Frank Inderthal will Lahn-Dill-Landrat werden

SPD-Politiker Wolfgang Schuster (links) hat seinen Rückzug aus der Politik angekündigt, die Sozialdemokraten wollen deshalb zur Landratswahl kommendes Jahr mit Frank Inderthal (rechts) als Kandidat antreten.
© Jörgen Linker

Die SPD stellt den jetzigen Solmser Bürgermeister als Kandidat für die Nachfolge von Wolfgang Schuster vor. Ein Treffen in der „Naunheimer Mühle“ hatte den Weg bereitet.

Anzeige

Solms/Driedorf/Wetzlar/Dillenburg . Von rustikal zu diplomatisch: Wenn es nach den Sozialdemokraten geht, bleibt der Posten des Landrats im Lahn-Dill-Kreis in ihrer Hand, wechselt aber nächstes Jahr von Wolfgang Schuster auf Frank Inderthal. Der jetzige Solmser Bürgermeister will im Juni 2024 bei der Landratswahl kandidieren und dann die Nachfolge von Schuster antreten. Das hat er am Dienstag in Wetzlar mitgeteilt.

Inderthal sei am Montagabend vom Vorstand des SPD-Unterbezirks Lahn-Dill als Kandidat nominiert worden, berichtete Schuster in einer Pressekonferenz im August-Bebel-Haus, dem Parteisitz. Die endgültige Entscheidung über die Kandidatur trifft ein SPD-Parteitag Anfang September. Schuster (65) hatte am Montagvormittag im Kreistag erklärt, dass er bei der kommenden Landratswahl nicht mehr antreten will. Er hat den Posten seit 2006. Weitere Kandidaten sind bislang noch nicht bekannt.

Seit 13 Jahren Bürgermeister der Stadt Solms

Frank Inderthal ist 51 Jahre alt und seit 13 Jahren Bürgermeister der Stadt Solms. Wird er gewählt, will er das Bürgermeisteramt aufgeben. In Solms müsse dann vermutlich 2025 neu gewählt werden und in der Zwischenzeit der erste Stadtrat die Amtsgeschäfte übernehmen, erklärte er. Wird er nicht zum Landrat gewählt, „bleibe ich Bürgermeister in Solms“. Seine Amtszeit läuft noch bis 2028.

Anzeige

Die Landratswahl findet am 9. Juni 2024, zeitgleich mit der Europawahl statt. Termin für eine mögliche Stichwahl ist der 30. Juni. Der neue Landrat tritt seinen Dienst ab 6. November 2024 an, dann endet die Amtszeit von Wolfgang Schuster. Er wird dann Chef von rund 1300 Mitarbeitern in der Kreisverwaltung sein, außerdem zuständig für die kreiseigenen Lahn-Dill-Kliniken sowie die Abfallwirtschaft AWLD.

Inderthal wohnt in Niederbiel, ist im Ehringshäuser Ortsteil Niederlemp aufgewachsen und hat in Wetzlar Abitur gemacht. Vor seinem Bürgermeisteramt arbeitete der Diplom-Verwaltungswirt nach eigenen Angaben 16 Jahre als Beamter in der Agrarverwaltung des Landes Hessen, davon größtenteils im hessischen Landwirtschaftsministerium, zwei Jahre auch bei der Förderbank des Landes. Inderthal ist verheiratet und Vater von drei Kindern.

Wenn ich meinen Lebenslauf betrachte, war alles eine gewisse Vorbereitung darauf, Landrat zu werden.

Frank Inderthal, SPD Bürgermeister von Solms

Seine kommunalpolitische Karriere: 2001 ist er SPD-Mitglied geworden, von 2002 bis 2010 war er Stadtverordneter in Solms, seit 2010 ist er Bürgermeister in Solms. Und seit zehn Jahren ist er Sprecher der 23 Bürgermeister im Lahn-Dill-Kreis, seit zwei Jahren auch Kreistagsabgeordneter. 2022 wurde Frank Inderthal mit 92 Prozent als Bürgermeister wiedergewählt, er ist aktuell in seiner dritten Amtszeit. Auf seiner Habenseite für die Kandidatur sieht er unter anderem: berufliche Erfahrungen gesammelt; gut vernetzt in den Städten und Gemeinden im Kreisgebiet; vertraut mit den Aufgaben der Kreisverwaltung, „Wenn ich meinen Lebenslauf betrachte, war alles eine gewisse Vorbereitung darauf, Landrat zu werden.“

