Glasfaser-Ausbau: Welchen Weg wählt Herborn?

Unscheinbare Leitung mit viel Potenzial: Der Glasfaser-Ausbau wird derzeit überall im Lahn-Dill-Kreis diskutiert.

Überall im Lahn-Dill-Kreis wird derzeit über schnelleres Internet diskutiert. Nun haben sich verschiedene Anbieter in Herborn vorgestellt. So geht es weiter.

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HERBORN. Lieber etwas mehr Zeit lassen, als Hals über Kopf zu entscheiden - das ist in Herborn der Tenor zum Glasfaser-Ausbau. Ums schnelle Internet drehte sich eine gemeinsame Sitzung von zwei Ausschüssen des Parlaments.

Drei Bewerber stellten ihre Pläne am Donnerstagabend im Comeniussaal des Rathauses vor. Die Mitglieder des Bauausschusses sowie des Haupt- und Finanzausschusses gaben zunächst noch keine Empfehlung für eines der Unternehmen ab.

Stattdessen sprachen sie sich für ein Interessenbekundungsverfahren aus. In diesem können alle Marktbeteiligten ihr Angebot zum Glasfaserausbau abgeben. Fachleute der Verwaltung sollen den Gremien dann Vor- und Nachteile präsentieren. Eine Entscheidung wäre dann beispielsweise ab dem ersten Quartal 2023 denkbar.

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Steubing sieht keinen "Druck auf dem Kessel"

Eingeladen war auch Hermann Steubing, Sprecher der vom Kreis und den Gemeinden getragenen Initiative "Lahn-Dill-Breitband". Die Abwägung, welchen Weg eine Kommune gehe, sei nicht einfach. Deshalb gebe er auch keine Empfehlung für einen bestimmten Bewerber ab.

Aber er hielt fest: "Die Frage, die man sich stellen muss: Gibt es Druck auf dem Kessel? Nein, den gibt es nicht." Als Ziel für den Abschluss des Vollausbaus im Kreis nannte er das Jahr 2030.

Im Lahn-Dill-Kreis kommt das schnelle Internet in mehreren Etappen. Dafür sorgen auch kreisweite Projekte. Das E-Projekt (E steht für Erweiterung) schloss bereits alle Schulen und Krankenhäuser sowie 400 Unternehmen direkt ans Glasfasernetz an. Dies ermöglicht Datenraten von bis zu einem Gigabit pro Sekunde. Außerdem läuft das G-Projekt (Gewerbe), das 10.000 Firmen in Gewerbegebieten im Lahn-Dill-Kreis mit dem Glasfasernetz verbindet. Die "Big Player" hätten das ohnehin schon auf eigene Kosten in die Wege geleitet, sagte Steubing.

Zu den drei Bewerbern in Herborn zählen Liberty Networks (inzwischen unter dem Namen Hello Fiber auf dem Markt), die Deutsche GigaNetz und GlasfaserPlus, eine Telekom-Tochterfirma. Man wisse, dass auch Nachbarkommunen genau darauf schauen, wie sich Herborn entscheide, ließ ein Hello-Fiber-Vertreter durchblicken.

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Sowohl die Deutsche GigaNetz, als auch Hello Fiber stellten einen Baustart im Jahr 2023 in den Raum. GlasfaserPlus nannte hingegen 2024. Beginnen würde der Glasfaser-Ausbau dann in der Kernstadt - anders als im Fall der übrigen Bewerber ohne Vorvermarktung.

Situation der Stadtteile beschäftigt Lokalpolitiker

Im Kern gab es zwei weitere Unterschiede: Hello Fiber und die Deutsche GigaNetz versprachen einen Ausbau zu annähernd 100 Prozent mit eigenen Mitteln. Ein Vertreter von GlasfaserPlus merkte an, dass es ohne Fördergelder keine komplette Erschließung geben werde. Im Fall der Telekom-Tochter wäre allerdings - im Gegensatz zur Konkurrenz - kein Anbieterwechsel nötig. Das war kürzlich beispielsweise für Greifenstein ein entscheidendes Argument, sodass GlasfaserPlus den Zuschlag bekam. Sinn hingegen, das sich ebenfalls noch nicht entschieden hat, erteilte diesem Bewerber zuletzt eine Absage.

Vor allem die Situation der neun Dörfer, die Herborn umgeben, sorgte in den Reihen der Ausschussmitglieder allerdings für Diskussionsbedarf. "Die meisten unserer Bürgerinnen und Bürger wohnen in den Stadtteilen", hielt etwa Jörg Menger (SPD) fest. Thea Garotti (Grüne) nannte die Aussagen zum Ausbau in den Stadtteilen "sehr vage".

Glasfaser-Versorgung der Industrie spielt große Rolle

"Im Moment sehe ich die Eile nicht gegeben", sagte Manfred Rompf (Grüne). Es brauche zunächst eine Grundlage, um den besten Weg zu wählen. Für Günther Reeh (SPD) war auch entscheidend, dass "weite Teile der Industrie" mit Glasfaser versorgt sind oder werden. Es gehe somit kein Arbeitsplatz verloren, wenn man sich etwas mehr Zeit nehme, dafür aber eine gut abgewogene und sinnvolle Entscheidung treffe.