Wetzlar (red). Die Wetzlarer Hilfsorganisation Netz macht auf das Schicksal nicht nur der Textilarbeiterinnen im asiatischen Staat Bangladesch aufmerksam. Über 50 Millionen...
. Wetzlar (red). Die Wetzlarer Hilfsorganisation Netz macht auf das Schicksal nicht nur der Textilarbeiterinnen im asiatischen Staat Bangladesch aufmerksam. Über 50 Millionen Menschen bricht im Kampf gegen Corona ihr Einkommen weg. Besonders in ländlichen Gebieten ist die Lage dramatisch. Viele Menschen haben dort aufgrund der Ausgangssperre, die bis zum 5. Mai verlängert wurde, keine Vorräte mehr. Oft beginnen sie, ihre Tiere zu verkaufen, auch wenn das heißt, dass sie auf lange Zeit keine Einkünfte mehr erwirtschaften werden.
"Solch eine Notlage kehrt das Beste und das Schlechteste im Menschen hervor", meint der Leiter von Netz in Dhaka, Habibur Rahman Chowdhury. "Wir sehen gleichzeitig Fälle von dreisten Diebstählen von Reis, der für Hungernde gedacht ist. Corona zu haben, heißt oft, sozialer Stigmatisierung ausgesetzt zu sein. Aber wir sehen auch ein enormes ehrenamtliches Engagement und Privatinitiativen für die Menschen, die plötzlich vor dem Nichts stehen."
In drei Wochen beginnt die Reisernte
Aber wie kann man unter Pandemie-Vorzeichen überhaupt Hilfe verteilen? In Bangladesch werden Stimmen lauter, die sagen, dass es wegen der Ansteckungsgefahr besser wäre, Geld zu überweisen, statt Nahrungsmittel zu verteilen. "Das ist ein Irrtum", so Chowdhury. "Denn wenn wir Reis, Öl und Linsen ausgeben, können wir es so einrichten, dass Abstand gewahrt wird. Wir vereinbaren vorab Termine oder gehen von Haus zu Haus, sodass eine Familie nach der anderen versorgt wird. Wir können Schutzkleidung tragen. Wenn wir Geld schicken, gehen die Menschen in Trauben zum Markt, wo sie zudem viel höhere Preise zahlen müssen. Und viele Menschen haben kein Bankkonto oder Telefon, um Geld zu empfangen."
Junge bangladeschische Musiker singen in einem Lied den ungehörten Protest der Menschen, die kein Zuhause haben oder dort verhungern würden. Chowdhury und seine Kollegen in Wetzlar hören in ihren Gesprächen mit Menschen in den Dörfern schon lange zu. Sie sind bereits fieberhaft dabei, Hilfe für 19 000 besonders betroffene Familien im Norden des Landes auf die Beine zu stellen.
"Es ist wichtig, jetzt zu reagieren", so Chowdhury. In drei Wochen steht die Reisernte an. Bis dahin muss eine Lösung gefunden sein, dass die Menschen wieder arbeiten können, sonst droht eine landesweite Hungersnot.