Anzeige

Schuster berichtete über die Auswahl des Kandidaten: „Als ich für eine dritte Amtszeit wiedergewählt wurde, war ich 60 Jahre alt – zu jung, um aufzuhören.“ Aber hätte er geahnt, welche Krisen anschließend gekommen wären … er lässt den Satz offen. Jedenfalls habe die SPD im Mai 2019 ein Arbeitstreffen mit potenziellen Landratskandidaten in der „Naunheimer Mühle“ arrangiert. „Ich habe gefragt, wer kandidieren will, und da fiel der Blick auf Frank Inderthal. Und er blickte zurück.“ Inderthal: „Ich habe da auch direkt zugesagt.“ Schuster: „Man musste ihn nicht zum Jagen tragen.“

Wir sind politisch sehr eng beieinander, aber bei mir ist es etwas rustikaler, er ist etwas diplomatischer.

Wolfgang Schuster, SPD Landrat des Lahn-Dill-Kreises

Beiden ist bewusst, dass sie völlig unterschiedliche Charaktere sind. „Wir sind politisch sehr eng beieinander, aber bei mir ist es etwas rustikaler, er ist etwas diplomatischer“, sagt Schuster und erklärt seinen Stil: „Ich mache seit 52 Jahren Musik und bin auf der Bühne und unterhalte Leute – aber wenn man nur heiße Luft produzieren würde, würden es die Leute sehr schnell merken.“ Inderthal sagt: „Ich werde Wolfgang Schuster nicht kopieren, ich bin ein anderer Mensch, mehr noch auf Ausgleich und Moderation bedacht.“ Und: „Ich versuche, das Herz nicht auf der Zunge zu tragen. Das ist mein Wesen.“

Schuster sagt: Aufgabe des Kreises sei es im Wesentlichen, Krisen zu bewältigen. Ein Landrat müsse dazu auf dem Klavier der Politik spielen können und der Verwaltung Ziele vorgeben. Inderthal greift das auf: In Krisen brauche es jemanden, der einen kühlen Kopf bei der Leitung der Verwaltung habe und Verantwortung übernehme – „dazu bin ich bereit“.

Rückzug von der SPD-Spitze in 2025

Schuster hatte am Montag in der Kreistagssitzung in Wetzlar erklärt, dass er an der kommenden Landratswahl nur noch als Wähler teilnehmen wolle, nicht aber als Kandidat. Der 65-Jährige sagte: „Vor dem Tod gibt es auch noch ein bisschen Leben und das möchte ich mir gönnen.“ Die Wahlperiode für die Direktwahl eines Landrats in Hessen beträgt sechs Jahre, Schusters dritte Amtszeit endet am 6. November 2024. Dann wird er 18 Jahre Landrat gewesen sein. So lange wie im Lahn-Dill-Kreis noch keiner vor ihm. Zuvor war er knapp elf Jahre Bürgermeister in seiner Heimatgemeinde Driedorf. Er ist zurzeit auch Präsident des hessischen sowie Vizepräsident des deutschen Landkreistages. Diese Posten gibt er automatisch mit dem Ende seiner Amtszeit auf. Bis 2025 will er noch Vorsitzender SPD Lahn-Dill bleiben. Dann will er sich ganz aus der Politik zurückziehen. „Dann ist Schicht im Schacht. Ich wäre sonst nur noch ein Störfaktor.“ Und die SPD Lahn-Dill muss nach 24 Jahren einen neuen Vorsitzenden finden.

Bei der vergangenen Landrats-Direktwahl 2018 hatte Schuster 79,2 Prozent der Stimmen geholt. Für Lothar Mulch (AfD) hatten 15 Prozent gestimmt, für Dominic Harapat 5,8 Prozent. Die CDU hatte keinen Kandidaten aufgestellt. Die Wahlbeteiligung lag damals bei nur 23,9 Prozent.