Japan an der Lahn: Im Sommer mit der Rikscha durch Wetzlar

Das Gonsenheimer „Seniorenzentrum Jockel Fuchs“ ist in Besitz einer zweiten Rollstuhl-Rikscha. Der Rotary-Club hat die Anschaffung des rund 10.000 Euro teuren Gefährts ermöglicht. Ausflüge in die nähere Umgebung sind nun zu vereinbarten Terminen möglich.
© Tim Würz

Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub möchte in Wetzlar ab August einen besonderen Mobilitätsservice anbieten und sucht dafür Freiwillige.

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Wetzlar. Rikschas in Wetzlar? Das klingt zunächst ein wenig kurios, aber Wolfram Buder, verkehrspolitischer Sprecher beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Lahn-Dill, meint das wirklich ernst: In diesem Sommer, voraussichtlich ab Anfang August, will der ADFC Rikscha-Fahrten durch Wetzlar anbieten. Als Passagiere hat er ältere Menschen im Blick, die bei den Touren die Stadt neu entdecken sollen. Buder fasst das beinahe schon poetisch zusammen: „Auch im hohen Alter kann und sollte das Leben noch voller Glück und Zufriedenheit sein.“

Damit das Projekt gelingen kann, werden aktuell noch Fahrer gesucht. Buder hofft auf Menschen, die bereit sind, nach einer Einweisung mit alten oder eingeschränkten Menschen eine selbst gewählte Zeit mit der Rikscha an der Lahn entlangzufahren, ehrenamtlich versteht sich. Es wird also keine festen Dienstzeiten geben. Jeder Fahrer ist so im Einsatz, wie es ihr oder ihm passt. Buder erklärt: „Der Radius der Menschen, die sich meist nur noch mit einem Rollator fortbewegen können, ist sehr reduziert. Mit den Rikschafahrten wird ihr Bewegungsradius wieder erheblich vergrößert. Sie kommen an alte, bekannte Orte, an denen Erinnerungen wach werden.“ Der ADFC wird für das Projekt mit vier Seniorenheimen in der Stadt kooperieren und zunächst die dort lebenden Menschen umherfahren. Die Rikscha steht bis Anfang Oktober bereit, solange also kann die Aktion dauern.

Gesellschaft und Politik für Barrieren sensibilisieren

Da sich das Angebot konkret an ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen richtet, handele es sich auch nicht um eine Art alternatives Taxiunternehmen, hält der ADFC-Verantwortliche fest. Es gehe vielmehr darum, „einen alters-, geschlechts- und schichtübergreifenden Austausch zu ermöglichen“. Außerdem solle „die Gesellschaft für die alltäglichen Barrieren älterer und bewegungseingeschränkter Personen sensibilisiert und die Politik langfristig von der Wichtigkeit nachhaltiger Stadtplanung überzeugt werden.“

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Interessierte, die Rikscha-Pilot werden wollen, können sich ab sofort unter Telefon 0174-9705739 oder per Mail an wolfram.buder@adfc-lahn-dill.de melden. Einzige Voraussetzung ist körperliche Fitness. Da an der Lahn entlang gefahren werden soll, ist allerdings keine gewaltige Ausdauer nötig. Das anfängliche Training steht unter dem Motto: „Langsam beschleunigen, sachte um die Kurve!“ Alle Freiwilligen erhalten die Möglichkeit, solange zu trainieren, bis sie sich sicher fühlen.

Hoffnung auf eine Fortsetzung nach dem Pilotprojekt

Buders Wunsch ist, dass sich der Rikscha-Service nach der Probe in diesem Sommer fest in Wetzlar etabliert. Er steht daher auch in Kontakt mit der Stadt. „Aber letztlich hängt das natürlich an der Zahl der Leute, die freiwillig fahren möchten.“

Rikschas sind übrigens eine Erfindung aus Japan. Sie waren, so ist es der Online-Enzyklopädie Wikipedia zu entnehmen, „ursprünglich für Europäer in Tokio gedacht, die die engen japanischen Sänften nicht benutzen konnten“. Und wurden anfangs von Menschen gezogen. Im Vergleich dazu dürfte die für Wetzlar geplante Fahrradrikscha deutlich komfortabler sein – für Passagiere und Fahrer.