Das ist doch eine Hausnummer: Bis mindestens 2035 wird die Region um Wetzlar mit der B49-Großbaustelle zu tun haben.
WETZLAR. Rund um Wetzlar wird aktuell Kritik an der geplanten Verlegung der B49 laut, genauer gesagt an den verkehrlichen Folgen für die Region. Zuletzt hatten das Solmser Stadtparlament, die Gemeindevertretung von Hohenahr und die Ortsbeiräte Hermannstein und Blasbach darüber debattiert. Im Gespräch mit der Redaktion kritisiert Oberbürgermeister Manfred Wagner (SPD) eine "verkürzte Betrachtung".
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Wagner sagte im Sommerinterview mit der WNZ, das kommende Woche erscheinen wird: "Stellenweise kommt es im Moment so rüber, als würde die Stadt Wetzlar den Nutzen aus dem Abriss der Hochstraße ziehen und die anderen müssten es ausbaden. Das ist in meinen Augen eine verkürzte Betrachtung." Letztlich profitiere die gesamte Region, wenn es Wetzlar als ihrer größten Stadt - zum Beispiel durch Wegfall der trennenden Hochstraße - gut gehe.
Kritisch äußerte sich Wagner auch zu beständigen Forderungen nach einem Wiederaufbau der Hochstraße - unter anderem aus Reihen der CDU. Für die Umfahrung mit Tunnel und gegen die Hochstraße habe sich das seinerzeit unionsgeführte Verkehrsministerium entschieden. "Die Rahmenbedingungen für den Neubau der Hochstraße wären ja von denen veränderbar gewesen, die hier vor Ort dafür geworben haben. Sie hätten in Berlin die Bedingungen verändern können", kritisierte der OB. "Haben sie nicht."
Das darf man als Kritik an Hans-Jürgen Irmer (CDU) verstehen, der sich, unter anderem im "Wetzlar Kurier" für den Wiederaufbau der Hochstraße ausgesprochen hatte. Seinerzeit saß Irmer im Bundestag. "Die Umfahrung mit Tunnel ist am Ende die Entscheidung, die am ehesten zu dieser Stadt und dieser Region passt", sagte Wagner. Zumal die Interessen von künftig stärker belasteten Orten wie Aßlar, Hermannstein und Naunheim durch Lärmschutz berücksichtigt würden.
Am Dienstag hatte das Wetzlarer Stadtparlament eine umfangreiche Vorlage zum Ersatz der Hochstraße behandelt. Die Stadt ist weder Bauherrin noch Eigentümerin der B49, hat also wenig Einflussmöglichkeiten. Die Stadtverordneten fordern den Magistrat mit ihrem Beschluss aber auf, die städtischen Interessen gegenüber den planenden Behörden, Hessen Mobil und Autobahn GmbH, zu vertreten.
Es handelt sich um einen der vermutlich am weitesten in die Zukunft reichenden Themenkomplexe der jüngeren Vergangenheit. Baudezernent Andreas Viertelhausen (FW) sagte, das Projekt werde die Stadt bis mindestens 2035 beschäftigen. Zunächst soll bis Ende 2027 eine provisorische Verkehrsführung als Ersatz für die kaputte Hochstraße eingerichtet werden, danach der Bau der permanenten Umfahrung beginnen, deren Kernstück ein bergmännischer Tunnel bei Dalheim wird. "Ich kann verstehen, dass die Bürger das Mammutprojekt mit großer Sorge sehen", sagte Viertelhausen. "Wir müssen an einem Strang ziehen, damit Wetzlar nicht im Verkehrskollaps erstickt."
Diese Baustellen gilt es anzugehen, bevor die B49 abgerissen werden kann - klicken Sie auf die Punkte unserer interaktiven Karte für weitere Infos.
Die Liste der Projekte, die der Magistrat begleiten soll, ist elf Punkte lang und fußt zum Teil auf Forderungen aus den Ortsbeiräten. So drängte man in Naunheim darauf, dass der Lärmschutz an der A 45 fertig ist, bevor dort im Zuge der provisorischen Verkehrsführung ab Ende 2027 der Verkehr von der B 49 entlanggeführt wird.
Garbenheim fordert ein Fahrverbot für den Schwerverkehr in der Ortsdurchfahrt, einen Kreisverkehr an der Auffahrt auf die B 49 und einen Radweg nach Wetzlar. Hermannstein und Blasbach sprechen sich - wie berichtet - gegen den Umbau des Wetzlarer Kreuzes in seiner aktuell geplanten Form aus. Der sei aber keine alleinige Folge der B 49-Entscheidung, mahnte Wagner. Das Kreuz sei ohnehin marode und der Bund müsse sich über seine Zukunft Gedanken machen - losgelöst von der B 49. An die Stadtverordneten appellierte der OB: "Die Zeit ist knapp, lassen sie sie uns vernünftig nutzen. Wenn ständig versucht wird, die Rolle rückwärts zu machen, hilft uns das nicht weiter."
Das war eine Reaktion auf seinen Namensvetter, Willi Wagner von der AfD. Der hatte das Großprojekt B 49 wiederholt kritisiert und sich erneut dafür ausgesprochen, einen langen Tunnel unter der Innenstadt zu prüfen. Er erntete dafür Kritik - auch aus anderen Reihen. Ein solcher Tunnel sei laut Experten technisch nicht machbar, sagte Michael Hundertmark (CDU). Den Verkehr unter der Stadt hindurch zu leiten, sei zudem katastrophal für die städtische Wirtschaft. "Wir wollen die Stadt nach vorne bringen. Das machen Sie kaputt."
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Ulrike Göttlicher-Göbel (SPD) hatte zuvor die positiven Seiten des Großprojekts erwähnt: Der Bahnübergang in der Altenberger Straße falle durch Bau eines neuen Westanschlusses weg. Sie begegnete zudem Kritik an den Umweltfolgen der Umfahrung. Auch der Wiederaufbau der Hochstraße hätte Eingriffe in die Natur und einen Gebäudeabriss bedeutet. "Ich wünsche uns und den Bürgern der Umlandkommunen viel Glück."