Begeisterung über Dickwurz-Schnitzen im Altkreis Wetzlar

Bad König. Kinder haben auf dem Bauernhof der Familie Hübner auf den "Pfälzer Höfen" Dickwurz ausgehöhlt und ähnlich der Halloween-Kürbisse mit geschnitzten Gesichtern versehen. Lisa (9) und Stefan (10). Foto: Sascha Lotz

Da werden Erinnerungen wach: Über hundert Leser haben nach unserem Artikel über den Brauch des Dickwurz-Schnitzens ihre Erlebnisse mit den Rübengeistern geschildert. 

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Wetzlar/Hüttenberg.Deutlich kleiner als der Halloween-Kürbis ist der Dickwurzmann. Dennoch, schön schaurig leuchtet auch er und besonders hell in den Erinnerungen, die unser Artikel „Es muss nicht immer Kürbis sein“ bei Lesern hervorgerufen hat. Über hundert Menschen haben ihre Erlebnisse, aber auch ihr Wissen zur Dickwurz, einer Futterrübe, in den Kommentaren auf unserer Facebook-Seite mit anderen geteilt.

Interessant, die Rübengeister sind im heimischen Raum noch unter weit mehr Namen als „Dickwurz Deuwel“, „gleuniche Deuwel“ oder „Gleuköpp“ bekannt. In den Kommentaren finden sich unter anderem die Begriffe „Rummeldeuwel“, „Roiwedeufel“ oder „Rommelfratze“, aber auch Dickwurzgesichter, Dickwurzlaterne, „Dickwurz Philipp“ und „Glühhänschen“. Die Dickwurz ist übrigens auch unter dem Namen Runkelrübe bekannt.

Geschnitzte Rübenköpfe waren der Hit

Egal wie sie genannt werden, die Kommentatoren sind sich einig, geschnitzte Rübenköpfe waren der Hit. „Das ist die Halloween-Ursprungslaterne“, schreibt eine Nutzerin. Eine andere: „Das haben wir als Kinder schon immer gemacht. (...) Teelicht rein und abends bei den Nachbarn vors Fenster gestellt. Ein Highlight!“ Noch etwas anderes erinnert sie: „Den süßlichen Duft der angekokelten Rübe vergisst man nicht.“ „Und die schönen braunen Hände danach“, merkt eine andere Nutzerin an.

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Leuchten schön schaurig in der Dunkelheit: Die Dickwurzmännder, die Kinder in Hohenahr geschnitzt haben. Foto: Tim Keßler
Leuchten schön schaurig in der Dunkelheit: Die Dickwurzmännder, die Kinder in Hohenahr geschnitzt haben. (© Tim Keßler)

Wie die Dickwurz riecht, das beschäftigt noch weitere Fans der Futterrübe. „Den Geruch beim Aushöhlen habe ich immer noch in der Nase. Es war ein Erlebnis“, heißt es unter anderem oder „das hat so gut gerochen, wenn das Teelicht drin war“.

Viele erzählen, wie sie den Brauch mit ihren Eltern, Geschwistern oder Freunden einst gepflegt haben; auch dass eine Dickwurz viel schwerer auszukratzen sei als ein Kürbis, oder man mit einer leuchtenden Dickwurzlaterne in den 1970er-Jahren im Ort erst zu St. Martin, am 11. November, umhergezogen sei. Auch frühe Variationen von „Süßes oder Saures“ soll es gegeben haben: „Wenn es nix Süßes gab, haben wir Zahnpasta an die Türklinke geschmiert“, schreibt jemand.

Frage der Nutzer: Wo bekommt man die Wurzeln her?

Eine Frage, die viele Nutzer bewegt, ist, wo man den heutzutage noch eine Dickwurz für den Gruselspaß mit den „Gleuköppen“ herbekommen könnte. „Schon ewig kein Dickwurzfeld mehr gesehen“, schreibt ein Nutzer. Doch auch dafür hat die Netzgemeinde Tipps: Bei einem Schweinehalter könne man anfragen oder die Rüben einfach selbst anbauen. Samen soll es im gutsortierten Fachhandel geben.

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Früher war das wohl einfacher, beim Bauern konnten sich die Kinder oft eine Dickwurz mitnehmen. So schildert es auch ein Nutzer: „Die Rübe gab es als Belohnung, nachdem man bei Bauern geholfen hatte, sie vom Wagen in den Dickwurz-Keller zu befördern.“ Viele Bauern haben einzelne Rüben wohl aber auch verschenkt.

Während die einen dem Brauch von einst nachtrauern, schreiben, die Rüben „sehen schöner aus, als Kürbisse“, gehen es andere pragmatisch an. „Heute sind es dann Kürbisse, mit denen dekoriert wird. Beides toll“, schreibt eine Kommentatorin.

Woher der Brauch mit den „gleuniche Deuwel“ stammt, ist übrigens nicht sicher geklärt. Als Ursprung könnte ein alter Erntedankbrauch infrage kommen. Aber auch einen Zusammenhang mit altertümlichen Lichtfesten ist denkbar. Zumindest gibt es in Hessen seit einigen Jahren wieder ein kleines Revival der Dickwurz. So fand in Hohenahr in diesem Jahr ein „Dickwurz-Gedeh“ statt. In Schlitz, einem Ort im Vogelsberg, gibt es ein Runkelrübenfest, auf das eine Facebook-Nutzerin verweist.