Kreis-Jobcenter um 11 346 Euro betrogen

Das Jobcenter des Lahn-Dill-Kreises zahlt Hartz IV aus. Empfänger, die die Behörde betrogen hatten, landeten nun vor dem Dillenburger Amtsgericht.   Archivfoto: Jörgen Linker
© Jörgen Linker

DILLENBURG. Mit Betrug gegenüber dem Kreis-Jobcenter hatte es das Amtsgericht in Dillenburg zu tun: Angeklagt waren ein 30-Jähriger, der aus einer Haftanstalt vorgeführt...

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. DILLENBURG. Mit Betrug gegenüber dem Kreis-Jobcenter hatte es das Amtsgericht in Dillenburg zu tun: Angeklagt waren ein 30-Jähriger, der aus einer Haftanstalt vorgeführt wurde, und seine 23 Jahre alte Lebensgefährtin. Staatsanwältin Alena Fuhrmann warf ihnen vor, in den Jahren 2017 und 2018 in Dillenburg Hartz-IV-Leistungen in Höhe von 11 346 Euro erschlichen zu haben, weil sie Einkünfte verschwiegen hätten. Die Angeklagten waren geständig.

Er sei damals in einem persönlichen Tief gewesen, erklärte der Mann und berichtete von einem Leben, das sich nur um Arbeit und Drogenbeschaffung gedreht habe. Papiere habe er ungelesen weggeworfen.

Ab dem Alter von 16 Jahren habe er Heroin genommen, nachdem ihm Cannabis nicht mehr genügt habe. Erst spät habe er erkannt, dass er sich in einem Teufelskreis befand, aus welchem schwer raus zu kommen gewesen sei. Gegen die Wirkung der Drogen nahm er Medikamente, die bezahlte er mit dem Geld, das er durch seine Arbeit verdiente. Die Rettung für ihn sei mit der Haft gekommen: "Jetzt bin ich seit einem Jahr drogenfrei, und das will ich auch bleiben", versicherte er dem Gericht.

Er bemühe sich darüber hinaus um Wiedergutmachung des Schadens. Die habe er dem Jobcenter angeboten und auch schon begonnen. Aufgrund des niedrigen Einkommens von 40 Euro im Monat beschränke sich das zwar nur auf fünf Euro im Monat, aber er hoffe, bald wieder arbeiten zu können und dann mehr zu zahlen.

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Rechtsanwalt Jochen Hentschel stellte klar: "Er ist jetzt ein anderer Mensch als vor der Haft." Deren Bedingungen allerdings schilderte der Angeklagte als sehr deprimierend: Aufgrund der pandemiebedingten Wirtschaftskrise gebe es keine Arbeit mehr. Und der Einschluss in der Zelle werde nur durch eine Stunde Sport unterbrochen: "Das ist ein reines Wegsperren."

Die als Zeugin geladene Mitarbeiterin des Jobcenters irritierte den Richter durch das völlige Fehlen von Unterlagen; sie behauptete, die Informationen habe sie alle im Kopf. Dies sei, meinte der Richter, völlig ungewöhnlich. Aber auch so wurde bestätigt, dass es eine erhebliche Überzahlung gegeben haben muss, die den beiden behördlich unerfahrenen Angeklagten nicht angelastet werden müsse. "Hier liegt ein Behördenversagen vor", sagte Rechtsanwalt Hentschel. "Das muss sich auf das Strafmaß auswirken."

Die Lebensgefährtin des Angeklagten, eine 23-Jährige, hatte sich offensichtlich um gar nichts gekümmert, was nach behördlichen Schreiben aussah; das habe sie ihrem Freund überlassen. Auch sie hatte das Jobcenter betrogen, indem sie eigenes Einkommen verschwieg.

Staatsanwältin Fuhrmann sah die Anklage des Betrugs durch die Hauptverhandlung bestätigt. Allerdings: Die Angeklagten seien geständig und bemühten sich um Wiedergutmachung des Schadens. Sie seien beide auf einem guten Weg.

Rechtsanwalt Hentschel verwies auf die günstige Sozialprognose seines Mandanten, der in der Haft ein anderer Mensch geworden sei. Er habe jetzt die Chance, außerhalb der Justizvollzugsanstalt ein neues Leben zu beginnen. Er bat um eine milde Strafe.

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Beide Angeklagten beteuerten in ihren Schlussworten, dass sie inzwischen erkannt hätten, welche Fehler sie gemacht haben. "Ich wäre froh, wenn ich noch eine Chance bekäme, und ich werde sie nutzen", erklärte der 30-Jährige.

Diese Chance gab ihm Richter Gampe mit seinem Urteil: Acht Monate Freiheitsstrafe, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden. Dazu kommen 300 Stunden gemeinnützige Arbeit. Sollte er inzwischen einen Arbeitsplatz finden, werden ihm davon 100 Stunden gutgeschrieben. Beide Seiten erklärten Rechtsmittelverzicht, sodass das Urteil rechtskräftig wurde.