
Die Organisatorinnen Belinda Brück und Stefani Schmeer haben für die urgemütliche Veranstaltung „echte Fachleute“ gewonnen.
Bischoffen-Niederweidbach. Bischoffens Bürgermeister Marco Herrmann hat jetzt gut 70 Gäste zum „Plattschwätznoochmiddoach“ im Dorfgemeinschaftshaus in Niederweidbach begrüßt – natürlich „off Platt“. Sein Dank galt vor allem Belinda Brück und Stefani Schmeer für die Organisation der urgemütlichen Veranstaltung, für die „echte Fachleute“ gewonnen werden konnten.
Heitere, aber auch nachdenkliche Momente
Friedhelm Cornelius, der Vorsitzende des Vereins zur Erhaltung der mittelhessischen Mundart und Kultur (VEMuK), sorgte mit Gedichten verschiedener Vereinsmitglieder für heitere, aber auch nachdenkliche Momente. Außerdem hatte er Erika Nebeling aus Atzbach mitgebracht, die ihre vergnüglichen Gedichte auch in Buchform herausgegeben hat und weit über ihren Heimatort bekannt ist. Dritte im Bunde waren die „Wäller Hofsänger“, die ebenfalls bestens ankamen.
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Nachdem sich die Gäste bei Kaffee und Kuchen ausgiebig ausgetauscht hatte, waren sie ganz Ohr, um auch ja nichts zu verpassen. Mit einem herzhaften „Goure!“ hieß Cornelius seine Zuhörer willkommen – kurz und knapp ohne viele Schnörkel, wie es der echte Mittelhesse liebt.
Dadurch wird dieser oft als unfreundlich und stoffelig verkannt. Dabei ist er doch eigentlich eher gesellig und er kann, wie an diesem Nachmittag in aller Vielfalt bewiesen, seine Lebensumstände sehr gefühlvoll und präzise in passende Worte fassen.
Den Dialekt mit dem wunderbar rollenden „Rrr“ am Leben zu halten und salonfähig zu machen, das hat sich der VEMuK auf die Fahnen geschrieben: „Unser Verein hat 125 Mitglieder, zu denen auch Gruppen zählen, und ich hoffe, es ist noch nicht zu spät, den Dialekt unserer Heimat nicht in Vergessenheit geraten zu lassen“, sagte Cornelius.
Der VEMuK bietet auch einiges an Veranstaltungen an. „Dialekte sind sehr verschieden. Man muss sich erst einmal einlesen, denn mancher Begriff heißt ein Dorf weiter schon anders.“ Als Beispiel nannte Cornelius die Lahn, die von „Leeh“ bis „Luh“ mehrere Bezeichnungen hat.
„Die Moddersprooch heeßt su, weil de Voadder naut se soa hot“
„Die Moddersprooch heeßt su, weil de Voadder naut se soa hot“, servierte der VEMuK-Vorsitzende als erste witzige Bemerkung, aber das Eis war schon lange gebrochen.
Karl-Paul Kortz aus Tiefenbach war der erste Autor, dessen meist tiefgründigen Werke sich mit eben jener Muttersprache oder auch der Heimat beschäftigen. Er greift aber auch immer wieder lustige Begebenheiten auf wie der Besuch einer Dame vom Land im Café in Weilburg, wo sie sich fragte: „Woas hot beim Riwwelkuche e Goawwel doa se suche?“ Das Kuchenstück landete natürlich prompt auf dem Boden.
Lieselotte Euler aus Brandoberndorf hat sich beispielsweise mit den verschiedenen menschlichen Charakteren beschäftigt und festgestellt, dass es Gott sei Dank nicht nur „Sticheler en Praddeler“ gibt, die alles besser können, aber nichts auf die Beine bringen. Und auch die Rechtenbacher Heimatdichterin Ottilie Martin wurde rezitiert. Ihr „Wunderheiler“ sorgte zum Beispiel für viel Gelächter, weil „de Kall“ keine Hilfe wollte: „Aich sei noch Woche krank geschriwwe!“
Erika Nebeling hatte einige ihrer beliebtesten Werke ausgewählt und traf auf gut gespitzte Ohren für „Müllersch Goll“, die im Wartezimmer beim Arzt Diagnosen stellt, oder „de Otto“, der im Zug die Mitreisenden mit gekochten Eiern foppt.
Inge Velte aus dem Publikum gab noch ein Gedicht vom „Herwesche Mirdesmarde“ (Herborner Martinimarkt) zum Besten. Die „Wäller Hofsänger“ Dieter Ludwig, Carola Geupel und Hans Peter Haust aus Driedorf machten dann den Abschluss mit ihren Liedern in der erfrischenden Tonart „Rrr-Durrr“. Sie sagten „Hui Wäller, guten Tach“, hatten mit „Minsche wej mir“ kölsche in wäller Töne verwandelt und neben vielen weiteren Stimmungsliedern auch „Hennernannerdrensinglierer“, also ein Potpourri, mitgebracht. Bei „De Pullbomb“ sang auch das Publikum eifrig mit. Und frei nach Freddy Quinn stimmten alle gemeinsam voller Überzeugung „Su schieh hummersch hej“ an.
„Aktiv-Woche 60+“ mit vielen Angeboten
Der gelungene Nachmittag unter der Überschrift „Mir schwätze platt“ gehörte sicher zu den Höhepunkten der vierten, gut genutzten und von der Gemeinde angebotenen „Aktiv-Woche 60+“. Den Auftakt hatte eine Zwei-Burgen-Tour gemacht, deren Teilnehmer die Burg Hohensolms und deren Vorgängerin am „Altenberg“ erkundet haben. Die Birkenhof-Brennerei in Nistertal war das Ziel der ersten Tagesfahrt. Nach Winterberg mit der Panorama-Erlebnisbrücke und im Anschluss zu den Passionsfestspielen in Hallenberg ging es ebenfalls. Den Abschluss machte ein fachkundiger Waldspaziergang mit Revierförster Leon Ochs unter dem Motto „Wald und Wild“.