Bürgermeisterwahl Waldsolms: Kandidaten im Videoduell

Geboxt wird beim Videoduell der Waldsolmser Bürgermeisterkandidaten nur symbolisch fürs Foto. Roland Hörster (li.) und Michael Claudi ließen es sich hingegen nicht nehmen beim Frage-Antworten-Duell zu punkten.
© Jenny Berns

Michael Claudi (SPD) und Roland Hörster (parteilos) wollen Bürgermeister in Waldsolms werden. Was haben die Kandidaten zu wichtigen Themen der Gemeinde zu sagen?

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Waldsolms/Wetzlar. Michael Claudi (SPD) und Roland Hörster (parteilos) wollen Rathauschef in Waldsolms werden. Im Vorfeld zur Wahl am 8. Oktober haben sich beide in einem Videoduell der Wetzlarer Neuen Zeitung und mittelhessen.de den Fragen der Redaktion gestellt. Auch die Leserinnen und Leser hatten die Möglichkeit, per Mail Fragen an die Kandidaten einzureichen.

Die Resonanz war groß: 20 Leser haben insgesamt 58 Fragen oder Anliegen bei der Redaktion eingereicht. Insbesondere die Frage, welche Strategien die beiden Kandidaten in Bezug auf den Klimawandel für Waldsolms für sinnvoll halten, bewegt anscheinend. Auch Themen wie Personalmangel in den Kitas oder die Verkehrsanbindung der Gemeinde interessierten viele Leser. So haben die Kandidaten geantwortet.

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Zum Auftakt unseres Duells: Was denken Sie, warum Sie ein geeigneter Bürgermeister für Waldsolms wären?

Michael Claudi: Man braucht zum einen eine Menge Erfahrung. Ich bin Kommunalvertreter seit den 1990er-Jahren und im vergangenen Jahr in den Gemeindevorstand gewechselt. Der andere Teil ist schlichtweg meine berufliche Vorbildung. Wie viele Bürgermeister bin ich zuvor beim Finanzamt gewesen. Eine der Hauptsachen, die man als Bürgermeister machen muss, sind die Finanzen.

Roland Hörster: Ich bin auch seit 20 Jahren in der Kommunalpolitik tätig. Die vergangenen sechs Jahre habe ich die Verantwortung im Parlament, bin der Vorsitzende der Gemeindevertretung. Ich bin als Vorsitzender auch Mitglied im Haupt- und Finanzausschuss. Dann meine berufliche Erfahrung: Ich habe weltweit Projekte geleitet und ich habe Personalerfahrung. Ich bringe auch den Willen mit, als Bürgermeister die Verwaltung zu modernisieren und zu digitalisieren.

Was sind Ihre Ideen zu den Themen Umwelt- und Klimaschutz auf regionaler Ebene? Wie sieht es mit regenerativen Energien wie Solarenergie oder Windkraft für die Gemeinde aus?

Hörster: Ich würde in jeden Fall mehr auf Photovoltaik zu setzen, gerade im Bereich unserer Kläranlagen. Diese sind der größte Einzelverbraucher von Strom in der Gemeinde. Auch auf den Dorfgemeinschaftshäusern sollten wir PV-Anlagen installieren. Dann unser Wald, dem geht es im Moment nicht gut. Wir haben verschiedene Punkte, die wir da angehen müssen: Trockenheit nicht nur bei den Fichten, sondern auch bei den Buchen, Schädlingsbefall bei Eichen. Da überlege ich und habe mit Forstleuten gesprochen, dass man eine Waldbelebung macht. Und Windkraft, da wird jetzt der Windpark eröffnet. Im Niederwald davor müssen wir schauen, ob es Möglichkeiten gibt, eine weitere Windkraft mitzunehmen.

Claudi: Der Bereich regenerative Energien ist der größte Unterschied zwischen uns als Kandidaten. Als damals die Frage aufkam, ob Windräder nach Waldsolms kommen, war ich Gemeindevertreter. Mit der Windenergie gab es das erste Mal eine Bürgerinitiative, in der auch Roland Hörster engagiert war, und die gesagt hat: keine Windkraftanlagen in Waldsolms. Und wir haben sie jetzt nicht. Das hat der Gemeinde einen großen finanziellen Schaden verursacht. Die Anlagen stehen jetzt 200 Meter in die andere Richtung, da gibt es Pachteinnahmen, die wir nicht bekommen. Was ich mitgenommen habe daraus: Die Akzeptanz für regenerative Energien ist dann groß, wenn man die Bürger mitnimmt. Was ich anders sehe: Wir haben auf den Bürgerhäusern schon PV-Anlagen, ob wir da mehr ausbauen können, weiß ich nicht. Aber ich stelle mir vor, dass wir eine Energiegenossenschaft gründen und dann mit den Bürgern diskutieren, was wir da machen.

Hörster: Die Bürgerinitiative, die ich auch begleitet habe, hat immer gesagt: Wir wollen keine Windkraft im Wald. Die Anlagen, die jetzt stehen, waren immer auf der Grävenwiesbacher Seite geplant. Es sollten nur noch zwei weitere Anlagen dazukommen. Die sind auch aus Naturschutzgründen nicht gekommen. Mir liegt das Gutachten des Regierungspräsidiums vor. Daher ist es nicht richtig, dass der Gemeinde da Geld entgangen ist. Und man muss sagen, eine Anlage steht auf dem Waldsolmser Gebiet.

