Urteil gegen Eltern aus Ehringshausen überprüfen lassen

Symbolfoto: Sebastian Duda/Fotolia

Die Eltern aus Ehringshausen, deren kranke Tochter 2016 starb, wurden zu zwei Jahre Haft auf Bewährung wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft legt nun...

Anzeige

EHRINGSHAUSEN/ LIMBURG. Nach dem Urteil des Limburger Landgerichts gegen zwei Eltern aus Ehringshausen, die ihre Tochter haben sterben lassen, hat die Staatsanwaltschaft Limburg Revision eingelegt.

Die Eltern der jungen Frau, die mit dem Down-Syndrom zur Welt gekommen war und neben Diabetes an einigen Begleiterkrankungen litt, waren Mitte Oktober nach einem achtmonatigen Prozess zu je zwei Jahren Haft auf Bewährung wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden. Die ältere Schwester war freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte bei den Eltern Totschlag durch Unterlassen gesehen und je neuneinhalb Jahre Haft gefordert sowie ein halbes Jahr Haft auf Bewährung für die Schwester wegen unterlassener Hilfeleistung.

"Wir sind mit der Entscheidung des Gerichtes nicht einverstanden", erklärt Oberstaatsanwalt Uwe Braun von der Zweigstelle Wetzlar der Staatsanwaltschaft Limburg. Natürlich müsse erst die schriftliche Urteilsbegründung abgewartet werden, doch ein so mildes Urteil sei "überprüfungsbedürftig", wie Braun sagt.

Anzeige

Die Kammer unter Vorsitz des Landgerichts-Vizepräsidenten Andreas Janisch hatte es als erwiesen angesehen, dass die Frau an einer Ketoazidose gestorben ist - vereinfacht gesagt an stark überhöhtem und nicht behandeltem Blutzucker. Das hatte das rechtsmedizinische Gutachten ergeben. Auch war die Kammer davon ausgegangen, dass es mindestens zwei Tage vor dem Versterben alarmierende Krankheitsanzeichen gegeben haben muss, die auf die Ketoazidose hinwiesen. So hatten es auch zwei unabhängig voneinander gehörte Gutachter ausgesagt. Die Quintessenz ihrer Ausführungen: Trotz vieler Nebenerkrankungen der Verstorbenen müssen die Anzeichen des nahenden Todes erkennbar gewesen sein.

Anders als die Kammer sehe die Staatsanwaltschaft auch weiterhin einen Totschlag durch Unterlassen, erklärt nun Braun. Es gelte, das Augenmerk auf die Eltern zu richten, die während des Verfahrens immerhin zeitweilig in Untersuchungshaft genommen worden waren.

Bei einer Revision werden - anders als bei der Berufung - grundsätzlich nicht noch einmal die tatsächlichen Umstände des Falles untersucht, sondern lediglich das Urteil der vorherigen Instanz auf Rechtsfehler überprüft. Dass es zu einer Revision kommen könnte, hatte der Vorsitzende Richter Andreas Janisch bereits angedeutet. Er hatte in der Urteilsbegründung von einem "schwierigen Fall" gesprochen und erklärt, er sehe einen "revisionsrechtlichen Überprüfungsansatz".

Zuvor hatte er auch aus verfahrensrechtlichen Gründen das Abstimmungsverhalten der fünfköpfigen Kammer offengelegt. "Das ist ein ungewöhnlicher Schritt", hatte er gesagt. Denn: Die Mehrheit der Kammer, drei der fünf Richter, sahen Vorsatz statt Fahrlässigkeit. Für eine qualifizierte Mehrheit wären jedoch vier Stimmen nötig gewesen. Deshalb greife das mildere Gesetz - fahrlässige Tötung.

Die Kammer hat wegen der langen Dauer des Hauptverfahrens einige Zeit, das schriftliche Urteil zu verfassen. Dann bleibt der Staatsanwaltschaft ein Monat Zeit, ihren Widerspruch zu begründen. Dann liegt das Heft des Handels beim Bundesgerichtshof. Mit einer endgültigen Entscheidung noch in diesem Jahr ist nicht zu rechnen.

Anzeige

Von (red)