
Beamte des Verkehrsdienstes nehmen die Sicherheit der Fahrräder in den Blick. Und es geht um gestohlene Zweiräder. Einblicke in eine Kontrollfahrt.
Dillenburg. „Erwischt“, denke ich mir, da sitze ich noch keine Minute Polizeihauptkommissar Gregor Zylka und seinen beiden Kollegen Dennis Schönberger und Henrik Freier gegenüber. Das Trio gehört zum Verkehrsdienst Lahn-Dill und ist seit Kurzem auch dienstlich mit dem Pedelec unterwegs. Es geht um Diebstahl und die Sicherheit auf zwei Rädern.
Und da fühle ich mich gleich ertappt, als ich höre, dass bei der Fahrrad-Beleuchtung auch seitliche Reflektoren vorgeschrieben sind. „Lichttechnische Einrichtungen nicht vorschriftsmäßig“ lautet der Tatbestand mit der Nummer 367100. Und für den sind 20 Euro „Bußgeld“ vorgesehen.
Furcht war ganz umsonst
Weil ich – im Interesse der eigenen Sicherheit – vollkommen einsichtig bin, würde ich bei den Rad-Polizisten heute mit einer mündlichen Verwarnung davonkommen. Wie sich später zeigt, war meine Furcht jedoch umsonst, denn meine Reifen weisen auf dem Mantel ringförmig angebrachte reflektierende Streifen auf.
Mit sogenannten Speichenhülsen oder den bekannteren orangen „Katzenaugen“ wären die Vorschriften des Paragrafen 67 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung für Fahrräder für die seitlichen Reflektoren auch erfüllt. Mindestens die „Katzenaugen“ aber sind bei vielen Radlern ein „Geht gar nicht“. Allein auch hier gilt der Grundsatz: „Sicher geht vor chic“.
Die seitlichen Reflektoren sind, wie sich bei der anschließenden Kontrollfahrt in Richtung Niederscheld schnell zeigt, so etwas wie der Klassiker unter den Mängeln. Und auch bei der übrigen Beleuchtung ist nicht alles Gold, was strahlt.
Frontscheinwerfer ohne Zulassung
Ein E-Mountainbike-Fahrer, den Zylka und seine Kollegen bei Niederscheld anhalten, weil er mit einem Kopfhörer auf den Ohren unterwegs ist, hat gleich zwei Frontscheinwerfer montiert, aber beide haben keine Zulassung. Ob ein mit Batterie betriebenes Licht eine solche hat, lässt sich an der Zulassungsnummer erkennen. Die beginnt mit einem Wellensymbol, dem ein „K“ und eine mehrstellige Zahl folgen.
Neben dem Scheinwerfer sind auch für die Front und das Heck Reflektoren vorgeschrieben. Denn noch wichtiger als die eigene Sicht auf den Fahrweg ist das Gesehenwerden von den übrigen Verkehrsteilnehmern.
Dieser „Lebensversicherung“ dient auch helle Kleidung oder solche mit reflektierenden Teilen. Eine andere ist der Fahrradhelm, der zwar nur für Kinder vorgeschrieben ist, den die Beamten aber dringend empfehlen. „Wir müssen uns das Elend angucken“, sagt Kerstin Müller, Pressesprecherin der Polizei, zu den Unfallfolgen, wenn Radler ohne Helm stürzen oder von Autos oder gar Lastwagen angefahren werden.
Mehr Akzeptanz bei Streife auf dem Rad
Seit die Polizisten selbst mit dem Rad unterwegs sind, sei die Akzeptanz bei den Kontrollen sehr viel größer, berichtet Henrik Freier. Auch wenn der ungewohnte Anblick gelegentlich noch für etwas Skepsis sorgt. „Wir sind die echte Polizei“, heißt es dann und kann mit Ausweis belegt werden. Neben der Sicherheit der Radler geht es den Rad-Polizisten aber auch um die Aufdeckung von Straftaten. Konkret um den Diebstahl von Rädern. Bei denen habe es zuletzt eine Verschiebung hin zu hochwertigen E-Bikes und Pedelecs gegeben, erklärt Kerstin Müller.
Als ihre Kollegen auf dem Radweg einen jungen Mann auf einem Mountainbike ohne Motorunterstützung anhalten, scheinen sie einen solchen Fall aufgedeckt zu haben. Der Radler kann sich nicht ausweisen, vor allem aber fällt eine Nummer auf seinem Rad auf. Gleich fünf Treffer sieht Gregor Zylka, als er die Nummer in seinem Smartphone mit den Daten einer Art Fahndungskartei abgleicht.
„Ich habe jetzt eine Streife angefordert, damit wir die Besitzverhältnisse klären können“, erklärt Zylka dem jungen Mann, der angibt, das Rad über Ebay gekauft zu haben. Das bestätigt sich später, ist aber gleichwohl keine Garantie dafür, dass ein Rad nicht trotzdem gestohlen worden ist. Gerade bei neuen hochwertigen Rädern, die im Internet günstig angeboten werden, rät die Polizei, genau hinzusehen und auf Besitznachweise zu achten.
Steife entdeckt Rad, nach dem gefahndet wird
Als die Beamten der alarmierten Streife später die Fahrgestellnummer entdecken, die unter einem angeschraubten Schutz verborgen war, stellt sich auch heraus, dass nicht nach dem Rad des jungen Mannes gefahndet wird. Ein anderer Radfahrer, der mit einem neuen Elektrorad auf dem Wilhelmsplatz kontrolliert wird, kann den Kauf nach einer kurzen Fahrt zu seiner Wohnung belegen. Er verspricht, die fehlenden Reflektoren bald zu montieren. Und als die Rad-Polizisten schon weiterfahren wollen, läuft der gerade Kontrollierte ihnen noch mit einer Frage nach. Wo er denn sein Fahrrad codieren lassen könne. „Einfach bei der Polizei anrufen“, antwortet Gregor Zylka.
Der eingravierte Code biete immer noch die größte Chance, ein gestohlenes Rad zurückzubekommen. Etwa, wenn es bei einer Kontrolle der Rad-Polizisten auffällt.
Eine Ordnungswidrigkeit muss ich dann doch noch einräumen, von der ich auch nicht wusste, dass sie eine ist: Freihändig fahren ist nicht erlaubt. „Das kostet fünf Euro“, erklärt Dennis Schönberger, aber heute wird nur ermahnt, wer sich einsichtig zeigt.
100 Euro für Fahren über eine rote Ampel
Andere Verstöße sind nicht so billig. Wer etwa ein Rotlicht überfährt, das schon länger als eine Sekunde leuchtet, ist mit 100 Euro dabei. Und noch teurer wird es bei frisierten Elektrorädern. Hier geht es auch um Verstöße gegen den Versicherungsschutz und möglicherweise Fahren ohne Fahrerlaubnis. Das wird dann vor Gericht geklärt.
Ach ja, und von meiner Stirnlampe am Helm muss ich mich auch verabschieden. Damit andere Verkehrsteilnehmer nicht geblendet werden, darf die Beleuchtung an Fahrzeugen nicht höher als 1,20 Meter angebracht sein. Das leuchtet auch mir buchstäblich ein.