Claudi: Wir hatten drei mögliche Standorte auf dem Gebiet der Gemeinde Waldsolms. Der eine ist der, den Roland Hörster angesprochen hat. Der zweite lag Richtung Möttau. Und da war natürlich geplant, dass die ersten Anlagen auf Waldsolmser Gebiet stehen sollen. Die Pachteinnahmen, die über 300.000 Euro im Jahr betragen, bekommt jetzt die Nachbargemeinde. Hinzu kommt, die Windräder wurden so gebaut, dass wir sie mehr sehen als die anderen Gemeinden.

Unterschiedliche Meinungen zum Thema Windkraft

Wie kann die Gemeinde in Zukunft sicherstellen, dass es ausreichend Kita-Plätze geben wird, vor allem angesichts des Fachkräftemangels?

Claudi: Wir haben im Moment kein Problem mit den Räumen. Das Nadelöhr, was wir haben, ist die Frage des geeigneten Personals. In diesem Zusammenhang möchte ich gerne zwei neue Schwerpunkte setzen: Im Moment geben wir viel Geld aus, um neue Mitarbeiter zu werben. Wenn man aber mal durch die Gemeinde geht, fällt auf, es gibt viele Erzieherinnen, die in Waldsolms wohnen, aber nicht hier arbeiten. Das bedeutet, wir sind als Arbeitgeber nicht attraktiv. Es gibt sicher Potenzial, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, beispielsweise Gesundheitsförderung. Auf der anderen Seite, die Frage des Geldes ist es nicht, die Gebäude müssen ertüchtigt werden.

Hörster: Der Personalmangel ist das größte Problem hier. Die Häuser sind da. Wir müssen den Arbeitsplatz attraktiver gestalten. Dahingehen, dass wir die Work-Life-Balance verbessern, Vier-Tage-Woche, Jobrad, sodass die Mitarbeiter sich wohlfühlen und bleiben. Das Rennen über Gehalt verlieren wir. Zudem gibt es ein Projekt vom RP Gießen, dass Flüchtlinge ihre Ausbildung anerkannt bekommen. Da könnten wir mehr Werbung machen und zusehen, dass wir sie als Arbeitnehmer gewinnen.

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Ein ganz aktuelles Thema in der Gemeinde ist die Anbindung an den ÖPNV. Kann ein Bürgermeister bei diesem Thema etwas bewirken? 

Hörster: Als Kommune kann man wenig am ÖPNV machen. Ich bin seit Jahresbeginn mit Pro Bahn in Kontakt und habe meine Unterstützung angeboten. Was Mobilität im ländlichen Bereich angeht, ist es immer schwierig, daher müssen Alternativen wie Mitfahrer-Bänke geprüft werden.

Claudi: Unter anderem ist der Bürgermeister als Vertreter in den Verkehrsverbünden und kann durchaus sagen, was geändert werden müsste. Es gibt aber noch ein ganz anderes Problem: Für den kompletten Nahverkehr gibt es keine kreisübergreifenden Konzepte. Von Waldsolms nach Möttau oder nach Butzbach zu kommen, das ist ein echter Aufwand, und das kann so nicht weitergehen. Da muss man die Kreise zusammenbringen und auch das Land an den Tisch holen und Lösungen im Großen, statt im Kleinen zu finden. 

Mehr Work-Life-Balance für Mitarbeiter?

Es steht im Raum, dass Waldsolms zwei Teichkläranlagen erneuern muss, die Rede ist dabei von einem zweistelligen Millionenbetrag. Welche Beschlüsse wollen Sie diesbezüglich gemeinsam mit der Gemeindevertretung umsetzen? 

Claudi: Das Thema ist auf kommunaler Ebene nicht zu lösen. Wir haben zwei Teichanlagen, die super funktionieren und mit wenig Energie auskommen. Ich bin kein Biologe, der jetzt sagen kann, ob die Grenzwerte überschritten werden. Ich kann mit gesundem Menschenverstand rangehen. Wenn wir die Anlagen zurückbauen und eine große Kläranlage bauen: Das Verlegen 20 Kilometer Kanalanbindung schadet auch der Umwelt. Und bei prognostizierten Kosten in Höhe von 52 Millionen Euro, dann kommt eine Erhöhung der Abwassergebühren von zehn Euro auf die Bürger zu. Das ist illusorisch.

Hörster: Ich sehe das Thema entspannt. Eine Beraterfirma hat uns in der Gemeindevertretersitzung fünf Varianten vorgestellt, darunter auch eine, die deutlich günstiger war. Zu den Teichkläranlagen muss man sagen, sollten die Grenzwerte tatsächlich durch die EU beschlossen werden, können sie die Nitrit-/Nitrat-Werte nicht leisten. Aber dann wird es auch sicher Fördermittel geben. Das Problem kommt sicher erst in zehn bis 15 Jahren auf uns zu.