Gemeinsam mit einem Komplizen hat eine 25-Jährige einen Rentner beraubt.
SIEGEN. Es ging schnell bei der Urteilsverkündung im Siegener Landgericht. Drei Jahre und neun Monate muss die junge Frau ins Gefängnis, die im Mai 2020 an einem schweren Raub an einem Senior beteiligt war. "Sie können von Glück sagen, dass es einen minderschweren Fall gibt", betont Richterin Elfriede Dreisbach in Richtung der nunmehr Verurteilten. Ansonsten hätte das Mindeststrafmaß erst bei fünf Jahren begonnen.
Gerade einmal 20 Minuten braucht die Vorsitzende, das Urteil zu verkünden und zu begründen. Ein großer Teil war dabei eine ziemlich persönliche Auseinandersetzung mit der Angeklagten.
Diese ist 25 Jahre alt, kam mit 14 das erste Mal mit Drogen in Berührung, zwei Jahre später ging es richtig los. Da zog sie aus dem Elternhaus aus, wurde schwanger, stürzte mehr und mehr ab, ohne heute richtig zu wissen, warum.
Angeklagte wusste nichts von Wagffe ihres Komplizen
Am 13. Mai sollte es eigentlich ohne Gewalt ablaufen. Ihre Aufgabe war es, das Opfer in ein Gespräch zu verwickeln, während ihr Freund und Komplize die Wohnung nach jenem Bargeld durchsuchen sollte, von dem der Senior beim ersten Gespräch etwas unvorsichtig gesprochen hatte. Dass der Mittäter, auf dessen Spur die junge Frau die Staatsanwaltschaft durch ihre Aussage erst gebracht hatte, plötzlich eine Waffe dabei hatte und gewalttätig wurde, war nicht geplant. Das hat die Kammer der Frau auch geglaubt. Da sie allerdings dennoch weiter mitmachte, wird ihr das gesamte Verhalten trotzdem zugerechnet.
Für die Anklagepunkte Freiheitsberaubung und Körperverletzung sah das Gericht dagegen keinen Anhaltspunkt. Die Angeklagte habe nicht gewusst, wie stark ihr Partner die Fesseln des Opfers angezogen habe. Der minderschwere Fall resultiert am Ende aus einer durch Drogen und Alkohol sowie Suchtdruck stammenden eingeschränkten Steuerungsfähigkeit.
Gericht folgt Empfehlung des Sachverständigen
Nach langer Diskussion und mit gemischten Gefühlen sei das Gericht der Empfehlung des Sachverständigen gefolgt, die Angeklagte nicht in eine Entziehungseinrichtung einzuweisen. Diese habe klare Vorstellungen, wolle zunächst ihren Schulabschluss nachholen und dann gegen Ende der Haft eine freiwillige Therapie antreten.
Diese Lösung habe gerade bei Drogensüchtigen meistens eine größere Aussicht, sagte Elfriede Dreisbach und bescheinigte der Angeklagten, trotz ihrer Sucht noch keinen zerstörten Intellekt zu haben. Es gebe noch ein funktionierendes Gehirn, wenngleich das nicht unbedingt in die gleiche Richtung wolle, wie die Kammer. Sicherlich seien die Suchtkliniken auch durchaus auf die Behandlung etwas störrischer Patienten eingerichtet. "Wir befürchten aber, dass sie ganz zumacht, wie es ihre Eltern aus ihrer Kindheit kennen", fügt die Vorsitzende für den Fall einer sofortigen Maßnahme an. Dann habe die 25-Jährige keinen Abschluss und eine gescheiterte Therapie, das könne in niemandes Interesse sein.
"Wir hoffen, dass alles so läuft, wie Sie es sich wünschen. Und dass wir uns nicht mehr sehen", gab Dreisbach der Verurteilten mit, die Rechtsmittelverzicht erklärte. Der Staatsanwalt schloss sich an.
Das Verfahren gegen den Mittäter ist noch nicht abgeschlossen.