Dillenburg/Haiger: Keine Aufforstung im Brandwald

aus Wald- und Flächenbrände

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Zerstörte Landschaft nach dem großen Brand: Das Naturwaldreservat zwischen Frohnhausen und dem Roßbachtal soll nicht aufgeforstet werden.  Foto: Katrin Weber

Im Naturreservat zwischen Dillenburg und Haiger muss sich die Natur nach dem Brand selbst helfen. Warum das auch eine Chance ist, erklärt Herborns Forstamtsleiter Jochen Arnold.

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DILLENBURG-FROHNHAUSEN/ HAIGER-NIEDERROSSBACH. Ein großer Teil des Waldes, der bei dem verheerenden Brand am vergangenen Wochenende zerstört worden ist, wird aller Wahrscheinlichkeit nach nicht neu angepflanzt. Das hat Jochen Arnold, Leiter des Forstamts Herborn, auf Anfrage mitgeteilt. Die Folgen des Feuers sieht der Forstmann gleichzeitig auch als Chance.

Der Grund dafür, dass an der Auerhahnhütte nicht neu gepflanzt werden soll, ist der Status der Fläche. Diese ist nämlich ein Naturwaldreservat, ein Bannwald, der nicht bewirtschaftet werden darf.

Erkenntnisse gewinnen über den Naturwald

Insgesamt 40 solcher Reservate gibt es in Hessen, davon waren nur vier Nadelbaum-Bestände. Im Fall des jetzt abgebrannten Waldes waren es hauptsächlich über hundert Jahre alte Fichten, die allerdings in den Dürre-Jahren zuvor bereits nach dem massenhaften Borkenkäfer-Befall abgestorben waren.

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Die zwanzig Hektar sind eine sogenannte Prozessschutzfläche, aus deren Entwicklung die Forstwissenschaftler Erkenntnisse über die Entwicklung von nicht bewirtschafteten Flächen ziehen wollen. Dass nun über die Hälfte der Bäume, des Unterwuchses und des Humus verbrannt sind, kann dafür eine neue Chance sein.

Ohne Humusdecke können Pflanzen keimen

Etwa elf Hektar des Reservats sind verbrannt. Zur Brandbekämpfung wurde um die hauptsächlich betroffenen Flächen maschinell eine Schneise geschlagen; und zur Verkehrssicherung mussten außerdem einige Bäume entnommen werden. Letztlich bleiben etwa sieben Hektar unberührte Waldfläche übrig, die nicht verbrannt ist. Das bietet eine spannende Vergleichsmöglichkeit. In welchem Teil entwickelt sich die Natur schneller und besser, welche Baum- und Pflanzenarten keimen, wurzeln, wachsen und gedeihen auf welchem Boden besonders gut?

Im Nordwesten des Bannwaldes waren durch Funkenflug Bodenfeuer in einer Dickung aus 14 Jahre alten Douglasien, Fichten, Lärchen, Buchen, Birken, Ebereschen und Kastanien entstanden. Nach den Schäden des Orkans Kyrill war dieser Mischwald auf einer Fläche von bis zu 19 Hektar angelegt worden. Er brannte jetzt nicht komplett nieder. Auch dort wollen die Forstleute warten, was durch Naturverjüngung entsteht, welche Samen anfliegen, welche mit dem Vogelkot dort abgeworfen werden.

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4500 Hektar stehen derzeit leer, schätzt Arnold

Die Voraussetzungen dafür sind laut Arnold nicht schlecht, denn das Feuer hat den Humus, die obere Schicht des Waldbodens verbrannt. Nun liegt der Mineralboden frei, was gut für die Verwurzelung der keimenden Samen ist.

Die Naturverjüngung ist die einzige Chance, wieder zu einem Baumbestand zu kommen. Allein im Bereich des Forstamts Herborn, das bis nach Haiger und Dietzhölztal reicht, sind Flächen von 4500 Hektar, auf denen einstmals Fichten wuchsen, nach den Schadensfällen der vergangenen Jahre abgeerntet und leer, wie Jochen Arnold grob schätzt.

Birken und Ebereschen sind die Pionierbäume

Das alles selbst neu zu bepflanzen, wäre nicht zu schaffen. Deshalb lässt man rasch wachsende Birken, Ebereschen und Bergahorn erst einmal gewähren. Sie zählen zu den Pionierbaumarten, also zu denen, die als erste auf kahlen Flächen wieder keimen und anwachsen.

Zu ihnen zählen auch andere Lichtbaumarten, die vor allem in ihrer Jugend viel Licht brauchen, wie etwa Stieleichen, Kiefern, Lärchen, Erlen, Pappeln und Salweiden. Auch sollen alte Bäume, die noch da sind, erhalten bleiben - selbst wenn es Fichten sind.

Alte Bäume, aber auch niedriger Bewuchs beschatten die Oberfläche und regulieren die Verdunstung. An kahlen Stellen steigt ansonsten in Hitzeperioden die Oberflächenspannung des harten Bodens, wodurch Regenwasser, so es denn welches gibt, nicht in den Boden dringt.

Von Martin H. Heller