen einzugehen, sei die Situation besonders schwer. Doch statt sich entmutigen zu lassen, nutzen Gräve und ihr Team die aktuelle Lage als Ansporn, in Zukunft „neue Wege“ einzuschlagen. „Wir sehen uns einerseits in einer Berater-Vermittler-Funktion, sind andererseits aber auch in einer Wächterposition, wobei das Wohl der Kinder und Jugendlichen oberste Priorität genießt“, beschreibt die Fachdienstleiterin ihre Funktion.

Ausbau der Schulsozialarbeit als wichtiges Ziel

Es sei wichtig, die Kinder früh zu erreichen. Eines der bedeutendsten Ziele für die kommenden Jahre bilde daher der Ausbau der Schulsozialarbeit. Noch in diesem Jahr soll dies an fünf weiteren Grundschulen im Kreis erfolgen. Die Schüler seien mit den Ansprechpartnern vor Ort dann schon vertraut und könnten sich neben dem Unterricht vertrauensvoll an diese wenden. Hinzu kommen Präventionsmaßnahmen wie die bundesweiten Projekte „Demokratie leben“ oder „Frühe Hilfen“, an denen sich das Jugendamt schon in der Vergangenheit beteiligt habe. Aber auch das Jugendtaxi – ein Angebot, das derzeit entsteht und an dem Gräve aktiv mitwirkt. In Zusammenarbeit mit dem Jugendbildungswerk Rheingau-Taunus bietet der Fachdienst Jugendlichen außerdem eine Vielzahl an Freizeitangeboten, von Tagesfahrten über Workshops bis hin zu Städtereisen, an.

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Der Job habe aber auch Schattenseiten, gesteht Gräve. „Vor Ostern gingen zeitgleich mehrere Meldungen von Kindeswohlgefährdungen ein. Kein einfacher Job, den das Team des Kinderschutzes dann verrichten muss.“ Denn wer trenne schon gerne ein Kind von den Eltern. Das wolle niemand, gehöre aber auch zur Arbeit dazu. „Ich sehe diese Herausnahme aus der Familie jedoch auch als einen ersten wichtigen Schritt hin zu einer möglichen Verbesserung der Gesamtsituation. Dann können wir in die Familien gehen, konkrete Ursachenforschung betreiben und unsere Hilfen und Unterstützungsmaßnahmen anbieten, um eine Kehrtwende für die Familien herbeizuführen. Einige Eltern können die Hilfen annehmen und die Kinder können wieder in ihre Herkunftsfamilie zurückgeführt werden. Dies ist unser oberstes Ziel.“

Die Realität zeigt aber auch, dass der Verbleib von Kindern und Jugendlichen in den Familien unter Umständen eine zu große Gefahr darstellen kann. „Wir müssen natürlich genau abwägen, was zum Wohle des Kindes am besten ist“, sagt Gräve.