Die Stimme der Opfer spricht in Wetzlar

Yi Yi Prue (l.) spricht mit Klimaopfern. Foto: Netz Bangladesh

Bei der Bangladesch-Tagung der Wetzlarer Entwicklungsorganisation "Netz" hat die Klimaschützerin Yi Yi Prue aus Südasien berichtet.

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WETZLAR/DHAKA. Es ist die Krise in der Krise: Auch wenn die Infektionszahlen und Inzidenzwerte hierzulande immer weiter sinken, bleibt Covid-19 in vielen Teilen der Erde und insbesondere in Bangladesch eine massive Herausforderung. Das wurde bei der digitalen Bangladesch-Tagung der Wetzlarer Entwicklungsorganisation "Netz" deutlich.

Seit mehr als einem Jahr sind Bildungseinrichtungen in dem Land geschlossen, strikte Lockdowns haben zu hoher Arbeitslosigkeit bei ohnehin hungergefährdeten Menschen geführt und die eigentlich gesunkene extreme Armut hat sich durch Corona in den vergangenen anderthalb Jahren verdoppelt, erklärte der Direktor des "Netz"-Büros in Bangladesch, Habibur Rahman Chowdhury, eingangs.

Extreme Armut hat sich durch Corona verdoppelt

Gegen diese Armut kämpfen "Netz" und seine lokalen Partner in Bangladesch seit jeher und haben laut aktuellem Jahresbericht im Jahr 2020 mehr als 4,7 Millionen Euro in die Entwicklungszusammenarbeit gesteckt. Die spendenbasierte Organisation hat damit Bildungs- und Landwirtschaftsprojekte umgesetzt und Menschenrechtsaktivisten gestärkt.

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Die andere Krise, die "Netz" seit Langem beschäftigt, ist der Klimawandel. Und dass dieser schon jetzt zuschlägt, machte Yi Yi Prue aus Bangladesch deutlich, die bei der Online-Tagung neben anderen Klimaschutz-Aktivisten zu Gast war. "Ich habe als Kind und Jugendliche beobachtet, wie Schlammlawinen die Dörfer in meiner Heimat zerstört haben", berichtete die junge Frau. "Über hundert Menschen sind so allein in meinem Dorf im äußersten Südosten des Landes ums Leben gekommen."

Immer wieder suchen Naturkatastrophen wie Wirbelstürme, Hochwasser und Dürreperioden das Land heim. Der Klimawandel sei kein abstraktes Thema, sondern eine konkrete Gefahr, so Prue. Das wurde deutlich, als sie in der Diskussionsrunde mit anderen Klimaaktivisten, darunter ein Vertreter von "Fridays for Future", auf die Rolle von Bangladesch selbst einging. "Vor allem die armen, benachteiligten und vergessenen Menschen leiden", erklärte Prue. Denn sie seien es, die ihr Land und ihre Existenzgrundlage durch Unwetter und Klimaschäden verlieren und in die Armut abrutschen. Daher, so die Klimaschützerin, sollten die Stimmen jener Menschen überall in der Welt - eben auch in Deutschland - Gehör finden.

Wie drastisch die Klimafolgen auch in anderen Landesteilen sind, erklärten Vertreter des "Netz"-Teams aus Bangladesch und dem Wetzlarer Büro anschließend bei der Online-Tagung. 2020 sei eine der schlimmsten Flutkatastrophen der vergangenen Jahre über Bangladeschs Norden geschwappt, stellte Aminur Rahman aus dem Bangladesch-Büro von "Netz" fest.

Katastrophenhelfer haben dort gut 30 000 Lebensmittelpakete zur Sofortversorgung von mehr als 100 000 Menschen vor Ort verteilt.