Coronavirus: Was Krebspatienten beachten müssen

aus Coronavirus-Pandemie

Thema folgen
In der Corona-Krise erreichen Birgitta Killing, Chefärztin der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin am Klinikum Wetzlar, viele Fragen verunsicherter Krebspatienten.  Foto: Pascal Reeber

Birgitta Killing, Chefärztin der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin am Klinikum Wetzlar, beantwortet die häufigsten Fragen zum Thema "Coronavirus bei Krebs".

Anzeige

. Wetzlar (taf/red). Was müssen Krebspatienten in der Corona-Krise beachten? Hierzu erhält Dr. Birgitta Killing, Chefärztin der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin am Klinikum Wetzlar derzeit zahlreiche Anfragen von Betroffenen. "Ich habe noch nie so viele Telefonate mit meinen Patienten geführt wie in diesen Tagen", erzählt Killing. Für diese Zeitung klärt die Chefärztin die häufigsten Fragen ihrer Patienten - und liefert die Antworten.

Was können Patienten vorbeugend tun?

Von grundlegender Bedeutung ist die Einhaltung der allgemeinen Empfehlungen wie Händewaschen, Abstand zu anderen Menschen halten und "freiwillige Isolation", um das Risiko einer Ansteckung möglichst gering zu halten. Vor allem der "freiwilligen Isolation" bei Menschen mit einer Blut- oder Tumorerkrankung kommt nach Einschätzung unserer Fachgesellschaften eine große Bedeutung zu. Inwieweit das Tragen eines Mundschutzes wirksam ist, wird aktuell kontrovers diskutiert. Wenn man einen Mundschutz trägt, darf das aber in keinem Fall dazu führen, die etablierten Maßnahmen zu vernachlässigen.

Haben Krebspatienten ein besonders hohes Risiko im Fall einer Covid-19-Erkrankung?

Anzeige

Nicht jeder Patient, der eine Tumorerkrankung hatte oder hat und an Covid-19 erkrankt, ist dadurch automatisch hochgradig gefährdet, einen komplizierten Verlauf zu erleiden. Wir kennen inzwischen Risikogruppen für einen schweren Verlauf einer Sars-CoV-2-Infektion. Für Tumorpatienten sind diese Risikofaktoren:

W zu wenig weiße Blutkörperchen, zum Beispiel aufgrund einer Chemotherapie oder einer Knochenmarkserkrankung - insbesondere zu wenig Lymphozyten, das ist eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen)

W niedrige Immunglobuline, das heißt Antikörper zur Infektabwehr

W Menschen mit einer Krebserkrankung, die älter als 65 Jahre sind

W aktive Tumorerkrankungen des Knochenmarks oder Lymphgewebes (Leukämien, Lymphome)

Anzeige

W langandauernde Unterdrückung des Immunsystems durch Medikamente

W stattgefundene Knochenmarkstransplantation mit Fremdspendermaterial

W schwere Vorerkrankungen zusätzlich zur Tumorerkrankung.

Ist es besser für mich, wenn meine Chemotherapie ausgesetzt beziehungsweise verschoben wird?

Es muss individuell für jeden einzelnen Patienten abgewogen werden, ob der Nutzen einer Therapie oder das Risiko in der aktuellen Situation überwiegt. Um dies zu beurteilen, werden verschiedene Kriterien herangezogen, wie zum Beispiel das individuelle Risiko des Patienten durch Vorerkrankungen, die Dringlichkeit der Therapie oder ob es sich um eine akute, lebensbedrohliche oder eine chronische, stabile Erkrankung handelt. Für die meisten Menschen, die in diesen Tagen erstmals die Diagnose einer Krebserkrankung erhalten, ist der Nutzen einer Therapie höher zu bewerten als das Risiko durch Sars-CoV-2.

Kann ich mich durch eine Blutübertragung mit dem Coronavirus infizieren?

Das Robert Koch-Institut hat hierzu klar gesagt, dass es derzeit keinen Hinweis dafür gibt, dass Sars-CoV-2 durch Blut übertragbar ist und eventuell durch unerkannt infizierte Personen auf Patienten übertragen wird.

Wichtig ist es, weiterhin Blut zu spenden, da es inzwischen vielerorts Engpässe gibt. Die Spender werden vor der Blutspende ausführlich befragt, ob Symptome bestehen, die auf eine Sars-CoV-2-Infektion hindeuten können.

Soll ich meinen Nachsorge-Termin wahrnehmen oder besser verschieben?

Auch hier muss im Einzelfall geschaut werden, wie dringlich die Untersuchung ist und wie hoch das individuelle Risiko durch den Besuch einer Praxis oder eines Krankenhauses ist.

Dies sollte in einem persönlichen Telefonat mit dem Arzt, der die Nachsorge durchführt, geklärt werden. Er kann sicherlich gut einschätzen, was für den jeweiligen Patienten in der aktuellen Situation das Beste ist.